Projektmanagement: Das Cynefin-Framework und der Bereich “disorder”

Quelle: Von David Snowden (en: User:Snowded: file log) – David Snowden – created in Freelance for this image, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12647594

In Organisationen werden heute Routinetätigkeiten, planbare (komplizierte) Projekte, und immer mehr komplexe Projekte durchgeführt. Darüber hinaus gibt es noch einen eher chaotischen Bereich. Die bekannte Stacey-Matrix bietet hier eine gute Möglichkeit, die verschiedenen Vorhaben/Projekte in Bezug auf Anforderungen (WAS?) und Methode/Technik (WIE) zu positionieren, um das jeweils geeignete Vorgehensmodell (z.B. Plangetriebenes Projektmanagement, KANBAN, SCRUM, DESIGN THINKING etc.) abzuleiten.

Eine weitere Möglichkeit zeigt das Cynefin-Framework auf, das aus dem Wissensmanagement kommt und auch die vier Bereiche Clear (Simple), Complicated, Complex, Chaotic unterschiedet. Interessant dabei ist, der Bereich “disorder” oft nicht thematisiert wird: “Die fünfte Domäne ist disorder, der Zustand des Nicht-Wissens, welche Art von Kausalität besteht. In diesem Zustand gehen die Leute in ihre eigene Komfortzone zurück, wenn sie eine Entscheidung fällen” (Wikipedia). Dass dieser Zustand häufig vorkommt, wird in dem folgenden Text hervorgehoben.

“Da den Beteiligten eines Unternehmens oder speziell eines Projekts nicht immer klar ist, in welchem der anderen vier Bereiche sie sich befinden, wurde der fünfte Bereich disorder eingeführt. Hier befinden wir uns, wenn wir nicht genau sagen können, in welchen Bereich das eigene Projekt zugeordnet werden kann. In der Praxis ist disorder für viele Unternehmen und Projekte schon fast der Normalzustand” (Flore, A.; Edelkraut, F. (2023): Agiles Personalmanagement, in: projektmanagementaktuell 2/2023).

Bei ihrem Hinweis, dass disorder schon fast der Normalzustand ist, beziehen sich die Autoren auf Edelkraut, F., Mosig, H. (2019): Schnelleinstieg Agiles Personalmanagement, 1.?Auflage, Haufe Group Freiburg – München – Stuttgart. Jeder, der sich mit Projekten befasst sollte also bestenfalls alle fünf Bereiche kennen, um die geeigneten Vorgehensmodelle situativ/adaptiv anzuwenden.

In den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in Agil (IHK) gehen wir auf diese Zusammenhänge ein. Informationen zu unseren Lehrgängen und zu Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Agiles Projektmanagement: Anmerkungen zu nationaler Kultur und Persönlichkeitseigenschaften

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Viele Studien analysieren den Einsatz agiler Vorgehensweisen in Deutschland, bzw. im deutschsprachigen Raum (DACH). Allerdings ist es im internationalen Geschäftsleben durchaus üblich geworden, internationaler in Projekten zu arbeiten, bzw. in einem Projekt Mitarbeiter mit verschiedenen kulturellen Hintergründen (vgl. dazu ausführlich Hofstede) zu haben. Interessant ist dabei die Frage, wie kulturelle Unterschiede und Persönlichkeitseigenschaften den Erfolg von Projekten beeinflussen, die ein agiles Vorgehensmodell nutzen. Ein Forschungsprojekt hat sich damit ausführlich auseinandergesetzt. Ich möchte hier nur auf einige wenige Punkte eingehen.

Unserer Studie zufolge ist das ideale agile Teammitglied gering machtdistant, gering unsicherheitsvermeidend, polychron und kollektivistisch. MitarbeiterInnen mit deutschem kulturellen Hintergrund hingegen sind meist eher gering machtdistant, unsicherheitsvermeidend, monochron und individualistisch. Unsere Studie zeigt, dass die Organisationen hierzulande mehr Diversität hinsichtlich der kulturellen Eigenschaften und Arbeitsstile bei ihren MitarbeiterInnen brauchen, um agile Projekte erfolgreich durchzuführen. Die Vorteilhaftigkeit diverser Teams ist unbestritten, jedoch werden die erforderlichen Aktivitäten hierfür nicht eingeführt. Die Untersuchung des Einflusses der Kultur und der Persönlichkeit auf die Fähigkeit eines Individuums, agile Methoden anzuwenden, kann als Grundlage für zukünftige Forschung in diesem Bereich dienen. Da die Bereiche agiles Management, Kultur und Persönlichkeit noch nicht umfassend untersucht sind, bietet diese Studie erste Einblicke in diese Zusammenhänge” (Schoper, Y.; Gertler, E.; Fox, K. (2021): Der Einfluss von Kultur und Persönlichkeit auf agile Projektmanagementtechniken. In: projektmanagementaktuell 2/2021, S. 17-26).

Auch hier wird wieder betont, dass mit Diversity in Teams bessere Ergebnisse zu erzielen sind. Diese Erkenntnis gibt es auch schon aus verschiedenen Studien zum klassischen/plangetrieben Projektmanagement. Je komplexer allerdings die Vorhaben sind, umso wichtiger ist es, verschiedene, diverse, multiple Perspektiven darauf zu haben, um die bestmögliche Lösung abzuleiten.

Bei dem Hinweis auf die Persönlichkeiten der Teammitglieder bin ich etwas anderer Meinung: Agile Vorgehensmodelle machen Sinn, wenn die Anforderungen und wenn die Methode/Technik unklar sind (Stacy-Matrix, bzw. Cynefin). In solch komplexen Problemlösungssettings ist mehr und mehr Selbstorganisation durch die Teammitglieder gefragt – inkl. der zyklischen/iterativen Lernschleifen. Diese Selbstorganisationsfähigkeiten – besser Selbstorganisationsdispositionen (Kompetenz nach Erpenbeck/Heyse) – sind nicht mit Persönlichkeitseigenschaften zu verwechseln, bzw. wäre der Schluss von Persönlichkeitseigenschaften auf Kompetenzen falsch .

In den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanagerin Agil (IHK) gehen wir auf diese Zusammenhänge ein. Informationen zu den Lehrgängen und zu Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Wie ist es möglich, in kritischen Situationen unter Zeitdruck Entscheidungen zu treffen?

Wir haben es alle häufig mit verschiedenen Situationen zu tun, in denen wir unter Zeitdruck Entscheidungen treffen müssen. Bei einfachen Situationen ist das oftmals nicht schwer. Bei etwas komplizierten Situationen ist es schon nicht mehr ganz so einfach. Richtig schwierig ist es, in komplexen oder sogar in chaotischen Situationen handlungs- und entscheidungfähig zu bleiben. Diese Beschreibung zeigt schon auf, wo der Ansatz liegen kann, denn diese genannten vier Bereiche (Domänen) wurden in der ursprünglichen Fassung des Cynefin-Frameworks aufgenommen.

In kritischen Situationen müssen Verantwortliche unter Zeitdruck Entscheidungen treffen, die eine hohe Tragweite haben können. Das Cynefin-Framework – aus dem walisischen für ´Habitat´ – ist ein von Edward Snowden entwickeltes Sensemaking-Modell, das Entscheidern hilft, Situationen und Problemstellungen nach dem Grad ihrer Unsicherheit bzw. Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen einzuordnen und einen passenden Handlungsmodus zu finden. Der Begriff Cynefin verweist darauf, dass Entscheider sich mit vielfältigen Umwelteinflüssen und Wissenskategorien auseinandersetzen müssen, ohne diese vollständig rational erfassen zu können. Cynefin hat seine Wurzeln im Wissensmanagement, lässt sich aber auch auf Projektmanagement beziehen (Sandberg, B. (2021:5): Projektmanagement mit künstlerischem Mindset. In: projektmanagementaktuell S. 4-9).

Das Cynefin-Framework unterscheidet also die Domänen “simple”, “complicated”, “complex” und “chaos”. Auf Basis dieser Unterscheidungen werden Handlungsmsueter empfohlen, die es ermöglichen, die jeweilige Situation zu bewältigen.

simplesense – categorize – respond
complicatedsense – analyse -respond
complexprobe – sense – respond
chaosact – sense – rrespond
Quelle: ebd. S. 6.

Wir thematisieren diese Zusammenhänge in dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang Projektmanager/in Agil (IHK) zusammen mit anderen Ansätzen, wie z.B. der Stacey-Matrix. Informationen zu unseren Lehrgängen und zu Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.