RICARDA: Wissensbilanzen für regionale Netzwerke und Cluster

Auf der Projektwebsite RICARDA wird das Ziel wie folgt beschrieben: “Das Projekt ´RICARDA – Regional Intellectual Capital Reporting – Development and Application of a Methodology for European Regions´ zielt darauf ab, die Methode der Wissensbilanzierung (engl.: Intellectual Capital Reporting / ICR) von der Unternehmensebene auf regionale Netzwerke und Cluster zu übertragen.” In Deutschland gehört die Region Stuttgart zu den Projektpartnern. Es wäre wünschenswert, wenn die Wissensbilanz (- Made in Germany) nicht nur in großen Ballungszentren, sondern auch in sogenannten “strukturschwachen” Regionen genutzt würde. Möglicherweise stellt man dabei fest, dass diese sogenannten “strukturschwachen” Gebiete in Deutschland nur aus der Sicht einer traditionellen Strukturbetrachtung schwach sind. Aus der Wissensperspektive ergeben sich möglicherweise ganz andere Aussagen…

Podcast (MP3, 1MB, 1:06) audio.gif

Koch, G. (2006): Die Wissensbilanz im Unternehmen – in der Region

koch_2006_vortrag_wissensbilanz.gifIn seinem tollen Vortrag (5.8MB) im Rahmen des Innovationstagung 2006 (08. September 2006) der Region Bodensee ging Prof. Koch auf die aktuellen Entwicklungen in Europa ein. Dabei stellte er dar, dass die Wissensbilanz ein Instrument für Unternehmen, Regionen und Länder sein kann. Die Hinweise in dem Vortrag sind deutlich. Es kommt eben (wie immer) darauf an, es auch umzusetzen.

Podcast (MP3, 686KB, 0:44)audio.gif

Wissen und Kompetenzen

Volker Heyse, Prof. in Regensburg: “Es gibt einen Unterschied zwischen Wissen und Kompetenzen (…). Zu Kompetenzen gehören kommunikative Fähigkeiten, Handlungsstrategien und alles was man braucht, um theoretischen Wissen überhaupt anzuwenden. Solche übergeordneten Fähigkeiten klammert das formale Bildungssystem bisher weitgehend aus”. Quelle: Die Schule des Lebens. In: Süddeutsche Zeitung vom 01./02. Februar 2003.

Sollten wir dann eher von einer kompetenzbasierten, an Stelle einer wissensbasierten Gesellschaft sprechen? Wird die knowledge-based economy zu einer competence-based economy?

Suchanek, F.; Weikum, G. (2006): Die Suche nach Wissen statt nach Webseiten

In dem Beitrag vom 09.12.2006 machen die Autoren deutlich, dass Suchmaschinen zunächste einmal Webseiten finden und das dies noch nichts mit Wissen zu tun hat: “Unser Ansatz ist deshalb, Informationen gezielt aus Webseiten zu sammeln, und in einer großen Wissensstruktur, einer Ontologie, anzuordnen.” Ein erster Prototyp ist auch schon vorhanden: Yago. Strukturiert vorhandene Informationen sind wohl in Zukunft in Zusammenhängen und kontextbezogen in Strukturen (Wissensstrukturen) repräsentierbar. Ist das auch mit impliziten Wissen möglich? Siehe dazu Schilcher (2006): Implizite Dimension des Wissens und ihre Bedeutung für das betreibliche Wissensmanagement.

Kivikas/Pfeiffer/Wulf (2006): Wissensbilanzen als Wettbewerbsfaktor für KMU

Der Beitrag Kivikas,M; Pfeifer, G.; Wulf, I. (2006): Wissensbilanzen als Wettbewerbsfaktor für KMU. In: Betriebsberater (BB), 61. Jahrgang, Heft 45, 06. November 2006, S. 2461-2465 geht einer Frage nach, die gerade von Geschäftsführern immer wieder gestellt wird: Gibt es mit der Wissensbilanz Vorteile bei der Beschaffung von Finanzmitteln nach Basel II ? Dabei werden zunächst Aufbau- und Informationswert von Wissensbilanzen analysiert und anschließend die Einsatzmöglichkeiten von Wissensbilanzen bei Kreditverhandlungen beschrieben. Die Autoren kommen zu folgendem Fazit (Seite 2465):

1. Seit 2004 sind Wissensbilanzen durch eine vom BMWi gestartete Initiative auch in Deutschland bekannt geworden. Seitdem sind zahlreiche Wissensbilanzen veröffentlicht worden; bei etlichen Unternehmen bereits im zweiten Jahr.

2. Da Wissensbilanzen die vergangenheitsorientierte Bilanz um zukunftsorientierte Informationen um zukünftige Unternehmenspotenziale ergänzen, können diese für Unternehmen folgende Vorteile haben:

– Wissensbilanzen können als Kommunikationsinstrument genutzt werden, um die Beziehungen zu Banken zu stärken und die Chancen einer Kreditgewährung zu erhöhen

– Wissensbilanzen können im Kreditverhandlungsprozess genutzt werden, um über eine Senkung der Marge die Kreditkonditionen zu verbessern

3. Die Wissensbilanz kann als Instrument zur Vorbereitung und Akzeptanz der qualitativen Faktoren des Rating dienen (…). Daher sollten Unternehmen Wissensbilanzen gezielt einsetzen. Gleichzeitig sollten sich Analysten wie auch die Unternehmensberatung mit diesem Informationsinstrument vertraut machen.

Ich kann durchaus verstehen, dass die Geschäfsführung die Wissensbilanz (besser: Wissensbilanz – Made in Germany) als Instrument für die Kommunikation mit Banken nutzen will. Dennoch erscheint es mir wichtig darauf zu verweisen, dass die Wissensbilanz – Made in Germany gerade mit der Darstellung der Wirkungszusammenhänge wichtige Hinweise für das Management des Wissens-Systems in KMU bietet. Ich schlage daher vor, die Wissensbilanz – Made in Germany am Anfang von Wissensmanagement-Aktivitäten durchzuführen, um daraus sinnvolle und notwendige Wissensmanagement-Projekte abzuleiten.

Prowis (2006): Studie “Wissensmanagement in produzierenden KMU”

prowis_studie_2006.gif“Im Rahmen des Projektes »ProWis« wurde eine Studie (Kurzfassung) unter produzierenden KMU bezüglich der Bedeutung und Herausforderungen von Wissensmanagement durchgeführt.” Zu den Top5 der Wissensdomänen gehören (S. 18):

  • Wissen über Kunden,
  • Wissen über Produkte,
  • Fachwissen,
  • Wissen über Märkte und Wettbewerber,
  • Wissen über Methoden.

Gerade das Wissen über Kunden und deren Erfahrungswissen (Wissen im Umgang mit den Produkten/Dienstleistungen eines Anbieters in der Domäne des Kunden) spielt in Zukunft eine große Rolle und wird bei Open Innovation für Innovationsprozesse genutzt.  Dabei erkennen die Unternehmen zu wenig, dass es entscheidend ist, die Interaktionskompetenz auf der Anbieterseite zu verbessern. Der Begriff Interaktionskompetenz wird von Reichwald/Piller (2006): Interaktive Wertschöpfung genutzt.

Halbwissen in Weiss: Ein Bericht in DER SPIEGEL vom 30.12.2006

In dem Artikel von Veronika Hackenbroch wird die Frage gestellt: “Warum kommt medizinisches Wissen oft nicht oder zu spät im klinischen Alltag an?” Beispielhaft wird darauf verwiesen, dass viele Mediziner nicht wissen, ab wann man von Bluthochdruck spricht. Darüber hinaus wird angemerkt, dass es wohl an den vielen Informationsbroschüren nicht liegen kann. Die unterschwellige Ratlosigkeit kommt meines Erachtens daher, dass man Information immer Kontext,noch zu stark mit Wissen gleich setzt – dem ist aber nicht so. Informationen werden in dem jeweiligen Kontext des Mediziners zu Wissen. Dabei wird dieses Wissen dann selbstorganisiert (Selbstorganisationsdisposition=Kompetenz) so angewendet, dass ein Problem des Patienten gelöst wird. Es ist also der Übergang von Information zu Wissen und Kompetenz, der näher zu beachten ist. Durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien liegen häufig nur Daten und Informationen vor. Es ist ein gutes Zeichen, dass in vielen Artikel auf diese Zusammenhänge hingewiesen wird.

Content Is King – But Context Rules

Diesen faszinierend einfachen Satz habe ich von J. Levy auf der ElearnChina2003 gehört. J. Levy war Keynote Speaker und hat deutlich gemacht, dass zur Zeit noch sehr oft über den Inhalt (Content) diskutiert wird, aber das Umfeld, in dem dieser Inhalt genutzt wird (Kontext bzw. Domäne) in Zukunft viel wichtiger werden wird.

Um es deutlich zu sagen: Inhalte, zumal noch aktuelle dazu, sind auch noch in Zukunft eine bedeutende Voraussetzung, um z.B. in Unternehmen wertschöpfend zu handeln. Beachtenswert sind allerdings scheinbar gegenläufige Trends: Einerseits werden Inhalte kostenpflichtig und andererseits kostenfrei angeboten. Letzteres wird gerade von der Initiative OpenContent stark favorisiert. Auch Universitäten wie das berühmte MIT in den USA stellen OpenCourseware zur Verfügung. Weiterhin gibt es Repositories für sogenannte Learning Objects. Dabei werden Inhalte “granuliert”, so dass nur noch “kleine Häppchen” vorliegen (Prinzip). Warum machen die das? Wenn Sie eine etwas fundiertere Darstellung suchen, so finden Sie Hinweise dazu entweder in meinem Paper zur ELearnChina2003 oder aber auf der sehr guten Seite von Marc Jelitto zu Lernobjektrepositorien.

Es kann durchaus Sinn machen, kleine inhaltliche Häppchen so aufzubauen, dass man sie wiederverwenden kann. Diese Wiederverwendbarkeit (Reusebility) ist dann die Basis für Wirtschaftlichkeit (Mass Customization in der Bildung). Ich bin allerdings ein wenig kritisch, da ich schon mit dem Begriff “Learning Objects” Probleme habe, denn: Können Objekte lernen? Ist es nicht eher das Subjekt, das in den Mittelpunkt gerückt werden muss? Denn das Subjekt nimmt die Inhalte  in Form von Daten/Informationen auf und konstruiert daraus Wissen. Daten in einem bestimmten Kontext werden zu Informationen und Informationen werden verbunden u. a. mit den persönlichen Erfahrungen zu Wissen konstruiert (Konstruktivismus). Siehe dazu auch die Wissenstreppe von North 1998. Somit ist die Situiertheit, der Kontext, des Inhalts letztendlich entscheidend, Content Is King – But Context Rules. I love it…..