Informelle Widerstände stärker beachten

Es kann nichts so bleiben, wie es ist – alles verändert sich. Es wundert daher schon, dass der Begriff “Veränderung” oft negativ besetzt ist. Viele Menschen tendieren dazu, Bestehendes zu konservieren, und sich Veränderungen zu widersetzen. Im Bereich der Erwachsenbildung wird dieses Beharren auf ein recht stabiles Deutungsmuster von Erwachsenen zurückgeführt, das transformiert werden soll. Die Transformation von Deutungsmustern (nach Arnold, R.) ist also die wichtigste Aufgabe von Erwachsenenbildung. Es wäre gut, wenn sich Führungskräfte in Unternehmen diesen Ansatz genauer ansehen würden, um die Transformation in Organisationen besser zu bewältigen.

Darüber hinaus betrachtet auch die Arbeitssoziologie Widerstände gegenüber Veränderungen. Da gibt es natürlich die formalen, institutionell geprägten Widerstände wie Streiks etc, doch wurden bisher informelle Widerstände kaum beachtet. Diese spielen wegen der Entgrenzung von Arbeit, neuen Arbeitsformen wie die in der Plattformökonomie usw. eine immer wichtigere Rolle. Doch was wird unter informellem Widerstand verstanden?

“Unter informellem Widerstand verstehen wir ein intentionales, nicht institutionalisiertes Handeln von Beschäftigten, das sich gegen Vorgesetzte oder die Organisationsziele richtet. Es ist ein begrenzt autonomes Handeln in von Heteronomie geprägten Arbeitsprozessen und stellt eine Reaktion auf die ausgeübte Kontrolle der Unternehmensleitung dar. Mittels solchen widerständigen Handelns entziehen sich Arbeiter:innen der Vernutzung ihrer Arbeitskraft und/oder eignen sich materielle und symbolische Ressourcen an. Informell ist diese Form des Widerstands insofern, als sie sich nicht primär auf die Institutionen der industriellen Beziehungen wie Gewerkschaften oder Betriebsräte stützt” (Heiland, H.; Schaupp, S. (2023:8): Informeller Widerstand im Arbeitsprozess – eine Einführung, in: Heiland, H.; Schaupp, S. (Hrsg.) (2023): Informeller Widerstand im Arbeitsprozess – Eine arbeitssoziologische Einführung, S. 7-26) | PDF der Gesamtausgabe.

Es freut mich, dass es zu dem Thema einen ganzen Band mit vielen Beiträgen gibt, der auch noch frei verfügbar ist. Die Open-Access-Ausgabe wurde mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung publiziert.

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen, die wir an verschiedenen Standorten anbieten. Weitere Informationen zu den Lehrgängen und zu Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Huys/de Rick/Vandenbrande (2005): Enhancing Learning at Work

Dieser Bericht der Universität Leuven stellt deutlich dar, wie wichtig das Lernen am Arbeitsplatz ist (Seite 1): “An important goal in the European Lisbon strategy is the enlargement of lifelong learning activities. Achieving this goal does not necessarily mean that more European employees are involved in training activities. Norvegian research has confirmed that most learning of employees is the result of learning opportunities in the job. Most learning is the result of learning while working be it on or off the job.” Das wiederum entspricht sehr gut den Hinweisen von Rauner (2004), der dafür plädiert, viel stärker das Lernen im Arbeitsprozess zu beachten. Der Begriff “Arbeitsplatz” sollte auch möglichst nicht mehr verwendet werden. Ich mag den Begriff “Tätigkeitsportfolio” (Beck).