Der Strukturbruch zwischen einfacher und reflexiver Modernisierung

Wenn von Modernisierung gesprochen wird, handelt es sich häufig um die einfache Modernisierung, die sich seit dem 18. Jh. abzeichnet. Diese einfache Modernisierung geht von stetigem Fortschritt, Beherrschbarkeit der Natur usw. aus. Diese “Basisselbstverständlichkeiten” werden allerdings in letzter Zeit immer häufiger infrage gestellt. Viele Beobachter der Entwicklung sehen sogar einen Strukturbruch im Übergang zu einer etwas anderen Modernen – der reflexiven Modernisierung. Seit 1999 gibt es das Sonderforschungsprogramm SFB 536, das sich genau mit dieser Thematik befasst. Hier einige Kernpunkte:

  • Zum einen ist in die Entwicklungsdynamik der Moderne ein nachhaltiger Kontingenzzuwachs eingebaut, der sich unter den Bedingungen der reflexiven Moderne in einer folgenreichen Vervielfältigung von Optionen niederschlägt. Soziale Strukturierungen vom individuellen Beziehungsnetz bis hin zum Nationalstaat erscheinen nicht mehr als fest und selbstverständlich, sondern werden auch als anders möglich, veränderbar und begründungspflichtig erfahren.
  • Zum anderen macht sich das Problem der Nebenfolgen sozialen Handelns verstärkt bemerkbar. Dass die Verfolgung jedes intendierten Ziels nicht intendierte Nebenfolgen nach sich zieht, ist keineswegs neu. Aber unter den Bedingungen der reflexiven Moderne verschiebt sich das Verhältnis zwischen intendierten Handlungen/Zielen und nicht intendierten Nebenfolgen in teilweise dramatischer Form. Denn die nicht intendierten Nebenfolgen konterkarieren die intendierten Absichten nicht selten in einer Weise, dass die Bearbeitung der Nebenfolgen mehr Aufmerksamkeit und Aufwand erfordert als das ursprüngliche Handlungsprogramm.
  • Vor diesem Hintergrund ist zugleich eine Krise der Rationalitätsunterstellungen und Rationalisierbarkeitserwartungen der einfachen Moderne zu beobachten. So kann offensichtlich nicht mehr davon ausgegangen werden, dass durch mehr Wachstum, Wissen und soziale Differenzierung die gesellschaftliche Strukturierung immer eindeutiger und sicherer wird. Statt dessen wird deutlich, dass die Moderne angesichts der Erfahrungen von Kontingenz und Nebenfolgen eher uneindeutiger und unsicherer wird, und es ist genau dieser Prozess, der trotz oder gerade wegen eines unabweisbaren Zuwachses an Steuerungswissen die bisherigen “linearen” Rationalisierungs- und Ausdifferenzierungsvorstellungen in Frage stellt.

Die meisten Individuen, aber auch Organisationen, gehen immer noch von einer einfachen Modernisierung aus, und wundern sich, dass ihr Antwortverhalten nicht mehr zur der Realität passt. Machen Sie sich also diesen Strukturbruch klar, um für sich angemessene Handlungsweisen abzuleiten.

Deklaratives Wissen (Faktenwissen) und Expertenwissen: Gibt es Unterschiede?

Um die Frage in der Überschrift gleich zu beantworten: Ja, es gibt sehr wohl Unterschiede (Siehe Steiner 2000:136ff.). Deklaratives Wissen ist im Allgemeinen Faktenwissen, das man sich aneignet, wenn man ein neues Wissensgebiet erschließen möchte. Wenden Sie dieses Wissen nicht an (Angewandtes Wissen), vergessen Sie davon recht schnell sehr viel… Was glauben Sie, in welche Kategortie gehört das Wissen, das Sie sich z.B. während des Studiums angeeignet haben. Genau: Faktenwissen. Erpertenwissen bedeutet nach Frensch/Sternberg (1989), dass Sie in einer bestimmten Domäne gute Leistungen erbringen. Dazu bedarf es nach Norman (1981) ca. 5.000 Stunden – beachtlich. Faktenwissen ist also eine wichtige Voraussetzung um dann angewandtes Wissen und letztendlich Expertenwissen zu konstruieren. Faktenwissen reicht also bei weitem nicht aus, um in einer bestimmten Domäne gute Leistungen zu erbringen. Siehe dazu auch Wissensmanagement und Wissensbilanz – Made in Germany

Was hat das Städte-Ranking mit Wissen zu tun?

Das aktuelle Städte-Ränking (Hinweis in der Süddeutschen Zeitung) wurde vom Feri-Institut im Auftrag des Magazins Capital erstellt. Das Ranking zeigt, welche Städte sich in Deutschland von 2006-2015 positiv (bzw. nicht so positiv) entwickeln. Interessant dabei ist eine Anmerkung zu Münster (Platz 3), die darauf verweist, dass gerade Hochschulstädte im Ranking Boden gut gemacht und (man höre und staune) “traditionell wirtschaftsstarken Ballungszentren verdrängt” haben. Es ist offensichtlich, wie wichtig Wissen als Wirtschaftsfaktor geworden ist. Dennoch habe ich den Eindruck, dass immer noch zu sehr in die Infrastruktur der Industriegesellschaft investiert wird anstatt auch in die Infrastruktur einer eher wissensbasierten Gesellschaft zu investieren. Wissen wird von Menschen konstruiert. Dieser Satz bedingt, dass ein Umfeld geschaffen werden sollte, dass dies ermöglicht. Wenn man dann noch die individuellen Stärken berücksichtigt und Unterschiede als Chance betrachtet, ergeben sich zwangsläufig Ansätze für eine entsprechende wissensbasierte Infrstruktur. Möglicherweise sogar mit Hilfe der Wissensbilanz – Made in Germany? Aber wer will das schon? Unsere Politiker scheinbar nicht. Machen wir es eben selbst…

Chen/Moran/Gardner (Eds.) (2009): Multiple Intelligences around the world

Das neue Buch Chen/Moran/Gardner (Eds.): Multiple Intelligences around the world ist soeben veröffentlicht worden. In dem Buch erläutert Howard Gardner zunächst die Geschichte der Multiple Intelligenzen Theorie, wobei er auch auf die vorhandenen Fehlinterpretationen eingeht. Klicken Sie doch einfach auf den angegebenen Link und blättern Sie in den ersten Seiten des Buchs, Sie werden dort einige interessante Informationen finden. Die Multiple Intelligenzen Theorie ist weltweit beachtet und umgesetzt worden, dennoch: Da sie eine Erweiterung des vorherrschenden Intelligenz-Konstrukts “Intelligenz-Quotient” vorschlägt ist klar, dass aus dieser Ecke starke Kritik an der Multiplen Intelligenzen Theorie kommt. Entscheidend wird sein, welcher Ansatz eine bessere Passung zu allen anderen Debatten (Wissensdebatte, Kompetenzdebatte, usw.) bietet. In meiner Dissertation analysiere ich beispielsweise das Konzept der Multiplen Kompetenz, das sich auf die Multiple Intelligenzen Theorie stützt. Auch in dem von mir initiierten EU-Projekt MIapp (2004-2006) konnten wir zeigen, dass die Multiple Intelligenzen Theorie in Europa von vielen Schulen, aber auch von Unternehmen (Danfoss Universe) umgesetzt wird. In Deutschland zeigt die von mir angefangene MI-Map (Karte) verschiedenen Aktivitäten. Mal sehen, was sich in den kommenden Jahren noch so alles bewegen wird…

Kennen Sie Ihren Lernstil?

Lernen ist wichtig, doch wissen Sie, wie Sie lernen, bzw. welchen Lernstil Sie haben? Privat- personen, aber auch Unternehmen, wissen häufig nur, was gelernt wurde (werden sollte), allerdings nicht, wie gelernt wurde. Oftmals muss ich feststellen, dass Unternehmen hier Potential verschenken. Was wäre, wenn Führungskräfte wüssten, wie ihre Mitarbeiter lernen…? Kann man den Lernstil online testen? Prof. Röll ist der Meinung, dass es durchaus Sinn macht, seine Lernstilpräferenzen online zu analysieren: Lernstil-Test online. Dabei wird zwischen Typen unterschieden (Siehe Grafik). Ich stelle mir nur die Frage: Wenn lernen situiert ist, muss denn dann nicht auch der Kontext in dem der Lernenprozess abläuft berücksichtigt werden? Der Begriff des Stils bezeichnet nach Aissen-Crewett (1998) eine generelle Zugriffsweise, wobei Multiple Intelligenzen eher den Umgang mit spezifischen Inhalten meint – somit kontextspezifischer ist. Siehe dazu ausführlicher Multiple Intelligenzen und Fähigkeiten/Fertigkeiten, Lernstilen, Wissen, Kompetenz

Projektmanager (IHK): Beurteilung des Blended-Learning Lehrgangs durch Teilnehmer

Der Blended-Learning Lehrgang Projektmanager (IHK) wurde am 03.07.2009 durch einen Teilnehmer (eine Teilnehmerin) sehr ausführlich beschrieben: Projektmanager (IHK): Ein Lehrgang, der sich wirklich gelohnt hat. Es freut mich natürlich sehr, dass der gesamte Lehrgang so positiv eingeschätzt wurde. Falls Sie sich näher mit dem Lehrgang befassen wollen, so finden Sie im Flyer (pdf) weitere Informationen und auf der Seite Termine Angebote in Ihrer Nähe.

Kritik am Wertansatz der Kultur: Die Beziehung von Werten und Normen

Vor der Bundestagswahl, aber auch vor anderen Wahlen, kommen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Ecken Standpunkte zur Rolle der Kultur – manche sprechen sogar von einer Art “Leitkultur”. Dieser Ansatz unterstellt, dass Kultur handlungsleitend sein kann. Das klingt auch zunächst logisch und schlüssig… doch es gibt dagegen auch erhebliche Bedenken. Swidler (1986) führt dazu aus: “Das herrschende Modell, das benutzt wird, um die Wirkungen von Kultur auf das Handeln zu verstehen, ist grundlegend irreführend. Es nimmt an, daß Kultur das Handeln formt, indem sie höchste Ziele oder Werte, an denen sich das Handeln ausrichtet, zur Verfügung stellt, was die Werte zum zentralen, kausalen Element von Kultur macht”. In die gleiche Richtung argumentiert DiMaggio (1997) und ergänzt: “Wenn wir anerkennen, dass Kultur inkonsistent ist… wird es entscheidend, Einheiten für Kulturanalysen zu identifizieren und die Aufmerksamkeit auf die Beziehungen zwischen diesen zu richten. In der Folge sind unsere Ergebnisse nicht länger Indikatoren einer latenten Variable (Kultur)”. Beide Quellen argumentieren gegen eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Kultur und einem Handeln, das auf Kultur zurückzuführen ist. Kultur ist wie so viele andere Begriffe auch ein Konstrukt, das gerne auf eine vereinfachende Formel gebracht wird, um Stammtische vor Wahlen zu bedienen. Dieser Reduktionismus der komplexen Zusammenhänge ist nicht förderlich, und sollte unterlassen werden (Komplexität) Genau so wie es unsinnig ist, Unternehmen auf eine Zahl zu reduzieren (Shareholder-Value) oder Intelligenz in einer Zahl zu beschreiben (Intelligenz-Quotient:IQ) ist es auch nicht mehr zeitgemäß Kultur auf eine handlungsleitende Dimension zu reduzieren. Konzentrieren wir uns in der Debatte um den Begriff Kultur darauf anzuerkennen (wie DiMaggio es nennt), “dass Kultur inkonsistent ist”. Daraus ergeben sich natürlich viele neue Perspektiven, die manchen Politikern nicht gefallen werden, allerdings der komplexen Wirklichkeit eher entsprechen, als dumpfe Stammtischparolen…

Gedanken zum Problemlösen

Probleme lösen zu können ist für uns persönlich, aber auch für Unternehmen wichtig. In letzter Zeit fällt allerdings auf, dass der Begriff “Problemlösen” unterschiedlich verwendet wird. Funke unterscheidet dazu das einfache Problemlösen (Simple Problem Solving) und das komplexe Problemlösen (complex problem solving). Beim einfachen Problemlösen sind Ist- und Soll-Zustand gut beschreibbar. Durch planbares Vorgehen ist der Soll-Zustand dann mehr oder weniger gut erreichbar. Komplexes Problemlösen ist anders, denn die Ausgangszustände sind nicht so eindeutig beschreibbar und auch der Weg zum Ziel ist vielfältig und schwierig. Bamberger/Wrona (2000:6) formulieren das so: “Sie stellen Entscheidungen unter Unsicherheit dar und werden auch als sog. Multi-Kontext-Probleme derart bezeichnet, dass sie in unterschiedlichen, jeweils aktorspezifischen Kontexten definiert bzw. expliziert werden“. Die Gesamtsituation kann man als komplex bezeichnen. Komplexität begegnet man mit Selsbtorganisation – die Fähigkeit zur Selbstorganisation ist somit ein Kernelement komplexen Problemlösens. Damit sind wir allerdings auch schon beim Begriff “Kompetenz”, den Erpenbeck als Selbstorganisationsdisposition beschreibt. Berücksichtigt man weiterhin, dass Problemlösen auch mit Intelligenz in Verbindung gebracht wird, so stellt sich die Frage, wie Intelligenz mit Problemlösen zusammenhängt. Ceci und Kollegen haben herausgefunden, dass es keine Korrelation zwischen dem komplexen Probelemlösen und dem IQ gibt (vgl. dazu auch Funke). Was es allerdings gibt, ist eine Verbindung zwischen Multiplen Intelligenzen und dem komplexen Problemlösen (Ceci, Funke). Es scheint so zu sein, dass die Multiple Intelligenzen Theorie eher in der Lage ist, komplexes Problemlösen zu ermöglichen und zu unterstützen. Diesen Gedanken greife ich in meiner Dissertation (Promotionsvorhaben) auf. Siehe dazu auch Intelligenz-Quotient (IQ) aus Sicht der Komplexitätsforschung oder Psychologie der Kreativität oder Alfred Binet – oder der erste Intelligenztest der Welt

Was sind eigentlich die Erfolgsfaktoren von Netzwerken?

Wir leben in einer vernetzten Welt – klar. Alle sind Netzwerker – logisch. Beziehungsnetzwerke schaden nur dem, der keine hat – natürlich. Doch was sind die Erfolgfaktoren von Netzwerken? Bei Denison/Grohmann (2009:431) werden folgende Punkte genannt: Vertrauen zwischen den Mitgliedern, Reziprozität, Homogenität der Mitglieder innerhalb eines Netwerks, Unterstützung der Mitglieder untereinander, Commitment zum Netzwerk und weitere Rahmenbedingeungen wie optimale Größe und Stabilität. Zu allen Punkten kann die Multiple Intelligenzen Theorie einen Beitrag leisten. Beispielsweise beschreibt Joyce Martin (2006) in einem Artikel den Zusammenhang zwischen der Multiple Intelligenzen Theorie und Vertrauen. Siehe dazu auch Es gibt kaum noch eindeutige Grenzen von Unternehmen, warum nur? oder Analyse informeller Kommunikationsnetzwerke