Im Projektmanagement ist es heute wichtig, zwischen einfachen, komplizierten und komplexen Projekten zu unterscheiden, um das angemessene Vorgehensmodell zu bestimmen.
Darin wird auch das Cynefin-Framework als geeignetes Instrument erwähnt, das ursprünglich aus dem Wissensmanagement kommt. Siehe dazu Projektmanagement: Das Cynefin-Framework und der Bereich “disorder”. Natürlich kann man sich bei Wikipedia oder auch von KI-Modellen Informationen zum Cynefin-Framework zusammenstellen, doch ist es manchmal auch gut, sich ein Buch anzusehen,.
Brougham, G. (2015): The Cynefin Mini-Book. An Introduction to Complexity and the Cynefin Framework | PDF
Das frei verfügbare Mini-Buch zum Thema ist deshalb wertvoll, da es die verschiedenen Facetten des Cynefin-Frameworks intensiv thematisiert, und dazu auch noch wichtige Quellen angibt.
Top view of multiracial young creative people in modern office. Group of young business people are working together with laptop, tablet, smart phone, notebook. Successful hipster team in coworking. Freelancers.
Dass Innovationen mit Lernen zusammenhängen ist offensichtlich, da es sich bei Innovationen um etwas Neues handelt. Neues bedeutet auch oft komplexes Problemlösen. In so einem Umfeld ist das Lernen von Individuen, Gruppen, Organisationen und Netzwerken wichtig, denn Lernen ist der Prozess und (neues) Wissen das Ergebnis (nach Willke 2018).
Neuere Forschungsergebnisse zeigen nun auf, dass es für Teams, die sich mit Innovationen befassen, erfolgsversprechend ist, wenn sie “establishing a rhythm that alternates thoughtfully between exploration and reflection” (Harvey et al 2025). Die Autoren schlagen daher vor, wie folgt vorzugehen:
Dass wir als Gesellschaft immer stärker von Wissen abhängig sind, deutet der Begriff Wissensgesellschaft an. Dabei möchte ich anmerken, dass viele Akteure, Verwaltungen, Unternehmen, einzelne Personen noch immer Wissen mit Daten und Informationen gleichsetzen, und z.B. die implizite Dimension des Wissens vernachlässigen.
In der Industriegesellschaft wurden Gebäude geplant und gebaut, die das arbeitsteilige Prinzip des Taylorismus unterstützten. Dabei wurde großer Wert auf das Trennende gelegt: Hier wurde gearbeitet, dort gelebt. Hier gab es das Schuhgeschäft, dort die Schule und an einem anderen Ort das Altenheim. In Zeiten einer Reflexiven Modernisierung kommt es allerdings seit Jahrzehnten immer mehr zu Entgrenzungen und Vernetzungen von bisher getrennten Bereichen.
Immer mehr hybride Strukturen entstehen – im Management, bei der Raumgestaltung, der Architektur. Eine Architektur, die sich an der Wissensperspektive und an einem vielschichtigen Wissensaustausch orientiert, muss sich zwangsläufig von einer Architektur unterscheiden, die eher industriell geprägt war. Es wundert daher nicht, dass immer mehr offene Räume entstehen (Open Spaces), Räume in denen gearbeitet und gelebt wird usw. usw. All das kann aus der Soziologie (Reflexive Modernisierung) und mit Hilfe der Wissensperspektive erklärt werden.
In dem Artikel Schröder, I. (2014): Wissensarchitektur: Erfahrungen eines Wissenschaftsparks, in Wessels (Hrsg.) (2014) stellt die Autorin das Thema Wissensarchitektur anhand eines Wissenschaftsparks dar. Dabei verweist sie auch auf eine einprägsame Formulierung:
“Der Science Park Manchester hat die zu Grunde liegende Wissensarchitektur-Frage in der Kürze auf den Punkt gebracht, die der englischen Sprache eigen ist:: brick or brain? Die deutsche Übersetzung könnte Gebäude oder Geist lauten” (ebd.).
Ergänzend würde ich allerdings hier empfehlen von “Brick and Brain ” auszugehen – ganz im sinne einer hybriden Denk- und Handlungsweise.
Wenn es um Verbesserungen geht denken wir oft daran, nach einer Tätigkeit zu reflektieren (Retrospective). um für die kommenden Schritte zu lernen. Die Retrospective ist sogar Bestandteil des Scrum-Frameworks.
Darüber hinaus gibt es allerdings auch noch die Prospective, bei der im Vorfeld eines Prozesses, darüber nachgedacht wird, was auf mich zukommen kann.
Zwischen den beiden genannten Arten kommt noch das Accompanying hinzu, bei der ich darüber nachdenke, wie ich aktuell meine Arbeit verrichte.
Etwas vereinfacht kann das so aussehen:
Prospective >
Accompanying
< Retrospective
Die drei Arten der Reflexion (vgl. Brand et al. 2024)
Alle drei Arten der Selbstreflexion führen zu Lernaktivitäten und letztendlich zu kontextspezifischen Wissen. Dieses Wissen wird selbstorganisiert so angewendet, dass ein komplexes Problem gelöst werden kann.
In diesem Sinne entsteht Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition auf den Ebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.
Ähnlich kann auch für das Management argumentiert werden (siehe Abbildung), das sich von einem Management 1.0 (Command and Control, wissenschaftlich) zum Management 2.0 (Markt-Strategien, add on Tools) weiterentwickelt hat, und über das Management 3.0 Komplexität, wissenschaftliche Analogien) zu Management 4.0 (Komplexität als Geschenk, vernetzte Modelle) weiterentwickelt hat. Dabei ist zu beachten, dass in Organisationen oftmals Arbeit 1.0-4.0 und Management 1.0-4.0 vorhanden sind.
Wie in der Abbildung weiterhin zu erkennen ist, stellt das Agile Manifest (Manifest für agile Softwareentwicklung) aus dem Jahr 2001 einen Vorschlag dar, besser mit Komplexität umzugehen. Daraus ist wiederum das Framework Scrum entstanden, wobei der Begriff Scrum in einem Paper aus dem Jahr 1986 geprägt wurde.
Gefunden in einem Workshop von Oliver P. Müller aus dem Jahr 2006 zu Mitarbeiterwissen identifizieren, entwickeln und dauerhaft erhalten
Die etwas ältere Abbildung zeigt gut auf, welche Spannungsfelder bei einem modernen Kompetenzmanagement zu beachten sind:
Kompetenzträger: Hier geht es um die Ebenen Individuum, Gruppe und Organisation. Hinzufügen würde ich noch die Ebene Netzwerk.
Kompetenzart: Gemeint sind hier die Fachkompetenz, die Methodenkompetenz und die Sozial-/Persönlichkeitskompetenz . Wie Sie als Leser unseres Blogs wissen, gehe ich nach Erpenbeck/Heyse von Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition aus.
Anwendungsrahmen: Dieser Aspekt bezieht sich auf die drei Dimensionen Identifikation, Verteilung und Entwicklung. Kompetenzen sind also nicht fix, sondern relational entwickelbar.
Durch die drei Spannungsfelder entsteht eine dreidimensionale Abbildung, die einen ersten Einblick in die Dynamik des gesamten Systems gibt.
Weiterhin ist zu beachten, dass Kompetenz auf der organisationalen Ebene eher aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive, Ressource Based View, Kernkompetenzen usw.) und Kompetenz auf der individuellen Ebene eher aus der pädagogischen Perspektive (Selbstorganisiertes Lernen etc.) betrachtet wird. In einer Organisation sollte allerdings auf allen Ebenen ein stimmiges, einheitliches Verständnis von Kompetenz und Kompetenzmanagement vorhanden sein.
Öffentliche Verwaltungen haben vielschichtige Aufgaben zu bewältigen. Aufgrund unzähliger Gesetze, Verordnungen usw. der Europäischen Union, des Bundes, der Länder, der Bezirke, der Landkreise, der Städte und Gemeinden hat sich ein Umfeld ergeben, das den Bürgern, Unternehmen, Organisationen und der öffentlichen Verwaltung selbst, kaum noch Luft zum Atmen lässt.
Die kleinteiligen Regelungen, mit ihren Millionen Schnittstellen, haben wir uns in Deutschland selbst geschaffen. Vielen wird langsam aber sicher klar, dass die öffentliche Verwaltung in manchen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens einen Flaschenhals darstellt – Digitalisierung von Akten hin oder her.
Die Veröffentlichung GfWM (2025): Wissenstransfer und Onboarding in der öffentlichen Verwaltung ist eine Empfehlungen der GfWM-Fachgruppe Digitale Transformationsprozesse. In verschiedenen Beiträgen stellen Autoren der Fachgruppe theoretische Grundlagen und erfolgreiche Beispiele dar. Insgesamt sind das alles sehr sinnvolle Beiträge, um in Zukunft Verbesserungen in der öffentlichen Verwaltung anzustoßen.
Ich stelle mir zusätzlich folgende Fragen:
Was ist eigentlich aus den vielen Studien (zum Thema) aus der Vergangenheit (z.B. Studie aus 2013, oder länderspezifische Initiativen) geworden? Dort waren auch schon sehr viele Hilfsmittel bereitgestellt/veröffentlicht worden. Manche Vorlagen erinnern mich an ProWis, obwohl die Seite nicht speziell für die öffentliche Verwaltung ist.
Gehen alle Autoren vom selben Wissensbegriff aus? Wenn ja, von welchem? Arnold schlägt beispielsweise einen “neuen” Wissensbegriff vor.
Wenn der Wissensbegriff unklar ist, wie soll dann der Umgang mit Wissen, also auch ein Wissenstransfer gelingen?
Ist es möglich, sich auf “Wissenstransfer und Onboarding” zu konzentrieren, ohne ein geeignetes Wissenssystem mit heute sehr viel verteilten Wissensbeständen zu thematisieren?
Ist die Wissensbilanz (früher: Made in Germany) eine Möglichkeit, geeignete Ansatzpunkte (Projekte) für das jeweilige (kontextspezifische) Wissens-System zu finden, und damit Ressourcen zu sparen?
Von anderen Organisationen zu lernen, erscheint auf den ersten Blick eine wirkungsvolle Möglichkeit zu sein, organisationales Lernen zu unterstützen. Dabei ist Lernen der Prozess und Wissen das Ergebnis.
Betrachten wir in dem Zusammenhang die drei Möglichkeiten, Wissen zu artikulieren, zu kodifizieren und zu transformieren, so wird schnell deutlich, dass es schwierig ist, Wissen von einem Best Practice Unternehmen auf ein anderes Unternehmen zu übertragen.
“This leads to a discussion in organisational learning theory: that ‘best practices’ no longer represent ‘the golden standard’ to achieve successful learning across organisational boundaries. The logic is that best practices represent ‘false generalisations’ because best practices “(…) depend on the predictability and stability for the environment, and it is well known that the environment of alliances lacks both criteria” (Nielsen & Brix 2024).
Es ist dennoch erstaunlich, wie oft noch Best Practices verwendet werden. Durch das stark veränderte Umfeld haben sich manche Erkenntnisse aus der Vergangenheit (hier: Organisationale Lerntheorien) möglicherweise überholt.
Künstliche Intelligenz wird unseren individuellen Alltag, Unternehmen/Organisationen und letztendlich die gesamte Gesellschaft in verschiedenen Anwendungsformen immer stärker beeinflussen.
Dabei deutet sich in den Unternehmen/Organisationen eine interessante Entwicklung an.
Organisationen waren in den letzten 100 Jahren der Industrialisierung darauf fokussiert, ihre Prozesse (oftmals Routineprozesse) immer weiter zu optimieren, effektiver und effizienter zu machen. Diese Prozesslandschaften haben dann zu den bekannten Qualitätsmanagement-Systemen oder auch Projektmanagement-Systemen geführt. Gerade im Projektmanagement hat sich diese Vorgehensweise (Vorgehensmodelle) bei Projekten im Entwicklungsbereichen (Innovationen) zu einer Arbeitsform (Vorgehensmodell) entwickelt, die eher produktorientiert ist. Paradebeispiel dafür ist das Scrum-Framework mit den zu erzielenden Increments am Ende des Sprints oder das Minimum Viable Product (MVP), das wir aus dem Lean Start-up-Ansatz kennen.
Dieser Trend wird aktuell durch Künstliche Intelligenz scheinbar wieder umgekehrt. Wie kommt das?
Schauen wir uns einmal an, wie stark Künstliche Intelligenz den gesamten Lebenszyklus der Software-Entwicklung beeinflusst, so können wir erahnen, dass die Zyklen, in denen ein (Software-)Ergebnis (Increment, MVP) produziert werden kann, immer kürzer werden. Möglicherweise so kurz, dass es sich gar nicht mehr lohnt, den gesamten Scrum-Zyklus mit den vorgesehenen Artefakten und Events durchzuführen, und es zu einem kontinuierlichen Fluss an Ergebnissen (Produkten) kommt. In meinem Beitrag Künstliche Intelligenz: Wird Scrum durch den permanenten Fluss an Produkten zu Kanban? hatte ich das schon einmal angedeutet. Es freut mich daher, dass der Gedanke durchaus auch von anderen Autoren vertreten wird:
“Der Fokus essenzieller Design- und Architekturentscheidungen verschiebt sich in der Digitalisierung genau wie einst in der Industrialisierung von der Produktentwicklung hin zur Prozessentwicklung. Hier schließt sich auch der Kreis zu Scrum, denn zwei der wichtigsten Scrum-Pioniere Hirotaka Takeuchiund Ikujiro Nonaka kamen ursprünglich aus industriellen Produktions- und Innovationskontexten, nicht aus der Softwareentwicklung” (Immich, T.(2025): KI-Agenten Teil 2: Von der Produktentwicklung zur Prozessoptimierung, in Heise Online vom 27.05.2025).
Nicht alles, was in Organisationen so passiert, wird vom Management beachtet. Doch gibt es immer wiederkehrende betriebliche Probleme, die dann doch in den Fokus des Managements rücken. Oft kommen entsprechende Impulse/Hinweise aus den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, den KPIs. Die folgenden Punkte stellen dabei keine Rangfolge dar:
– Project teams exhibit slow progress due to insufficient collaboration among individuals or business units – Frequent reinvention of solutions due to inefficient information retrieval or lack of oversight – High rate of specialist retirements – Prolonged onboarding time for new employees – Need for upskilling through cross-domain knowledge or information transfer – Lack of comprehensive oversight for effective action Increasing complexity in process coordination due to insufficient communication between administrative units – Customers struggle to find answers independently, leading to excessive reliance on human support – Inefficient information retrieval – High turnover of knowledge workers Source: Kraus & Bornemann (2024)
Die Autoren argumentieren in ihrem Paper (Konferenzbeitrag), dass ein modernes Wissensmanagement dazu beitragen kann, die Aufmerksamkeit des Managements (C-Level) zu gewinnen, und dazu beiträgt, die genannten Probleme zu lösen / zu verbessern.