If You Can Not Measure it, You Can Not Manage it – Stimmt das denn?

Man hört den Spruch überall: “If You Can Not Measure it, You Can Not Manage it”. Dadurch, dass dieser Satz immer und immer wieder wiederholt wird, wird er auch nicht besser. Die “messenden Wissenschaften” werten alle anderen wissenschaftlichen Disziplinen ab, die nicht “exakte” Messverfahren bieten können. Es gibt allerdings in den letzten Jahren immer mehr Zweifel an diesen Ansichten.

Beispielhaft seien hier Hutter (1998): “Ein Wissenschaftsmodell, das sich eng an die Naturwissenschaften anlehnt und als einzige Kriterien für sein Forschungsinteresse die Beobachtbarkeit, Messbarkeit und Wiederholbarkeit von Phänomenen und Ereignissen betrachtet, wird allein nicht als adäquat angesehen, das Phänomen des menschlichen Bewusstseins und der bewussten Erfahrung adäquat zu berücksichtigen. Da sie der öffentlichen Beobachtung nicht zugänglich sind, erscheinen sie als subjektive und private Phänomene, die der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit nicht bedürfen“, oder Albert Einstein genannt: “Not everything that counts can be counted, and not everything that can be counted counts”.

Betrachtet man die Diskussion um die Messbarkeit von Multiple Intelligenzen, Wissen, dynamischen Kompetenzmodellen usw., so kann man der Diskussion gelassen entgegensehen. Das soll nicht heißen, dass man keine Verfahren zur Quantifizierung suchen und entwickeln sollte. Es muss allerdings ein gleichberechtigtes ´sowohl-als-auch´, ein ´quantitativ und qualitativ´ ermöglicht werden.

Multiple Intelligenzen und Multiple Kompetenzen

Rauner hat 2004 von einem Konzept der Multiplen Kompetenz gesprochen, das sich auf die Ergebnisse der Multiplen Intelligenzen bezieht. Recherchiert man im Internet nach “Multiple Kompetenz” oder auch “Multiple Kompetenzen” so wird man zwar fündig, allerdings beziehen sich die dort gemachten Erläuterungen kaum explizit auf die Multiple Intelligenzen Theorie von Gardner.

Nun gibt es allerdings eine Ausnahme. In dem Beitrag von Edingard Fuchs (2004): Zukunftsaspekte der Erziehung findet man folgende Passage: “Howard Gardner spricht von multiplen Intelligenzen und hat in der Welt der Erziehung darauf aufmerksam gemacht, dass es neben den kognitiven Fähigkeiten noch eine Anzahl anderer gibt, die auch wissenschaftlicher Nachprüfbarkeit standhalten. Ich selbst ziehe den Begriff multiple Kompetenzen dem Begriff multiple Intelligenzen vor. Jedenfalls in den USA haben Howard Gardners Erkenntnisse auch in der Praxis positive Wirkungen gezeigt.”

Es ist bestätigend, wenn auch andere den Zusammenhang von Intelligenz und Kompetenz im Sinne von Multiplen Intelligenzen und Multiplen Kompetenzen erörtern.

Web 2.0: Selbstorganisation und kollektive Intelligenz – wie ist das zu verstehen?

robertfreund-sciencegarden-web-2.0.jpgDer Artikel Web 2.0 – Social Software in der zweiten Generation (sciencegarden Februar/März 2007) geht sehr schön auf die aktuelle Diskussion ein und stellt klar, dass die neue Generation der Social Software Möglichkeiten birgt, die manchen Leuten wohl nicht bewusst sind. Ganz besonders möchte ich auf folgende Passage aufmerksam machen: “Selbstorganisation als Prinzip. Maßgeblich für den Einsatz der neuen Social Software-Anwendungen sind die Prinzipien der redaktionellen Selbstorganisation („Graswurzelredaktion“) und der kollektiven Intelligenz.” Die Leser meines Blog wissen, dass ich gerade auf diese Punkte immer wieder hinweise. Dennoch: Auch wenn hier die gleichen Begriffe verwendet werden kann es sein, dass andere Dinge damit gemeint sind. Deshalb hier noch einmal meine Position: Unter Selbstorganisation verstehe ich die Selbstorganisationsdisposition im Sinne der Kompetenzdefinition von Erpenbeck/Heyse (QUEM-Projekt). Weiterhin verstehe ich den Begriff “Kollektive Intelligenz” nicht im Sinne des klassischen IQ, sondern im Sinne der Multiplen Intelligenzen. Siehe dazu auch das von mir initiierte EU-Projekt MIapp (2004-2006). Es ist doch immer wieder festzustellen, dass die gleichen Begriffe verwendet werden, die Leute aber oftmals etwas anderes darunter verstehen…

MCPC2007: Zwei Paper heute eingereicht

Heute habe ich zwei Paper für die MCPC2007 in Boston eingereicht. Mein Paper, Co-Autor Dr. Alexander Tsigkas, befasst sich mit der Verbesserung der Kundeninteraktionen bei Mass Customization und der Interaktiven Wertschöpfung mit Hilfe des Konzepts der Multiplen Kompetenz. Das zweite Paper ist von Dr. Alexander Tsigkas, Co-Autor ist Robert Freund. Die Paper mussten auf die Konferenzwebsite hochgeladen werden. Direkt danach haben wir eine Bestätigung bekommen, dass die Paper nun im Review-Prozess sind (Double-Blind-Review: Die Experten erhalten die Paper ohne Kenntnis der Autoren). Ich bin sehr gespannt, ob unsere Paper angenommen werden. Bis Anfang Juni werden wir mehr wissen.

SPIEGELONLINE vom 04.04.2007: Unsinnige Auswahlverfahren

Unter der Überschrift Mitarbeitersuche als Glücksspiel berichtet SPIEGELONLINE von interessanten Ergebnissen verschiedener Forschungsprojekte. Unter anderem wird vermerkt, dass ca. “90 % der Auswahlverfahren unsinnig sind” obwohl  “Psychotests Intelligenz, Wissen oder Verhaltensweisen zuverlässig testen” könnten. Diese werden aber in deutschen Unternehmen kaum eingesetzt. Das ist ein Problem, oder: Eine Chance für den, der es lösen kann. Mit dem EU-Projekt MIapp haben wir einen ersten wichtigen Schritt getan, moderne Intelligenzkonzepte in die betriebliche Praxis der Personalentwicklung zu übertragen. Siehe dazu auch den Blogbeitrag Wie kann man die Multiple Intelligenzen Theorie im Unternehmen nutzen. Ein spannendes Feld…

Moser, K. (2007): Mass Customization Strategies – Development of a Competence-Based Framework for Identifying Different Mass Customization Strategies

moser-klaus-2007.jpgIn seinem Buch Mass Customization Strategies – Development of a Competence-Based Framework for Identifying Different Mass Customization Strategies geht Klaus Moser darauf ein, dass Strategien für Mass Customization bestimmte Kompetenzen benötigen. Ich habe Klaus Moser das erste Mal auf der MCPC2005 in Hong Kong kennen gelernt, wo er einen entsprechenden Vortrag gehalten hat, der mich sehr interessierte. Denn wie Sie als Leser meines Blogs wissen, befasse ich mich mit dem Themen Mass Customization und auch Kompetenzmanagement (Multiple Kompetenzen). In seinem Überlegungen geht Klaus Moser explizit von einen Resource-Based-Ansatz aus. Im Übringen genau so wie Reichwald/Piller, wenn sie von Interaktionskompetenz im Interaktiven Wertschöpfungsprozess schreiben. Da sich die Kompetenzdebatte immer mehr in Richtung eines eher dynamischeren Kompetenzmodells bewegt, befasse ich mich gerade in einem Paper für die MCPC2007 mit deisem Thema. Ich hoffe natürlich, dass mein Paper angenommen wird und ich dann meine Ideen dort vorstellen/diskutieren kann. Am besten mit Klaus Moser und Frank Piller…

Tapscott, D. (2007) zur digitalen Wirtschaft

In dem Interview in brand eins 2/2007 stellt Don Tapscott noch einmal die bekannten Vor- und Nachteile des sogenannten Web 2.0 für die Unternehmen dar. Dabei geht er auf kollektive Intelligenz, Transaktionskostentheorie usw. ein und kreiert so nebenbei einen weiteren marketingfähigen Begriff “wikinomics”. Aus den Antworten von Don Tapscott liesse sich eher der Begriff “web 2.0-onomics” ableiten, aber der ist doch zu sperrig für einen amerikanischen Vordenker… Also noch ein neuer Begriff für das bekannte Phänomen, dass Unternehmen mit den neuen technologischen Möglichkeiten konfrontiert werden (Siehe dazu auch meinen Blogbeitrag). Dennoch findet sich auch ein sehr interessanter Hinweis: “Das MP3-Phänomen ist im Grunde genommen ein Beispiel für die Kraft der Selbstorganisation von Musikliebhabern und Musikern, die damit Stück für Stück die großen Verlage und Labels entmachten (…).” Das Wort Selbstorganisation erinnert mich natürlich an Selbstorganisationsdispositionen, also an Kompetenzen. Ist die von Tapscott beschworene “wikinomics” daher nur modernes, dynamisches Kompetenzmanagement?

Bildung bewerten, betriebliche Weiterbildung bewerten, Wissen bewerten – oder was…?

In dem heutigen Beitrag von Stefanie Heine Bildung besser bewerten (FAZ vom 07.03.2007) geht es laut Überschrift um Bildung besser bewerten. Im Text wirt dann schnell deutlich, dass es nicht allgemein um Bildung (wie der Titel vermuten lassen könnte), sondern um die betriebliche Weiterbildung geht: “Weiterbildung von Mitarbeitern kostet Geld”. Weiter schmeißt die Autorin munter Begriffe wie “Wissen”, “Bilanz” und “Bildungscontrolling” ein. An dieser Stelle möchte ich auf meine entsprechenden Blogbeiträge (wie z.B. Neue Fragen und alte Antworten) verweisen. Aus meiner Sicht positiv an dem oben genannten Beitrag in der FAZ ist, dass der unsägliche Begriff des “Bildungscontrolling” auch durch den Kommentar von Prof. Weiss infrage gestellt wird. In meiner Masterarbeit Intellektuelles Kapital und betriebliche Weiterbildung veweise ich in diesem Zusammenhang auf Seite 16ff. u. a. auf Arnold (2000:26-29): “Die neuen Begriffe, wie Bildungscontrolling oder Qualitätssicherung, begreifen nicht das Wesen der Erwachsenenbildung – im Gegenteil: Sie drohen es zu verfälschen und einem trivisalisiert-mechanistischen Bild von Erwachsenenbildung Vorschub zu leisten.” Wenn moderne betriebliche Weiterbildung die Kompetenzentwicklung im Sinne einer Entwicklung von Selbstorganisationsdisposition meint, ist das klassische “Bildungscontrolling” nicht gerade ein geeignetes Instrument – ja möglicherweise sogar kontraproduktiv. Aber was ist geeignet? Arnold favorisiert die Selbstbewertung vor der Frembewertung, Schreyögg ein dynamsiches Monitoring der Bottom-Up- und Top-Down-Prozesse in einem dynamischen Kompetenzmodell usw., usw. Es gibt die Ansätze, leider werden sie bisher noch zu wenig beachtet. Wir arbeiten daran, dass das besser wird …

Was hat die Globalisierung mit einzelnen Jobprofilen zu tun?

Lord Anthony Giddens (Soziologe) hat in der heutigen Ausgabe der Welt am Sonntag (S. 26) unter der Überschrift Eine neue Globalsierung interessante Anmerkungen zum Thema gemacht: “Denn in ihrer nächsten Phase wird sich die Globalisierung auf einzelne Jobs oder Jobprofile auswirken. (…) , da es darauf ankommt, welche Art von Job jemand im Einzelnen macht. (…) Die Berufsausbildung sollte, wo immer möglich, nicht zu speziell sein, da es in Zukunft auf Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ankommt.” Wieder ein Indiz für meine Auffassung, Jobprofile aus der Sicht der Multiplen Intelligenz zu analysieren und darüber hinaus, Kompetenzentwicklung (Selbstorganisationsdisposition) in den Mittelpunkt zu stellen: Eben Multiple Kompetenzen.

Was hat Open Innovation mit Selbstorganisationsdisposition zu tun?

Reichwald/Piller (2006:44) nennen Prinzipien der Interaktiven Wertschöpfung. Unter anderm unter

Punkt 6: Interaktive Wertschöpfung bildet eine neue Form der Arbeitsteilung auf Basis von Granularität (Mikro-Spezialisierung), Selbstselektion und -koordination

Punkt 9: Interaktive Wertschöpfung verlangt Kompetenzen sowohl auf Seiten der Kunden als auch der Anbieter

Darüber hinaus heben die Autoren auf Seite 58 hervor, dass sich Unternehmen und Kunden in unterschiedlichen Domänen bewegen. In eine ähnliche Richtung argumentieren Burmeister/Neef/Linnebach (2006): Sie möchten eine Erweiterung des Innovationsprozesses durch Kontextdenken. Den Selbstselektions- und -koordinationsbezug (Reichwald/Piller) möchte ich gerne durch die Selbstorganisationsdisposition (Kompetenz nach Erpenbeck) erweitern und darüber hinaus Kompetenz kontextabhängig betrachten. In Summe ergeben diese Überlegungen, dass Unternehmen und Kunden ihre jeweiligen Selbstorganisationsdispositionen so aufeinander abstimmen müssen, dass es für alle Beteiligten von Vorteil ist (Wert schöpfend ist). Ein nicht gerade einfaches Unterfangen …oder?