Vernetztes Denken spielerisch erlernen und in allen Bereichen der Gesellschaft nutzen

Liest man tagtäglich Zeitungen, sieht fern, surft im Netz oder hört Radio, so fällt auf, dass immer wieder einfache Zusammenhänge dargestellt werden. Klimaerwärmung? Klar das Auto ist schuld. Finanzmarktkrise? Klar die Banker sind schuld. Es ist doch alles so einfach. Es gibt eine Wirkung und schwupps, hier ist die Ursache. Doch die Realität ist komplexer, es gibt viele Verbindungen und Verzweigungen in einer globalisierten Welt, die man auf den ersten Blick nicht erkennt (Komplexität). Es ist deshalb sehr erfreulich, wenn schon in jungen Jahren mit dem vernetzten Denken nach Frederik Vester begonnen wird. Mit der rundbasierten Simulation ecopolicy® können Schüler spielerisch die Zusammenhänge erkunden und dabei für die Zukunft wichtige Erkenntnisse gewinnen. Professor Malik erläutert die Kraft des vernetzten Denkens und verweist darauf, dass die Fähigkeit, vernetzt zu denken “die wichtigste Eigenschaft für eine funktionierende Gesellschaft des 21. Jahrhunderts” ist – auch für Fühungskräfte, Politiker (Siehe Verein der Versager) usw. Die Vernetzung ist auch Bestandteil der Wissensbilanz – Made in Germany. Beim Wirkungsnetz bezieht sich das Strukturmodell ausdrücklich auf Vester…

Kommt es zu einer Entgrenzung wirtschaftswissenschaftlicher Theorien?

DIE ZEIT hat in der Ausgabe vom 12.05.2010 unter dem Titel “Gier frisst Verantwortung” (Uwe Jean Heuser, S. 53) zwei wichtige Bücher zur aktuellen Krise vorgestellt. Es handelt sich um Stiglitz, J. E. (2010): Im freien Fall und um Roubini/Mihm (2010): Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft. Die große Bekanntheit der Autoren lässt auf neue Erkenntnisse hoffen. Der ZEIT-Artikel stellt beide Bücher sehr gut gegenüber.  Interessanterweise findet sich auf der genannten Seite auch ein Hinweis auf Schmidt, S. (2010): Markt ohne Moral. Gerade in Zeiten des Booms hat man im Finanzsystem keine Moral gekannt. Jetzt, da viele Wetten geplatzt sind, wird wieder von Moral gesprochen. Wer weiß wie lange noch. Die Krise an den Finanzmärkten hat gezeigt, dass die allseits beliebten Pole (Markt-Staat, Gewinn-Moral, Arbeit-Freizeit, usw.) nicht mehr gelten. Es kommt zu einer Entgrenzung der jeweiligen Positionen (Dichotomien) und somit eher zu vielfältigen Optionen in einer globalisierten Welt. China z.B. zeigt, dass man in einem “politisch-totalitären” System, marktwirtschaftliche Strukturen ermöglichen kann. In Europa und in den USA reden sogar Politiker, die eher “rechts” stehen, von staatlichen Eingriffen in das ach so hoch gelobte marktwirtschaftliche System. Die Theorie der reflexiven Modernisierung kann Hinweise darauf geben, wie diese Entwicklungen zu erklären sind. Interessanterweise kommen die guten Ansätze weniger aus den Wirtschaftswissenschaften, sondern eher aus der Soziologie. Viele Soziologen finden allerdings nach ihrem Studium kaum eine Anstellung (im Gegensatz zu BWLer…). Es wäre gut, wenn Politiker/Banker usw. einmal mit Geisteswissenschaftlern reden würden. Es ist kein Wunder, dass die Wirtschaftssoziologie in den letzten Jahren immer stärker beachtet wird (Smelser, Swedberg,…).

Unsicherheit und Unbestimmtheit akzeptieren?

In dem Interview “Konjunkturprognosen sind absurd” mit Prof. Homburg (SZ vom 11.05.2010, S. 26) geht es um den Unsinn von Konjunkturprognosen, die immer wieder gerne von der Politik instrumentalisiert werden. Herr Homburg verweist darauf, dass wir lernen müssen, “die Unsicherheit zu akzeptieren”. Aber wollen wir nicht alle “sichere Arbeitsplätze”, “sichere Renten” usw. Diese Klischees werden dann ja auch von der Politik bedient – auch wenn klar ist, dass man den Anforderungen nicht gerecht werden kann. Der Umgang mit Unsicherheit bzw. Unbestimmtheit ist darüber hinaus vom Umgang mit Risiken zu unterscheiden. In komplexen Situationen zeigen sich die Grenzen, der rationalen (scheinbar objektiven) Analyse. Wir sollten nicht krampfhaft an den Instrumenten der Industriegesellschaft festhalten, die rationale Beherrschbarkeit postuliert, sondern die Chancen der neuen Entwicklungen nutzen (Reflexive Modernisierung). Es stellt sich die Frage, wie Organisationen und Individuen in dem neunen Umfeld Handlungfähig bleiben können. Es geht um die Handlungsfähigkeit unter Unsicherheit/Unbestimmtheit. Diese Kompetenz geht über die oftmals propagierte Handlungskompetenz hinaus. Siehe dazu auch Mitchell/Streek (2009): Complex, historical, self-reflective. Expect the Unexpected!

Kultur- und Kreativwirtschaft: Was ist damit gemeint?

Auf der Website Kreativwirtschaft Deutschland erfährt man etwas über die Abgrenzung der jeweiligen Begriffe: “Kultur- und Kreativwirtschaft meint demnach alle Aktivitäten zur Herstellung und zum Vertrieb von Kulturprodukten mit dem Ziel Geld zu verdienen”. Weiterführend wird auf diesen Beitrag verwiesen. Weiterhin wird auf die Unterschiede zwischen Kultur- und Industriegüter hingewiesen, wobei diese Dichotomie aus der Sicht einer reflexiven Modernisierung kritisch gesehen werden muss.  Die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung zählt fast 5 Mio. Menschen zur Kultur- und Kreativwirtschaft (Weitere Fakten) und verweist deutlich auf die wirtschaftlichen Effekte. Die deutsche Bürokratie benötigt wohl immer noch (ganz im Sinne von Max Weber) genaue Zuständigkeiten (Kompetenzen der Bürokratie). Man liest auch etwas von “innovativen kleinen Kulturbetrieben”… Es ist gut, wenn es Initiativen gibt, die auf immaterielle Dimensionen hinweisen. Dabei ist allerdings nicht so klar, wie sich diese Themen von der propagierten Wissensökonomie unterscheiden. Ist kreative, kulturelle Arbeit Wissensarbeit? Wenn es das Ziel ist, aus der Kreativität heraus Geld zu verdienen (Siehe oben), stellt sich natürlich weiterhin die Frage, ob es sich nicht um Innovationen handelt – also um die Umsetzung der kreativen Ideen. Im “Zeitalter der Nebenfolgen” und dem “Wegfall der Rationalisierungsunterstellungen” sollte eine mehrdimensionale/multiple und komplexe Sicht zugelassen werden. Benötigen wir immer neue Schubladen, oder immer mehr Entgrenzungen?

C. K. Prahalad

Das Video zeigt C. K. Prahalad, der am 16.04.2010 verstarb. Prahalad ist vielen als Vordenker zu Kernkompetenzen bekannt. In den letzten Jahren hat er sich verstärkt dafür eingesetzt, Innovationen für die vielen Milliarden Menschen zu entwickeln, die sich die teuren Produkte der sogenannten “entwickelten Welt” nicht leisten können. Bottom of the Paramid wird diese Zielguppe genannt, die nach der Auffassung von Prahalad dringend Innovationen benötigt. Vor vier Jahren ist sein entsprechendes Buch auch in deutscher Sprache erschienen Prahalad, C. K. (2006): Der Reichtum der dritten Welt. In meinen Forschungsarbeiten habe ich mich häufig auf Prahalad bezogen, wenn es um die Kompetenzdebatte ging. In den letzten Jahren beschäftigt mich allerdings immer mehr der Gedanke Bottom of the Pyramid. Es trauern ganz sicher viele Menschen “am unteren Ende der Pyramide” um einen wichtigen Vordenker unserer Zeit: C. K. Prahalad. Es bleibt zu hoffen, dass seine Ideen von vielen Menschen weiterentwickelt und umgesetzt werden.

Hardt, M.; Negri, A. (2010): Common Wealth. Das Ende des Eigentums

Nach der Finanzmarkt- und der sich daraus entwickelnden Wirtschaftskrise ist es mal wieder an der Zeit darüber nachzudenken, ob unser aktuelles Wirtschaften noch angemessen ist. In dem Buch Hardt, M.; Negri, A. (2010): Common Wealth. Das Ende des Eigentums beschreiben die Autoren einen Alternativentwurf, der zumindest zum Nachdenken anregt. Immerhin geht es um eine “menschlichere Alternative des Zusammenlebens”. Fragt man sich natürlich sofort, was für eine Art des Zusammenlebens zur Zeit wohl noch überwiegt? Die verschiedenen Krisen der Vergangenheit haben auch gezeigt, dass sich zunächst nicht sehr viel ändert, obwohl Politiker permanent davon reden. Dennoch kommt der Wissenschaft in gesellschaftlichen Transformationsprozessen (Refexive Modernisierung) alternative Deutungsmuster aufzuzeigen. Immerhin der erste Schritt bei Veränderungsprozessen… Siehe dazu auch Fritz Böhle: Der Mensch als geistiges und praktisches Wesen

Komplexität im Unternehmen als Kopierschutz?

Komplexität ist ein Begriff, den viele Manager nicht so gerne hören, denn Sie denken dabei an Chaos und Unkontrollierbarkeit. Da Manager gerne “alles unter Kontrolle” haben wollen, versuchen sie oft, Komplexität zu reduzieren. Das führt allerdings häufig zu verkürzten und realitätsfernen Entscheidungen. In dem Artikel Chaos im Kinderzimmer (FTD vom 01.04.2010) bedient der Redakteur die eingangs erwähnten Assoziationen der Manager und entwickelt daraus eine entsprechende Überschrift. Diese wird allerdings dadurch nicht passender, denn im Artikel geht es um komplexe Geschäftsprozesse in Unternehmen und weniger um Chaos. Der Redakteur sollte sich mit den Begriffen ein wenig genauer auseinander setzen und weniger auf Effekthascherei aus sein (Oder ist die Überschrift etwa als Aprilscherz gemeint?). Empfehlenswert ist in dem Zusammenhang z.B. Kappelhoff, P. (2003): Chaos und Komplexitätstehorie. Im Kontext eines Unternehmens geht es auch nicht um Komplexität allgemein, sondern um die Komplexität sozialer Systeme. Bemerkenswert ist in dem FTD-Artikel ein Satz von Prof. Wrona: ” Weil Außenstehende die genauen Erfolgsfaktoren des Unternehmens nicht entschlüsseln können, fungiert die Komplexität als Kopierschutz.”  Dabei bezieht Prof. Wrona sich auf das Unternehmen Apple Inc. Komplexität im Unternehmen zulassen, um nicht so leicht kopiert werden zu können? Der Umgang mit Komplexität im Unternehmen als Alleinstellungsmerkmal? Das bedeutet allerdings ein Management durch Komplexität. Doch wer kann das schon?

Fritz Böhle: Der Mensch als geistiges und praktisches Wesen

Der Vortrag Böhle, F. (2006): Der Mensch als gesitiges und praktisches Wesen (Video, Ringvorlesung mit Folien) hat den Untertitel “Verborgene Seiten intelligenten Handelns”. Der Autor weist sehr überzeugend darauf hin, dass die klassischen Unterscheidungen Mensch vs. Natur, geistige Arbeit vs. körperliche Arbeit usw. obsolet geworden sind. Experten beispielsweise nutzen für die Problemlösung oftmals ihr “Gespür”, oder man sagt, sie haben einen “guten Riecher” für die Situation gehabt. Gerade in komplexen Problemlösungssituationen zeigen sich Grenzen der rationalen, scheinbar objektiven Analyse. Es kommt dann stattdessen auch auf die subjektiven Eigenschaften eines Menschen an. Dieses sowohl-als-auch mit ihren vielfältigen Rückkopplungen sind der Schlüssel zur Bewältigung von Unbestimmtheit/Unsicherheit. Es wird Zeit, dass das Menschenbild entsprechend erweitert wird. Siehe dazu auch Multiple Intelligenzen oder Multiple Kompetenzen.

Die „Rückkehr des Subjekts“ in die betriebliche Organisation von Arbeit

Dass man die „Rückkehr des Subjekts“ in die betriebliche Organisation von Arbeit (Moldaschl 2002, Sauer 2005) überhaupt hervorheben muss, ist schon erstaunlich. In den Unternehmen werden über die objektiven Qualifikationsanforderungen hinaus “extrafunktionale” Qualifikationen (z.B. sozial-kommunikative und kreative Kompetenzen) erwartet, die dem Subjekt entspringen (vgl. Frey 2009:20). Die bisher vorherrschende Vorstellung, dass berufliche Qualifikation ausreicht, um sich in dem turbulenten Marktumfeld zu beweisen, ist zu ergänzen. Formale Qualifikationsnachweise reichen heute einfach nicht mehr aus. Die “ganze” Person mit ihrer besonderen Biographie ist gefordert. Eine Diskussion über die Austauschbarkeit von Mitarbeitern läuft somit ins Leere.

Unternehmen als sozialer Organismus – Unsinn, oder?

Das Bild vom Unternehmen als Maschine hat ausgedient. Andere Methaphern werden gesucht. Dabei kommt der Begriff ´Organismus´ häufig vor. In dem Interview Reflexion statt Gehirnwäsche (wiwo.de, 18.02.1010) mit Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Telekom, wird darauf Bezug genommen: “Ich muss verstehen, dass Unternehmen nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern soziale Organismen sind. Die Zahlen kommen am Schluss, sind das Ergebnis sozialen Handelns oder psychologischer Wirkung. Ich muss wissen, dass ich als Manager Teil dieses Organismus bin”. Diese Erkenntnis ist erstaunlich und folgenreich. Ein Unternehmen ist somit nicht nur ein Organismus, sondern ein sozialer Organismus. Diese kleine Ergänzung hat weitreichende Folgen, denn die sozialen Prozesse mit ihrer Komplexität kommen damit stärker in den Fokus der Manager  Die Telekom hat sich damit eine große Aufgabe gestellt: Man wird versuchen, die bestehenden Deutungsmuster der Mitarbeiter zu transformieren – immerhin eine zentrale Aufgabe von Erwachsenenbildung. Hätte man das gedacht, dass das harte Business sich auf die weichen sozialen Austauschprozesse reduzieren lässt…? In Zeiten einer neuen Modernität (Reflexive Moderne) ist diese Erkenntnis allerdings notwendig, um das Handeln unter Unsicherheit zu fördern. Siehe dazu auch Complex, Historical, Self-Reflexive: Expect the Unexpected.