Waterfall-Agile: Unterschiedliches Erarbeiten von Features

Bain & Company (2015): Agile Innovation

Die Abbildung zeigt die prinzipielle Vorgehensweise im Wasserfallmodell und beim agilen Vorgehen bei Innovationen.

Bei Wasserfallmodell gibt es zu jedem Feature (1-4) die Schritte Discover – Design – Develop – Integrate – Test – Deploy, wobei erst beim letzten Schritt das jeweilige Feature vorliegt.

Bei der agilen Vorgehensweise werden für das Feature 1 die genannten Schritte durchgeführt, anschließend (idealtypisch aufbauend) für Feature 2 usw.

Das sind natürlich wirklich nur grundsätzliche Unterschiede, denn zwischen beiden Extrempositionen gibt es ein Kontinuum von Kombinationsmöglichkeiten. Diese hängen dann beispielsweise von den jeweiligen Rahmenbedingungen, z.B. rechtliche Vorgaben, Vorschriften, Ausschreibungen usw., ab.

In solchen Fällen kommt es zu einem hybriden, adaptiven Vorgehen bei der Entwicklung von Innovationen. Dabei ist es die Kunst, für das jeweilige Projekt, Programm oder Portfolio das angemessene Vorgehensmodell herauszufinden. Siehe dazu auch:

Projektmanagement: Das geeignete Vorgehensmodell finden

Agiles Projektmanagement: Anforderungen auf verschiedenen Granularitätsebenen

Ambidextres Innovationsmanagement: Zwischen Exploration und Exploitation

Projektmanagement: Das geeignete Vorgehensmodell finden

Quelle: Timinger, H.; Seel, C. (2016) nach Boehm und Turner

Im Projektmanagement gibt es in der Zwischenzeit die Erkenntnis, dass es zwischen den beiden Polen “Plangetriebenes Projektmanagement” und Agiles Projektmanagement” sehr viele Möglichkeiten für geeignete Vorgehensmodelle gibt.

Diese für seine Projekte zu analysieren (manchmal auch mehrmals während des Projektverlaufs) ist in Zukunft eine wichtige Aufgabe in Organisationen. Dafür stehen in der Zwischenzeit mehrere Optionen zur Verfügung. Siehe dazu DAS Projektmanagement-Kontinuum in der Übersicht, die für das eigene Projekt anhand verschiedener Kriterien ausgewählt werden können.

Zunächst einmal kann das mit der allseits bekannten Stacey-Matrix erfolgen, die eine einfache Möglichkeit bietet, schnell einen Überblick zu erhalten.

Cinefin wiederum nutzt eher die Wissensperspektive und zu analysieren, welches Vorgehensmodell geeignet erscheint.

Boehm und Turner schlagen vor, ein Projekt nach insgesamt 5 Dimensionen zu charakterisieren (siehe Abbildung): Menschen, Stabile Anforderungen, Kultur, Projektgröße und Gefährdungspotenzial.

Timinger wiederum hat in seinen Veröffentlichungen eine umfangreiche Liste an Kriterien zusammengestellt, die eine noch differenziertere Beurteilung ermöglicht. Siehe dazu Projektmanagement: Einfaches Tool zur Analyse des angemessenen Vorgehensmodells – Planbasiert, Hybrid, Agil.

Überlegen Sie, welche Instrumente für Ihre Organisation genutzt werden sollten. Möglicherweise entwickeln Sie aus den genannten Optionen ein eigenes Analysetool, für Projekte, Programme und Portfolios.

Einige Anmerkungen zum “Wasserfall-Modell” auf Basis des Originalartikels von Royce (1970)

Royce, W. W. (1970): MANAGING THE DEVELOPMENT OF LARGE SOFTWARE SYSTEMS | PDF  

In der heutigen Diskussion um die angemessene Vorgehensweise im Projektmanagement wird oft das “Wasserfall”-Vorgehensmodell herangezogen, um demgegenüber die Vorteile eines Agilen Projektmanagements herauszustellen. Das ist einfach, plakativ und damit für viele einleuchtend – immerhin schreiben/sagen das ja viele… Doch ist das wirklich so einfach? Gerade wenn es um komplexe Situationen geht, erscheint mir diese Argumentation nicht angemessen zu sein. Dabei erkenne ich in Beiträgen öfters ein Entweder-Oder, bzw. Gut-Schlecht, in der Argumentation, das allerdings einem Neuen Denken nicht mehr gerecht wird, denn Dichotomien sind im Neuen Denken nicht mehr gefragt, und somit eher kontraproduktiv.

Um diese Thematik etwas intensiver zu betrachten ist es .- wie immer – gut, den Ursprung des Begriffs “Wasserfall” im Zusammenhang mit Projektmanagement zu betrachten. Dabei beziehen sich viele Autoren auf den Artikel Royce, W. W. (1970): MANAGING THE DEVELOPMENT OF LARGE SOFTWARE SYSTEMS | PDFdoch darin kommt der Begriff “Waterfall” gar nicht vor.

In der Hinführung zu seinen eigentlichen Argumenten (siehe Abbildung) zeigt Royce auf den ersten Seiten die allseits bekannte Darstellung eines kaskadenähnlichen Verlaufs, den Royce sogar kritisiert. Diese einfache Kaskadendarstellung ist dann später von vielen als “Wasserfall-Modell” charakterisiert, und seit dem Agilen Manifest und dem Agilen Projektmanagement als ein nicht mehr angemessenes Vorgehen charakterisiert und gebrandmarkt worden.

Neben den allseits bekannten Nachteilen eines “Wasserfall-Modells” hat es unter bestimmten Bedingungen (siehe dazu z.B. Stacey-Matrix) auch Vorteile. Ebenso haben KANBAN, SCRUM, DESIGN THINKING etc. unter anderen Bedingungen Vorteile – in anderen eben auch Nachteile (siehe dazu ausführlich Timinger 2021). Gerade die Entwicklungen zu einem eher Hybriden/Adaptiven Projektmanagement zeigen ein realistisches Kontinuum der möglichen Vorgehensmodelle auf -womit das Entweder-Oder endlich zu den Akten gelegt werden sollte.

Wer ausgewogen und ergebnisoffen seine Meinungen beitragen möchte, sollte das immer auf Basis von Original-Quellen machen, und dem Leser dadurch ermöglichen, seine eigene Meinung zu bilden.

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in Agil (IHK), die wir an verschiedenen Standorten anbieten. Weitere Informationen zu den Lehrgängen und zu Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.