Mass Customization? Was ist das denn?

Zunahme der Variantenvielfalt

Dem Trend zur Globalisierung und Individualisierung (Strukturwandel) begegnen die Unternehmen noch oft mit der Erhöhung der Vielfalt (Variantenproduktion), wodurch die Auswahlmöglichkeit für den Kunden zwar erweitert wird, der Kunde aber oftmals nicht das bekommt, was er haben möchte (The Paradox of Choice). Die Abbildung zeigt exemplarisch auf, wie sich der Trend zur Variantenproduktion in verschiedenen Branchen bemerkbar macht.

Die Zunahme der Variantenvielfalt führt die Unternehmen in eine Kompexitätsfalle, da nicht alle angebotenen Varianten verkauft werden können und nur noch wenige Produkte/Dienstleistungen wirtschaftlich sind. Die Automobilindustrie beispielsweise flüchtet um Kosten zu sparen in die sogenannte “Plattformstrategie” und bemerkt erst langsam, dass man dadurch an Markenimage verliert. Die Reaktionen der Unternehmen auf den Trend zur Individualisierung basieren sehr oft auf der generischen Wettbewerbsstrategie von Porter.

Diese Wettbewerbsstrategie schließt allerdings genau das aus, was Mass Customization ermöglicht: Die kundenindividuelle Massenproduktion als sogenannte hybride Wettbewerbsstrategie. Unternehmen und auch Kunden stehen Mass Customization manchmal abwehrend gegenüber. Der Satz: “Wenn Du etwas individuelles haben willst, dann musst Du dafür mehr bezahlen” wird von vielen Kunden immer noch als eine Art Gesetzmäßigkeit gesehen.

Mit B. Joseph Pine II und seinem Buch “Mass Customization – The Future in Business Competition” ist 1993 der Durchbruch gelungen. In Deutschland hat dann Frank Piller 1998 mit seiner Veröffentlichung “Kundenindividuelle Massenproduktion” dazu beigetragen, dass Mass Customization auch in Deutschland bekannt wurde. Die Entwicklung ist seither rasant (Auswahl):

1971: Toffler “Future Shock” > Aufzeigen der Möglichkeiten

1987: Davis “Future Perfect” > Begriff “Mass Customization”

1993: Pine “Mass Customization” > MIT-Studie

1998: Piller “Kundenindividuelle Massenproduktion”

Die verschiedenen Welt-Konferenzen seit 2001 in Hong Kong (MCPC 2001), an der ich teilgenommen habe, zeigen die rasante Entwicklung.

Siehe dazu auch Freund, R. (2009): Kundenindividuelle Massenproduktion (Mass Customization). RKW Kompetenzzentrum, Faktenblatt 5/2009.

Fespa 2015 in Köln: Trend zu Mass Customization

fespa-2015Die Fespa 2015 fand vom 18. bis 22.05.2015 in Köln statt: DIE INTERNATIONALE MESSE FÜR DEN DIGITALEN GROSSFORMATDRUCK UND DEN SIEB- UND TEXTILDRUCK. Es ist sehr interessant zu sehen, dass insgesamt sechs Trends erkannt wurden (Quelle). Ein Trend – Trend 3 – bezieht sich direkt auf die hybride Wettbewerbsstrategie Mass Customization (Kundenindividuelle Massenproduktion):

Trend 3: From mass production to mass customisation

Banners (49%), posters (40%), signs (38%) and billboards (37%) remain the top four products being produced by respondents. A dramatic growth being experienced is in textiles for garments, textiles for décor and packaging samples, with close to 80% of respondents reporting an increase in demand for these applications. Respondents report increased adoption of digital production for many of these products, with garments, decals and printed electronics most frequently predicted to migrate to digital in the future. The changing applications mix is also reflected in the rise of rigid materials, which now represent 25% of output among respondents.

Mass Customization ist nicht gerade neu (Davis 1987, Pine 1993 usw.), doch erlebt Mass Customization durch die digitale Transformation der Geschäftsprozesse und -modelle eine Renaissance. Ich bin schon seit 2001 auf fast allen Weltkonferenzen zu dem Thema gewesen und plane, auch im Herbst an der nächsten Weltkonferenz MCPC 2015 teilzunehmen (Mein Abstract wurde gerade genehmigt).

Freund, R. (2009): Kundenindividuelle Massenproduktion (Mass Customization). RKW Kompetenzzentrum, Faktenblatt 5/2009

Das RKW Kompetenzzentrum erforscht und entwickelt speziell für KMU Rationalisierungs- und Innovationsmöglichkeiten. Um die Wettbewerbsfähigkeit des industriellen Mittelstands zu stärken, hat sich das RKW Kompetenzzentrum zum Ziel gesetzt, die Kundenindividuelle Massenproduktion (Mass Customization) näher an die Unternehmen zu bringen.

Dazu hat das RKW Kompetenzzentrum einen Arbeitskreis ins Leben gerufen und verschiedene Workshops bei Unternehmen durchgeführt, an denen ich auch teilgenommen habe. Im Auftrag des RKW Kompetenzzentrums habe ich ein Faktenblatt erarbeitet, das die wesentlichen Punkte der Kundenindividuellen Massenproduktion (Mass Customization) zusammenfasst

Freund, R. (2009): Kundenindividuelle Massenproduktion (Mass Customization). RKW Kompetenzzentrum, Faktenblatt 5/2009 (PDF)

Es freut mich sehr, dass sich das RKW Kompetenzentrum für Mass Customization engagiert. Siehe dazu auch MCPC2009 (Weltkonferenz zu Mass Customization 2009), oder auch Konferenzen.

Kundenindividuelle Massenproduktion: Fachtagung am 22.10.2009 in Marburg/Lahn

Das RKW Kompetenzzentrum Eschborn veranstaltet gemeinsam mit der Innovationsberatung Hessen und dem TechnologieTransferNetzwerk Hessen am 22.10.2009 in Marburg/Lahn eine Fachtagung “Kundenindividuell und wirtschaftlich produzieren – Impulse für Hersteller von Industrie- und Investitionsgütern”. Der Flyer zur Tagung informiert Sie ausführlich über das sehr interessante Programm. Zunächst sind Einführungen in das Thema vorgesehen, dabei wird auch Frank Piller (RWTH Aachen) zum Stand der Umsetzung von Mass Customization (Kundenindividuelle Massenproduktion) Stellung nehmen. Anschließend berichten Unternehmensvertreter von der praktischen Umsetzung der Wettbewerbstrategie.

Kunden verlangen zunehmend Produkte und Dienstleistungen, die auf ihre individuellen Anforderungen, Bedürfnisse und Wünsche zugeschnitten sind. Viele Unternehmen reagieren auf diesen Trend mit einer höheren Variantenvielfalt, die oft in eine Kostenspirale mündet. Zentrales Thema der Fachtagung ist, wie sich immer individuellere Kundenwünsche produktionswirtschaftlich, -technisch und -organisatorisch beherrschen lassen. Im Fokus steht die Wettbewerbsstrategie der “Kundenindividuelle Massenproduktion“ (Mass Customization)

Nicht zuletzt bietet diese Fachtagung Raum für viele Diskussionen und persönliche Gespräche. Ich freue mich, dass ich als Moderator einen Teil der Fachtagung begleiten kann. Melden Sie sich bitte bei Interesse rechtzeitig (möglichst vor dem 08.10.2009) an, es lohnt sich. Siehe dazu auch MCPC2009 (5. Weltkonferenz zu Mass Customization), die vier Ebenen von Mass Customization, Konferenzen zu Mass Customization