Interessant: Weiterbildungsorganisationen als loose gekoppelte Systeme?

Weiterbildungsorganisationen haben sich in den 90er Jahren von “Institutionen” zu “Organisationen” entwickelt. [vgl. ausführlich Dollhausen 2022, gefunden in Lockstedt, M. 2022: Die agilen Strukturen der Weiterbildungsorganisationen – und ihre Grenzen. In: Hessischer Volkshochschulverband e. V. (hvv) (Hrsg.). Hessische Blätter für Volksbildung (HBV) – 2022 (2)]. Weiterbildungsorganisationen unterscheiden sich dabei von wirtschaftlichen Organisationen durch eine stärkere Umweltabhängigkeit. Die Kopplung mit der Umwelt ist dabei nicht starr, sondern sehr flexibel und beweglich. Diese Form der Kopplung hat Weick als loose Kopplung bezeichnet und beschrieben.

“Das Konzept der losen Kopplung wurde von Weick (2009) mit Bezug auf Bildungsorganisationen formuliert. Demnach sind Bildungsorganisationen als soziale Systeme aus Subsystemen zusammengesetzt, die zwar miteinander gekoppelt sind, wobei jedes Subsystem jedoch ein ´gewisses Maß an Eigenständigkeit aufweist und (…) ihre Verbindung als unregelmäßig, schwach in der gegenseitigen Beeinflussung, unwichtig und/oder langsam in der Reaktion beschrieben werden kann´ (Weick 2009, S. 88). Mit der Beschreibung des Konzepts von Bausteinen nimmt Weick weiter Bezug zu Simon (1978) und beschreibt damit die Eigenschaft der Zerlegbarkeit oder Zerfallbarkeit lose gekoppelter Systeme, womit einzelne Bausteine (Subsysteme) variabel auf- und wieder abgebaut werden können. Der darin liegende Vorteil wird in der Möglichkeit der Zerlegung komplexer Systeme in einzelne stabile Bausteine gesehen, die je zentrale Bestandteile der Organisation abbilden können und in ihren Operationen unabhängig vom Gesamtsystem bleiben” (ebd. S. 13).

Diese besondere Organisationsform führt auch dazu, dass sich eine “Agile Weiterbildungsorganisation” durchaus von einer eher “Agilen Wirtschaftsorganisation” unterscheidet. Siehe dazu auch Holokratie und die Struktur agiler (Wirtschafts-)Organisationen. In den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK) gehen wir auch auf diese Unterschiede ein. Informationen zu den Lehrgängen und zu Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Holokratie und die Struktur agiler (Wirtschafts-)Organisationen

Wenn man die Begriffe “Agilität” und “Agile Organisation” etwas genauer verstehen will, muss man sich tiefer mit ihren Ursprüngen und ihrer theoretischen Verortung befassen. Manchmal findet man gelungene Beschreibungen mit Quellenangaben in Artikeln, in denen man das so nicht vermutet.

“Das Agilitätskonzept geht auf das Konzept einer alternativen Hierarchie bzw. Holokratie zurück (vgl. Simon 1978). In diesem Konzept wird eine organisationale Steuerung beschrieben, die sich horizontal und mit einer Prioritätensetzung von innen nach außen vollzieht. Die Komplexität dieser Systeme gestaltet sich durch eine Unterteilung des Systems in Subsysteme, in denen die subsysteminterne Interaktion stärker ist als die Interaktion zwischen den verschiedenen Subsystemen bzw. zum Gesamtsystem. Komplexe Systeme bestehen folglich aus stabilen Teilsystemen, in die das System zerfallen kann, ohne dass die Operationsfähigkeit der einzelnen Teile grundlegend beeinträchtigt wird. Damit sind die Systeme in der Lage, schneller zu evolvieren, können also besser auf (äußere) Entwicklungen durch Anpassung reagieren (vgl. Simon 1978, S. 96–106). Eine holokratische Organisationsstruktur lässt sich nach Robertson (2015) in Form von konzentrischen Kreisen verdeutlichen, die mehrere Ebenen von innen nach außen bilden, auf denen sich die einzelnen Subsysteme respektive Teams oder Gruppen verteilen. Oestereich und Schröder (2019) entwickelten dieses Konzept zum kollegialen Kreismodell weiter. Es sei vorweggenommen, dass sie sich hierbei auf Wirtschaftsorganisationen beziehen, in denen das Ziel vorherrscht, einen von Kund*innen bezahlten Nutzen zu erbringen” [Lockstedt, M. 2022: Die agilen Strukturen der Weiterbildungsorganisationen – und ihre Grenzen. In: Hessischer Volkshochschulverband e. V. (hvv) (Hrsg.). Hessische Blätter für Volksbildung (HBV) – 2022 (2)].

Der Text weist hier auf einen interessanten Punkt hin: Agile Organisationen sollen den Kundenutzen erbringen. Was bietet der Ansatz “Agile Organisation” dann für nicht wirtschaftlich orientierte Organisationen wie NGOs oder einfach nur Weiterbildungsorganisationen? Müssen agile Ansätze für diese Organisationen modifiziert werden? In den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen Projektmanager/in (IHK) und Projektmanager/in AGIL (IHK) gehen wir auch auf diese Fragen ein. Informationen zu den Lehrgängen und zu Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.