Projektmanagement bei Drittmittel-Projekten

Beteiligte in öffentlich geförderten Drittmittelprojekten am Beispiel der Schweiz (Gerber et al. 2017)

Projekte in einem kommerziellen Umfeld erfolgreich zum Ziel zu führen, ist schon schwierig. Bei Not-for-Profit Projekten, oder bei Projekten in Öffentlichen Verwaltungen gibt es auch Besonderheiten, die zu beachten sind. Ähnlich sieht es bei Drittmittel-Projekten aus.

Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie teilweise oder vollständig von Fördermittelgeber finanziert werden, und von einem Konsortium von Forschungspartner, Industriepartner und weiteren Partnern durch geführt werden. Die Abbildung zeigt diesen Zusammenhang auf.

Es ist unschwer zu erkennen, dass diese Konstellation besondere und durchaus herausfordernde Anforderungen an das Projektmanagement stellt. Grundsätzlich geht es in den verschiedenen Phasen um folgende Unterschiede bei den Beteiligten (Gerber et al. 2017):

Zielsetzung: Während die Wissenschaft an Publikationen, der Finanzierung ihrer Stellen
und der Anerkennung in der Scientific Community interessiert ist, steht für die Industrie das Bestehen und Wachstum des Unternehmens durch neue Techniken, innovative Produkte oder Dienstleistungen an vorderster Stelle. “

Projektergebnisse: Am Ende des Projektes sollte für die Industriepartner ein konkretes
Ergebnis wie zum Beispiel ein Prototyp oder eine neue Technik verfügbar sein, sodass
ein Unternehmen dieses kommerzialisieren kann. Für Forschende kann der Erkenntnisgewinn am Projektende bereits befriedigend sein, auch wenn weiterhin viele Fragen offen bleiben.”

Projektinhalte: In der Industrie werden eher Projekte zum gleichen Thema durchgeführt,
die in sich abgeschlossen sind. An Hochschulen dagegen sind die Projekte Teil einer kontinuierlichen Weiterentwicklung bzw. Erweiterung von Themen.”

Finanzierung & Controlling: Die Wissenschaft wird häufig zu 100 Prozent gefördert, während Unternehmen nur einen Teil der Kosten erstattet bekommen und gegenfinanzieren müssen. Somit ist es für Unternehmen wichtiger, dass am Projektende vorzeigbare Resultate vorliegen. Bestehendes Personal an Forschungseinrichtungen ist mit der Grundfinanzierung abgedeckt und zusätzliche Stellen für Doktorierende werden über die Drittmittel unterstützt. Diese sind oft befristet, sodass permanent Drittmittel akquiriert werden müssen.”

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK). Informationen dazu, und zu aktuellen Terminen, finden Sie auf unserer Lernplattform.

Wir sind dabei: 20 Jahre MCP-CE vom 24.-27.09.2024

Screenshot von der Konferenz-Website

Die MCP-CE (Mass Customization and Personalization – Community of Europe) ist eine Konferenzreihe, die seit 2004 alle 2 Jahre stattfindet.

Die Idee zu dieser Konferenz hatte ich 2001 auf der ersten Weltkonferenz zu Mass Customization and Personalization (MCPC 2001), die an der Hong Kong University of Science and Technology (HKUST) stattfand.

Es freut uns sehr, dass die Idee über die Jahre hinweg von vielen unterstützt wurde, und wir somit in diesem Jahr sogar das 20-jährige Jubiläum feiern können.

Wir (Jutta und ich) werden vom 24.-27.09.2024 in Novi Sad mit dabei sein.

Siehe dazu auch Konferenzen, Veröffentlichungen und MCP CENTRAL EUROPE AWARD.

Gedanken zur Frage: Warum fällt uns die Zusammenarbeit mit anderen so schwer?

In den letzten mehr als 100 Jahren hat sich die Arbeitsteilung in allen Bereichen der Gesellschaft etabliert. Es stellte sich dabei immer stärker heraus, dass es besser (wirtschaftlicher) ist, komplexe Themen, Prozesse, Produkte zu zerteilen und diese Teilsysteme dann massenhaft effektiv und effizient abzuarbeiten. Das führte zu Skaleneffekte, die kleine Betriebe nicht mehr abbilden konnten.

Es entwickelten sich beispielsweise Produktionsbetriebe, die sich immer weiter spezialisierten. Immer mehr Abteilungen wurden erforderlich, die großen Wert auf das Trennende legten. Jede Abteilung denkt in diesem Umfeld an sich und handelt für sich. Das färbte auch auf die Menschen ab, die fortan mehr an sich als an die Gemeinschaft dachten, und auch heute noch denken. Die Abbildung zeigt die Entwicklung dieser Tayloristischen Arbeitsteilung von Kleinbetrieb bis zum großen Produktionsbetrieb. (Massenproduktion).

Der arbeitsteilige Industriebetrieb (Metzger/Gründler 1994: Zurück auf Spitzenniveau)

Das Trennende wurde allerdings nicht nur in der Produktion umgesetzt, sondern auch in der Politik (Bundesministerien, Ländergrenzen, Grenzen bei den Kommunen) und bei Dienstleistungen. Das gesamte System war darauf ausgerichtet, Standardprodukte und Standarddienstleistungen in großer Zahl effektiv und effizient anzubieten und durchzuführen.

In den letzten Jahrzehnten kam es allerdings global zu immer mehr Vernetzungen von technischen Systemen (Informations- und Kommunikationssystemen), Verkehrswegen (Bahn, Schiff, Flugzeug…), von Personen untereinander, Personen und Dingen, Dingen mit Dingen usw. – das Internet der Dinge ist hier nur ein Schlagwort. Solche Vernetzungen führten zu immer komplexeren Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen, die in den etablierten Strukturen kaum noch mit dem nötigen Tempo abgearbeitet werden konnten.

Mit projektorientierter Arbeit über die Grenzen der Abteilungen, und mit der intensiveren Zusammenarbeit mit externen Partnern und Kunden, konnten sich Organisationen auf diese neuen Herausforderungen einstellen (Projekte sind Träger des Wandels). Gesellschaftlich sehen wir diese Adaption in der Politik leider noch nicht. Alle Bürger und Organisationen sollen sich anpassen, die politische Struktur bleibt noch wie sie ist. Dass diese Situation zu Spannungen und Verwerfungen führt, ist offensichtlich.

Darüber hinaus müssen wir alle, die in einer Tayloristischen Arbeitswelt aufgewachsen sind, bzw. auch noch aufwachsen, lernen, wieder mit anderen zusammenzuarbeiten. Der Mensch ist per ein soziales Wesen, das auch an das Wohl anderer Menschen denkt, und entsprechend handelt. Nicht umsonst engagieren sich viele Menschen ehrenamtlich, helfen in der Not anderen Menschen, arbeiten kostenlos in Open-Source-Projekten mit, oder entwickeln frei verfügbare Innovationen, die sie anderen kostenlos zur Verfügung stellen (Open User Innovation).

Durch die Anpassung der Menschen an die Maschinenwelt sind diese Eigenschaften von Menschen etwas “überdeckt” worden. Es wird Zeit, dass diese menschlichen Seiten wieder unser Zusammenleben dominieren.

Vermindert der Einsatz Künstlicher Intelligenz menschliche Fähigkeiten?

Wenn wir ein Navigationssystem nutzen hilft uns das, schnell und bequem unser Ziel zu erreichen. Andererseits vermindert sich dadurch auch die menschliche Fähigkeit, sich zu orientieren. Die Nutzung eines Autos hilft uns, große Strecken zurückzulegen, doch vermindert es auch unsere körperlichen Fähigkeiten. Die Nutzung eines Computers erleichtert uns die Bearbeitung von Zahlenkolonnen, doch reduziert es auch unsere Rechen-Fähigkeiten. Die Nutzung von Suchmaschinen wie Google hat es uns erleichtert, Daten und Informationen schnell zu finden. Manche Fähigkeiten der Recherche und des Prüfens von Daten und Informationen bleiben hier manchmal wegen den schnellen Zyklen der Veränderungen auf der Strecke.

Warum sollten diese Effekte also bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz anders sein?

“Eine grundlegende Erkenntnis besagt, dass jedes technische Hilfsmittel die Fähigkeiten der Kombination «Mensch-Tool» zwar erhöht, jene des Menschen alleine aber potenziell vermindert (every augmentation is also an amputation, frei nach Marshall McLuhan)” (Digital Society Initiative 2023)

Im Kontext der universitären Bildung haben Forscher ermittelt, welche menschlichen Fähigkeiten in Zukunft in einem von KI dominierten Umfeld erhalten und gestärkt werden sollten (vgl. Digital Society Initiative 2023):

Grundlegende technische Fähigkeiten in Bezug auf KI-Technologien.

Sozialisationsfähigkeiten: Soziales Lernen, Einfühlungsvermögen, Resilienz und effektives
Teamwork gefördert werden. Dies bedingt auch ein Verständnis und eine Reflexion über ethische Werte und wissenschaftlichen Ethos.

Kritisches Denken: Kritische Diskurs, das Denken in Modellen und Abstraktionen sowie die Fähigkeit zur multiperspektivischen Kognition und Analyse.

Handeln unter Unsicherheit: Um mit der Geschwindigkeit des technischen Fortschritts (und auch den bekannten globalen Herausforderungen wie z.B. dem Klimawandel) umgehen zu können, sind Fähigkeiten zu fördern, welche das Handeln unter Unsicherheit erleichtern. Unter anderem zu nennen ist hier eine Schulung der Intuition und abstraktes Problemlösen.

Anmerken muss ich an dieser Stelle, dass persönliche Fähigkeiten nicht mit Persönlichkeitseigenschaften gleich gesetzt werden sollten. Siehe dazu auch Über den Umgang mit Ungewissheit. Es geht hier darum, dass gerade der Mensch als soziales und emotionales Wesen komplexe Problemlösungssituationen besser bewältigen kann, als es Technologie vermag. Wie ein Idealszenario der Arbeitsteilung zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz aussehen kann, lesen Sie in diesem Blogbeitrag.

Von “Märkte als Ziele” zu “Märkte als Foren”

Image by user32212 from Pixabay

Es wird in unterschiedlichen Zusammenhängen (Kontexten) immer wieder von “dem Markt” gesprochen/geschrieben, der das Ziel aller Unternehmensaktivitäten sein soll. Das hört sich an, als ob “der Markt” ein relativ homogenes “Gebilde” ist, doch “der Markt” ist sehr differenziert. Weiterhin sind die verschiedenen Akteure immer stärker vernetzt (technologisch, räumlich, zeitlich usw.) und haben Rückkopplungen untereinander. Ramaswar und Prahalad haben daher vorgeschlagen, “Märkte als Foren” zu sehen.

“Market is no longer a target, it is more a forum (Prahalad and Ramaswamy 2004) to “tap into the knowledge of participants in the social ecosystem to create a freer flow of information, engage people more wholeheartedly, and enable richer, fuller stakeholder interactions” (Ramaswamy and Gouillart 2010). Further, in such a complex system knowledge is unevenly distributed (Hayek 1945) and the direction of flows of knowledge and information cannot be predetermined (Ramaswamy and Ozcan 2014)” (Freund, R. 2017).

Es ist somit nicht, oder nur bedingt, möglich, Wissensflüsse in solchen Foren (Marktplätzen) gezielt vorauszusagen. In Unternehmen möchte man allerdings gerne, den Wissensfluss so organisieren, dass ein bestimmtes Ergebnis (meistens ein Gewinn für das Unternehmen) herauskommt. Die Schwierigkeiten so vorzugehen haben viele Unternehmen erkannt, und öffnen ihre Innovationsgrenzen. Diese Entwicklung hat Chesbrough als Open Innovation bezeichnet. Dabei bezieht er sich ausdrücklich auf Unternehmen mit ihrem Geschäftsmodell.

Betrachten wir allerdings die oben genannten Charakteristika von Foren und den damit verbundenen Wissensflüssen müssen Innovationen nicht zwangsläufig nicht nur von Unternehmen ausgehen, sondern können in der Vernetzung von allen möglichen Foren-Teilnehmern geschehen. Ein so verstandenes Open User Innovation wird von Eric von Hippel propagiert.

Solche Bottom-up-Innovationen tauchen allerdings immer noch nicht in den offiziellen Innovations-Statistiken auf. Es ist vorstellbar, dass diese Art von Innovationen mit Hilfe neuer Technologien (Künstliche Intelligenz, Additive Manufacturing, Open Source, Maker-Bewegung usw.) in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Unternehmen sollten diese Entwicklungen frühzeitig adaptieren.

Wie hängen Innovationsmanagement und Projektmanagement in einem Netzwerk zusammen?

Grafische Darstellung der Verantwortlichkeit des Innovationsmanagements in einem Netzwerk (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2012)

In der Zukunft wird es für Großunternehmen, und für Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) immer mehr darum gehen, in Netzwerken Wissen zu nutzen, um Innovationen zu entwickeln. In dem Beitrag Innovationsmanagement bei Großunternehmen, KMU und in Netzwerken hatte ich aufgezeigt, dass es dabei jeweils Unterschiede bei Komplexität, Verbindlichkeit und Steuerung gibt.

Betrachtet man nun den Anteil des zentralen Innovationsmanagements in einem Netzwerk über die Phasen Ideenentwicklung bis Evaluation, so wird deutlich, dass dieser Anteil bei Entwicklung, Durchführung und Monitoring stark zurückgeht (rote Linie) – und das zu Gunsten des konkreten Projektmanagements der Netzwerkpartner.

“Der farbig hervorgehobene Bereich markiert jene Prozessphasen (insbesondere die Projektdurchführung), in denen das Innovationsmanagement weniger intensiv bzw. kaum beteiligt ist(…). In der eigentlichen Durchführungsphase wird der Netzwerkmanager am wenigsten gebraucht. Diese Kurve wiederholt sich bzw. überlagert sich mit anderen Innovationsmanagementkurven, je nachdem wie das Netzwerk aufgebaut ist”” (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2012).

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK). Informationen dazu, und zu aktuellen Terminen, finden Sie auf unserer Lernplattform.

Innovationsmanagement bei Großunternehmen, KMU und in Netzwerken

Conceptual technology illustration of artificial intelligence. Abstract futuristic background

Großunternehmen werden oft von Kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) unterschiedenen, da bei beiden alleine durch ihre Größenordnung unterschiedliche Management-Ansätze erforderlich sind. Die Abgrenzung zwischen Großunternehmen und KMU liegt zwar vor (Definition), doch kommt es immer wieder auch zu Entgrenzungen und fließenden Übergängen.

Diese Entgrenzungstendenzen sind sogar auf der gesellschaftlichen Ebene wiederzufinden und sind Bestandteile einer Reflexiven Modernisierung. Dabei entstehen immer mehr temporäre oder auch relativ stabile Netzwerke, in denen Wissen geteilt wird, um beispielsweise Innovationen zu entwickeln. Betrachten wir nun die drei Bereiche Großunternehmen, KMU und Netzwerk, so ergeben sich im Rahmen des Innovationsmanagements unterschiedliche Ausprägungen bei den Dimensionen Komplexität, Verbindlichkeit und Steuerung. Die folgende Tabelle stellt alles übersichtlich dar.

KomplexitätVerbindlichkeitSteuerung
Großunternehmenhochmittelhoch
KMUgeringhochmittel
Netzwerkehochgeringgering
Vergleich Großunternehmen, KMU und Netzwerke bezüglich Innovationsmanagement
(Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2012)

Das Innovationsmanagement in KMU oder auch in Großprojekten ist es oftmals nicht gewohnt, Netzwerke zu managen und verfallen dabei oft in die gewohnten Ansätze aus den jeweiligen Organisationen. Ein Netzwerk “funktioniert” allerdings anders. Beispielsweise ist die Komplexität hoch, allerdings sind gleichzeitig die Steuerungsmöglichkeiten gering. Das sind traditionelle Manager so nicht gewohnt.

Siehe dazu auch Welche Einflussfaktoren wirken auf den Erfolg von Netzwerken?, Soziale Netze und Big Nudging, Innovationen im Netzwerk entwickeln.

Worin unterscheiden sich Business Innovation (formale Innovation) von Household Innovation (informelle Innovation)?

Innovationen werden meistens noch aus dem Blickwinkel von Organisationen gesehen. Diese Innovationen werden formal durchgeführt und sind als Business Innovations bekannt. Solche Innovationen tauchen natürlich in den gängigen Statistiken zu Innovationen auf Länder- oder auch Unternehmensebene auf.

Nicht, oder nur wenig beachtet werden eher Innovationen die von einzelnen Personen oder Gruppen ausgehen, deren Bedürfnisse an Dienstleistungen und Produkten von Unternehmen nicht wirklich beachtet werden. Wie de Jong und von Hippe (2022) zeigten, gibt es einen immer größer werdenden Teil solcher informellen Innovationen, die als Household Innovations bezeichnet werden. Die folgende Tabelle zeigt die jeweiligen Unterschiede auf

Household InnovationBusiness Innovation
Dominant motivesPersonal need, hedonic, helpingCommercial, sales, efficiency
ExamplesConsumer innovation, open-source, Makers, hackersNew product development, R&D, technology licensing
Look and feelAmateurish, but sometimes very novelProfessional, better designed and engineered
Embedded inConsumer creative behaviors like DIY, tinkeringBusiness strategy, willingness to survive and/or grow
DisseminationFree sharing, startups, business adoptionSales, licensing, involuntary spillovers
Differences between household and business innovation nach de Jong & von Hippel (2022).in J. P. J. de Jong, M. Mulhuijzen, D. Cowen, E. Kraemer-Mbula, L. Onyango, E. von Hippel (2023). Making the Invisible Visible, Informal Innovation in South Africa.

Die dominierenden Motive unterscheiden sich, das Household Innovation meistens keine kommerziellen Ziele hat, Business Innovation demgegenüber schon. Darüber hinaus sehen Household Innovation oftmals amateurhaft aus, Business Innovation dagegen müssen top aussehen und sicher sein. Household Innovation ist oft ein Do it Yourself, ein ausprobieren und ein Learning by Doing. Business Innovation ist eingebettet in eine unternehmerische Innovationsstrategie mit ihren Prozessen. Household Innovation sind oft auch freu für andere verfügbar, was sie für Startups nutzbar macht. Business Innovation werden oft geschützt (Patente, Marken usw.) und sollten einen Businessplan erfüllen.

Es wird aus der Übersicht allerdings auch deutlich, dass sich Household Innovation und Business Innovation gut ergänzen könnten:

“Von Hippel (2017) explains that informal household innovation and business innovation complement each other. Informal innovations in the household sector are in principle freely available to anyone, as citizens barely protect their innovations. Commercial producers can take advantage by adopting informal innovations (to be marketed as commercial products) and by helping citizens to prototype innovations for themselves.” (ebd.).

Siehe dazu auch Eric von Hippel (2017): Free Innovation.

Ökosysteme: Vernetzung von Kunden, Märkten und Innovationen

Die Transformation auf allen Ebenen der Gesellschaft wird von digitalen Technologien getrieben (Digitale Transformation). Dabei werden allerdings oftmals die Auswirkungen von digitalen Technologien auf Kunden, Märkte und Innovationen relativ isoliert betrachtet. Besser wäre es, die Auswirkungen vernetzt zu sehen.

Betrachtet man diese Entwicklungen durch eine andere Brille (Vernetzung), so entsteht ein Ökosystem mit vielen verschiedenen Verbindungen, Rückkopplungen und Möglichkeiten. Dazu habe ich folgenden Text gefunden, der das gut beschreibet, und auch Quellen dafür angibt:

“To understand the effects of digital transformation described above, the dimensions cannot be considered in isolation (cf. Rosenberg, 1979). Technologies stimulate both customers and the market, which ultimately drives further innovations. Due to the interconnectedness between customers, market, and innovation, the effects of changes to one impact the other, and the dimensions co-evolve together. To understand this phenomenon, the ecosystem concept (Moore, 1993) serves as a suitable lens: put simply, ecosystems focus on the interdependencies among actors and the way they co-create value for the customer”

[Anmerkung RF: Dabei wird auch erläutert, welche Charakteristiken Ökosysteme haben]:

First, ecosystem actors must align themselves with materialising the value proposition for the final customers (Adner, 2017; Thomas & Autio, 2020).

The second characteristic of ecosystems is their foundation on non-generic complementarities.

The third and last unique characteristic of ecosystems is that its actors must identify with the ecosystem (Thomas & Ritala, 2022).

Quelle: (Miehé, L.; and Gassmann, O. (2024), in Aargard, A. (2024): Business Model Innovation. Game Changers and Contemporary Issues).

Die Autoren sind der Meinung, dass das Ökosystem-Konzept durchaus ein Game Changer für Geschäftsmodell-Innovationen (Business Model Innovation) sein kann. Dabei gibt es kein “richtiges” Ökosystem, sondern – wie so oft – ein Kontinuum an Möglichen Variationen.

Durch den seit mehr als 100 Jahren üblichen Taylorismus mit seiner arbeitsteiligen Vorgehens- und Denkweise (Mindset), fällt es uns immer noch sehr schwer, in vernetzten Systemen zu denken und zu handeln. Das ist nicht nur bei Innovationen der Fall, sondern auch in der Politik, in Verwaltungen, Unternehmen und bei einzelnen Personen. Dass dieser Prozess auf Widerstände stößt liegt in der Natur der Sache. Dennoch: Es wird Zeit, diese Denkweise zu propagieren und letztendlich zu entwickeln (lernen).

Dass das bei Erwachsenen besonders herausfordernd ist, zeigt die Erwachsenenbildung. Dort geht man bei Lernprozessen von einem relativ stabilen Deutungsmuster aus, das transformiert werden muss (Transformation von Deutungsmustern).

Die Reflexivität von Transaktionskosten und Innovationen am Beispiel von “Patient Innovation”

Screenshot von der Website https://patient-innovation.com

Wo kommt der Begriff “Transaktionskosten” überhaupt her? In meinem Blogbeitrag Brauchen wir Unternehmen? vom 15.12.2015 bin ich schon einmal darauf eingegangen, dass der Begriff auf Ronald Coase zurückgeht, der 1937 in seinem Artikel “The Nature of the Firm” erläuterte, warum wir Unternehmen benötigen. Die Antwort war schlüssig:

Die Transaktionskosten in Unternehmen waren eben günstiger als die Kosten, die außerhalb eines Unternehmens nötig waren, um eine Leistung zu erbringen. 

Dieser Ansatz hat sich auch Jahrzehnte als durchaus erfolgreich herausgestellt. Dabei kam den Unternehmen zugute, dass die Möglichkeiten der allgemeinen Digitalisierung in den Unternehmen und auch im Kundenkontakt intensiv genutzt wurden. Kunden können beispielsweise ihre Bankgeschäfte selbst durchführen, selbst online einchecken usw. Hinzu kommen noch die Möglichkeiten des 3D-Drucks (Additive Manufacturing) und jetzt auch noch der Künstlichen Intelligenz. Alles wurde und wird genutzt, um Transaktionskosten im Unternehmen stark zu reduzieren. Oftmals zugunsten einer besseren Gewinnmarge, weniger zum Nutzen ihrer Kunden.

Auf der anderen Seite merkt der Kunde oder User, dass er viele Transaktionen selbst durchführt und seine Bedürfnisse nicht wirklich von den Unternehmen befriedigt werden. Diese Kunden, Nutzer oder User erhalten also oftmals immer noch nicht den Value (Wert, Mehrwert), den alle seit den Zeiten von Marketing, Qualitätsmanagement, Innovationsmanagement und Agilem Projektmanagement etc. versprechen.

Was machen daher immer mehr User? Na ja, wenn sie schon vieles selbst machen sollen und die digitalen Tools sehr günstig zur Verfügung stehen (Open Source, 3D-Druck usw.) können sie ihre benötigten Dienstleistungen und Produkte auch gleich selbst designen, entwickeln und herstellen (User Innovation).

Ein Paradebeispiel für diese gesamte Entwicklung ist die Plattform Patient Innovation (Patienten-Innovation), deren Entwicklung ich auf den verschiedenen Weltkonferenzen verfolgen konnte. Die Initiative hat 2016 den Health Care Startup Award als Non-Profit Startup of the Year erhalten. Zunächst waren da medizinische Problemlösungen, von einzelnen Personen, da keine Lösungen (Dienstleistungen, Produkte) von Unternehmen angeboten wurden (Lohnt sich nicht / Break Even). Dann kamen die ersten eigenen Problemlösungen auf eine Plattform, die sich in der Zwischenzeit weltweiter Beliebtheit erfreut. Bitte schauen Sie sich auf der angegebenen Seite um.

Der Vorteil der immer stärker sinkenden Transaktionskosten in Unternehmen schlägt also auf die Unternehmen zurück – ist in diesem Sinne reflexiv. Ähnlich sieht es auch bei Innovationen aus. Künstliche Intelligenz mit ihren Möglichkeiten kann in Unternehmen für Innovationen genutzt werden, – und auch von einzelnen Usern, die für Ideen und Innovationen möglicherweise nicht immer Unternehmen mit den jeweiligen Strukturen benötigen. Eric von Hippel vom MIT hat das treffend “Democratizing Innovation” bzw. “Free Innovation” genannt. Siehe dazu auch

> Reflexive Modernisierung
> Von Democratizing Innovation zu Free Innovation
> Eric von Hippel (2017): Free Innovation
> 3D-Druck als reflexive Innovation?
> Freund, R.; Chatzopoulos, C.; Lalic, D. (2011): Reflexive Open Innovation in Central Europe. 4th International Conference for Entrepreneurship, Innovation, and Regional Development (ICEIRD2011), 05.-07. May