9 Anzeichen für einen falschen Umgang mit Komplexität im Unternehmen

In unserem Blog habe ich schon oft über komplizierte und komplexe Aufgabenstellungen geschrieben. Siehe dazu beispielsweise Was sind Eigenschaften von komplexen Aufgabenstellungen? oder Alle reden über Komplexität, doch wer kennt schon Bifurkationspunkte?

Je vernetzter die Strukturen einer Organisation (innen und außen) sind, um so höher ist der Grad an Komplexität. Dabei unterliegen viele einem Irrtum, denn der Begriff „komplex“ ist keine Steigerungsform von „kompliziert“. Interessant ist, dass es durchaus Anzeichen für den falschen Umgang mit Komplexität in Unternehmen git. Dazu habe ich folgendes gefunden:

9 Anzeichen für einen falschen Umgang mit Komplexität im Unternehmen:

(1) Bekämpfung der Symptome anstelle der Ursachen
Es wird immer nur das repariert, was gerade hakt. Eine Suche nach der Ursache hinter dem
Symptom findet nicht statt. Symptom und Problem werden gleichgesetzt.

(2) Übergeneralisierung
Wenige (oft unzusammenhängende) Ereignisse führen zu allgemeinen Regeln und Schlussfolgerungen für ähnliche Situationen in der Zukunft.

(3) Methodengläubigkeit
Um Fehler künftig zu vermeiden und Unwägbarkeiten „bestimmbar“ zu machen, sucht man ständig nach neuen Methoden oder überarbeitet die bestehenden.

(4) Projektmacherei
„Wenn du nicht mehr weiterweißt, bilde einen Arbeitskreis.“ Sobald Aufgaben nicht mehr leicht zu lösen sind, werden Projekte initiiert.

(5) Betriebsame Hektik
Gerade wenn Aufgaben unlösbar erscheinen und der Überblick fehlt, wird viel „gearbeitet“ und wenig übers Handeln kommuniziert und reflektiert.

(6) Denken in „kurzen Laufzeiten“
Bei Entscheidungen wird nur der direkte Wirkzusammenhang in der nahen Zukunft betrachtet, ohne die zeitlich verzögerten Effekte zu berücksichtigen. Der Zeithorizont wird dabei meist durch Rahmenbedingungen (Projektlaufzeit, Zeitvertrag, Berufung Aufsichtsrat usw.) bestimmt, die mit dem System nichts zu tun haben.

(7) Schutz des mentalen Modells vor der Welt
„Das, was ich denke, ist richtig!“, ist eine verbreitete Überzeugung.

(8) Feedback wird weder gehört noch verstanden
Der wichtigste Regelungsmechanismus für komplexe Systeme wird nicht verwendet. Man überhört jede Form von Kritik, Bestätigung, Ideen, Hinweisen und schwachen Signalen und nichts davon findet Eingang in das System.

(9) Mangelndes Systemdenken:
Gedacht, diskutiert und geplant wird in linearen Kausalzusammenhängen, ohne Wechselwirkungen zu betrachten. Der Fokus liegt auf Details, das Big Picture bleibt außen
vor.

Quelle: Stephanie Borgert (2015) : Irrtümer der Komplexität. Gabal, Offenbach.

Kontextorientierte Innovationstrategie in Zeiten von Künstlicher Intelligenz

Innovation ist ein wesentliches Element für den Wohlstand einer Gesellschaft – nicht nur für einzelne Unternehmen. Diese orientieren sich in ihren Strategien oft auf Technik (technikorientiere Innovationsstrategie) und auf Kunden (kundenorientierte Innovationsstrategie). Beide Perspektiven sollten durch ein Denken in Kontexten ergänzt werden.

“Eine kontextorientierte Innovationsstrategie versucht daher, nutzerorientierte Lösungsansätze für die Bewältigung und Entlastung von Alltagskomplexität in innovative Produkte und Dienstleistungen zu übersetzen. (…) Eine kontextorientierte Strategie ist von der Perspektive her langfristig orientiert, verbindet technologisches Wissen mit den jeweiligen soziokulturellen Anwendungskontexten und trägt insofern der rekursiven Beziehung von Innovation und Bedürfnis Rechnung. Dabei zielt eine kontextorientierte Innovationsstrategie letztlich auf Differenzierung am Markt, denn »the essence of strategy is […] choosing to perform activities differently or to perform different activities than rivals« – und damit auf langfristiges Überleben am Markt (Porter 1996, 64)” Quelle: Burmeister et al. (2006): Innovation im Kontext: Ansätze zu einer offenen Innovationsstrategie, in Drossou (2006).

Gerade in Zeiten von Künstlichen Intelligenz werden oftmals nur die Dimensionen “Technik” und “Kunde” thematisiert und zu wenig der gesellschaftliche Kontext von Innovationen mit bedacht. Die ersten beiden Dimensionen sind eher kurzfristig, die kontextorientierte Innovationsstrategie eher langfristig ausgerichtet. Gerade dieser Punkt ist für eine gesellschaftliche Entwicklung wichtig, die alle Menschen mit einbezieht.

Diese Gedanken passen gut zu dem in Japan vorgestellten Ansatz einer Society 5.0.