Warum kann es keine “endgültige” Problemlösung geben?

Wenn es um Probleme und deren Lösung geht, wünschen wir uns oft eine Art “endgültige” Lösung. Immerhin haben wir ja genug Probleme zu lösen und möchte, dass eines dann wenigstens erledigt ist. Doch in einer auf vielen Ebenen vernetzten Welt ist es nicht mehr so einfach in Ursache und Wirkung aufzuteilen, denn die Wirkung ist nicht abgeschlossen, sondern wiederum Ursache für den nächsten Problemlösungsprozess unter Unsicherheit.

“Da wir – wie uns  die Systemforschung lehrt – die Wirkungen einer Intervention grundsätzlich nicht auf gewünschte Wirkungen eingrenzen können, ist jede erreichte ´Problemlösung´ meist der Startschuss für das Aufkommen neuer Probleme. Die mühevoll erreichte Wirkung ist zugleich Ursache für neuartige systemische Störungen und neue Prozesse des Sich-Einpendelns und -Einschwingens der Gesamtlage. Ein Denken in endgültigen Lösungen ist deshalb unrealistisch, weil unsystemisch” (Arnold 2017).

Das ist für viele nicht einfach zu verarbeiten, und deshalb sind manche Menschen auch durch einfache Regeln oder auch Stammtischparolen beeinflussbar. Diese einfachen Parolen bieten allerdings nur vordergründig eine Art “Lösung” an, da dabei die Vernetzung mit anderen Problembereichen ignoriert wird – was nicht der Lebenswirklichkeit entspricht. Siehe dazu auch Ambiguität/Ambivalenz: Bewältigung von Unbestimmtheit und Mehrdeutigkeit.

Solche Zusammenhänge thematisieren wir auch in den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK). Informationen dazu, und zu aktuellen Terminen, finden Sie auf unserer Lernplattform.

Matthias Horx? So ein Quatsch! – Antwort auf ein Essay

Normalerweise sind meine Artikelüberschriften nicht so reißerisch, doch diesmal mache ich eine Ausnahme, denn Herr Horx hat in dem Essay “Energie 2030” (Die Welt vom 22.03.2011, S. 2) eine ähnlich martialische Formulierung in Bezug auf den vom Soziologen Beck etablierten Begriff der “Risikogesellschaft” verwendet. Manchmal fällt so etwas auf einen selbst zurück… Herr Horx setzt sich mit dem Thema Risiko in Verbindung mit der aktuellen Energiedebatte auseinander. Der Artikel strotzt nur so von Zukunftsvisionen, die als Fakten scheinbar unumstößlich sind: “Im Jahr 2030 wird der Weltenergiebefarf um 40 Prozent gestiegen sein. (…) Die Kernkraft wird durch Fukushima sicherer werden,(…). So wird das Restrisiko nie ganz verschwinden. Aber es wird immer kleiner”. Mich erinnern solche scheinbar klaren und eindeutigen Statements an Vorhersagen von Konjunkturprognosen, Finanzmarktentwicklungen, Wahlen, Wettervorhersagen usw., die oft daneben liegen – warum nur? Siehe dazu auch The Black Swan und Expect the Unexpected! Der Bezug zu Beck mit seinem Begriff “Risikogesellschaft” ist durchaus berechtigt, allerdings weist die Erläuterung von Herrn Horx darauf hin, dass er die Zusammenhänge wohl etwas eigenwillig und tendenziell interpretiert. Die von ihm angesprochenen Risiken sind im Sinne von Knight (Knight´sche Unsicherheit) quantifizierbar und beeinflussbar. Es geht hier allerdings auch um die dabei ignorierten Nebenfolgen mit ihren oftmals unabsehbaren (reflexiven) Einflüssen (Reflexive Modernisierung). Dieser Umgang mit Uncertainty, im Sinne einer positiven Grundeinstellung zur Bewältigung von Unsicherheit/Unbestimmtheit, kann durch den Menschen und weniger durch Technologie erfolgen. Die technologisch ausgerichtete Argumentation des Autors geht somit am Kern der Debatte vorbei. Man kann nur im Sinne der Artikelüberschrift antworten: So ein Quatsch! Es wundert mich doch ein wenig, dass Die Welt dem Autor fast eine 3/4-Seite zur Verfügung gestellt hat. Wenn ich allerdings an die heute stattfinden Landtagswahlen denke, wundert es mich dann doch nicht mehr: Honni soit qui mal y pense.

True uncertainty and not risk: Was heißt das?

Wenn man sich den Unterschied zwischen Risiken und der Knight´schen Unsicherheit (Unbestimmtheit) klar machen will, so ist es ratsam, sich das Original anzusehen. In Knight, F. H. (1921): Risk, Uncertainty and Profit formuliert Knight deutlich:

“It will appear that a measurable uncertainty, or ´risk´ proper, as we shall use the term, is so far different from an unmeasurable one that it is not in effect an uncertainty at all. We shall accordingly restrict the term “uncertainty” to cases of the non-quantitive type. It is this ´true´ uncertainty, and not risk, as has been argued, which forms the basis of a valid theory of profit and accounts for the divergence between actual and theoretical competitio”.

Diese Nicht-Quantifizierbarkeit ist ein wesentliches Kriterium der Knight´schen Unsicherheit und (wie hier argumentiert wird) hängt diese mit unternehmerischem Profit zusammen. Doch wie kann man mit solchen Knight´schen Unsicherheiten umgehen?

Der Mensch ist dazu in der Lage, es ist daher nicht verwunderlich, dass das Subjekt immer mehr in die betriebliche Organisation von Arbeit zurückkehrt – dabei spielen die Kompetenzen der Mitarbeiter eine zentrale Rolle. Siehe dazu auch Der Mensch als geistiges und praktisches Wesen und Multiple Kompetenzen

Unsicherheit und Unbestimmtheit akzeptieren?

In dem Interview “Konjunkturprognosen sind absurd” mit Prof. Homburg (SZ vom 11.05.2010, S. 26) geht es um den Unsinn von Konjunkturprognosen, die immer wieder gerne von der Politik instrumentalisiert werden. Herr Homburg verweist darauf, dass wir lernen müssen, “die Unsicherheit zu akzeptieren”. Aber wollen wir nicht alle “sichere Arbeitsplätze”, “sichere Renten” usw. Diese Klischees werden dann ja auch von der Politik bedient – auch wenn klar ist, dass man den Anforderungen nicht gerecht werden kann. Der Umgang mit Unsicherheit bzw. Unbestimmtheit ist darüber hinaus vom Umgang mit Risiken zu unterscheiden. In komplexen Situationen zeigen sich die Grenzen, der rationalen (scheinbar objektiven) Analyse. Wir sollten nicht krampfhaft an den Instrumenten der Industriegesellschaft festhalten, die rationale Beherrschbarkeit postuliert, sondern die Chancen der neuen Entwicklungen nutzen (Reflexive Modernisierung). Es stellt sich die Frage, wie Organisationen und Individuen in dem neunen Umfeld Handlungfähig bleiben können. Es geht um die Handlungsfähigkeit unter Unsicherheit/Unbestimmtheit. Diese Kompetenz geht über die oftmals propagierte Handlungskompetenz hinaus. Siehe dazu auch Mitchell/Streek (2009): Complex, historical, self-reflective. Expect the Unexpected!