Schwarm Intelligenz: Sonderheft 08/2007 des National Geographic

nav_titel.jpgÜber den Beitrag von Peter Müller Weisheit der Winzlinge (12.08.2007, SPIEGELONLINE) bin ich auf das Sonderheft 08/2007 des National Geographic aufmerksam geworden, in der es in der Titelstory um Schwarm Intelligenz geht: Was wir von Tieren lernen können. Es geht in dem Sonderheft also vornehmlich um die Schwarm Intelligenz bei Tieren. Das bekannteste Beispiel ist das von Ameisen, die in großen Gruppen komplexe Probleme lösen können. Auf der englischsprachigen Seite findet man tolle Fotos zu Swarm Behavior: “A single ant or bee isn’t smart, but their colonies are. The study of swarm intelligence is providing insights that can help humans manage complex systems.” Es gibt durchaus einen starken Trend, die Erkenntnisse aus der Tierwelt auf menschliches Verhalten zu übertragen. Diese Effekte könnten in der aktuellen Intelligenzdebatte (Multiple Intelligenzen), in der Kompetenzdebatte (Selbstorganisationsdispositionen) und bei Open Innovation (Interaktive Wertschöpfung) hilfreich sein. Siehe dazu auch die Blogbeiträge Was ist nun wieder Crowdsourcing? und Open Innovation, Crowdsourcing, Swarm Intelligence usw. oder einfach nur Soziologie?

Muss der HAWIK-IV wirklich sein? – Die armen Schüler …

Unterricht2033.jpgIn der Welt am Sonntag habe ich gestern wieder einmal etwas über IQ-Tests lesen müssen: Und wie intelligent sind Sie? Der Autor verweist darin auf den “Hamburg-Wechsler-Intelligenztest”, der in dieser Woche in seiner vierten Fassung auf den Markt kommt: HAWIK-IV. Der ursprünglich amerikanische Test WISC-IV wurde in dreijähriger Arbeit an der Universität Bremen auf deutsche Verhältnisse übertragen und soll bei Kindern im Alter zwischen 6 und 16 Jahren angewandt werden. Dabei wurde der Referenzwert 100 anhand einer Stichprobe bei 1600 Schülern ermittelt. Wenn Sie sich den oben erwähnten Artikel durchlesen, werden Sie merken, dass sogar dem Autor Zweifel an dem Test kommen. Sicherlich gibt es wieder einen Run auf die ca. 1000 EUR teueren Tests, und dann? Was soll so ein Test beweisen? Dass Schüler mit einem so gemessenen IQ besser in der Schule und später im Leben besser zurecht kommen? Nicht nur ich bezweifle das. Wie Sie als Leser meines Weblogs wissen, stehe ich diesen IQ-Tests sehr kritisch gegenüber (Multiple Intelligenzen). In meinem Weblog Multiple Intelligenzen finden Sie viele Hinweise darauf. An dieser Stelle möchte ich nur Siebert et al. (2000:48) zitieren: “Howard Gardner ist ein amerikanischer Psychologe, der die Existenz einer allgemeinen geistigen Fähigkeit infrage stellt. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen über verschiedene, voneinander relativ unabhängige kognitive Fähigkeiten verfügen. Gardner entwickelt eine Theorie multipler Intelligenzen. Die Behauptung eines universellen IQ ist nicht nur wissenschaftlich fragwürdig, sondern hat auch zu sozialen Ungerechtigkeiten geführt. In Schulen und Universitäten werden die Leistungen der Intelligenztests überbewertet und andere Fähigkeiten unterbewertet. Zwar sind schriftliche Kompetenzen und logisch-mathematisches Denken lebenswichtig, aber die Intelligenzforschung hat andere Fähigkeiten unterbewertet oder ignoriert. Mit seinem multiplen, vielfältigen Konzept versucht Gardner zusätzliche beruflich relevante alltagspraktische Fähigkeiten zu berücksichtigen“. Bitte lesen Sie dazu auch Freund, R. (2006): Multiple Intelligenzen und Neue Studie: IQ ist kein Garant für Wohlstand.

Gardner, H. (2007): Future Minds (Video)

howardgardner.jpgIn diesem Vortrag (60 min.) vom 10. Juli spricht Howard Gardner nicht direkt über die Multiple Intelligenzen Theorie, sondern über Five Minds For The Future. Dennoch ist es interessant Howard Gardner zu sehen und ihm zuzuhören: “In this lecture series, filmed at the RSA in London, Harvard professor Howard Gardener examines the mental capacities needed for the future in a globalised world. The kinds of minds he suggests should be cultivated are three cognitive ones: the disciplined mind, the synthesizing mind and the creating mind, and two that deal with the human sphere: the respectful mind and the ethical mind. Gardener discusses how these can be best nurtured, and points out some of the inevitable tensions created between them. After the lecture a group of teachers discuss how these ideas are used in practice in the classroom today.”

Multiple Intelligenzen: Workshop am 03.09.2007 in Dänemark

multiple.gifAm 03.09.2007 findet ein Workshop zur Multiple Intelligenzen Theorie auf dem Jugendhof Knivsberg in Rodekro/Dänemark statt. Pädagogen können sich hier gezielt über Anwendungsmöglichkeiten der Multiple Intelligenzen Theorie im Bildungsbereich informieren. Darüber hinaus stelle ich auch die Ergebnisse des von mir initiierten EU-Projekts MIapp (2004-2006) vor. Weitere Informationen zu dem interessanten Workshop finden Sie in der Programmübersicht.

Multiple Intelligenzen und Fähigkeiten/Fertigkeiten, Lernstilen, Wissen, Kompetenz …

Teambesprechung09.jpgIn letzter Zeit werde ich immer wieder gefragt, ob Multiple Intelligenzen nicht einfach nur Fähigkeiten sind, oder mit Kompetenzen gleichzusetzen sind. Andere fragen, worin der Unterschied zu Lernstilen liegt, usw. Die Zusammehänge und Unterschiede hat Aissen-Crewett 1998 sehr schön zusammegefasst:

“Neben der ´Pluralisierung´ der Intelligenz besteht ein weiteres Verdienst von Gardners Intelligenztheorie in der ´Kontextualisierung´, das will sagen: in dem Postulat, Intelligenz nicht als eine isolierte Größe anzusehen, sondern die Intelligenzen in seinen sozialen und kulturellen Kontext zu stellen“ (Aissen-Crewett 1998:47). „Gardners Intelligenzbegriff ist auf die Kontextuierung angewiesen und ist damit eng mit Konzepten wie, Wissens- und Lerngebiet sowie kognitiver Stil, Arbeitsstil oder Lernstil verbunden, ohne mit diesen gleichgesetzt zu werden. Von den letzteren unterscheidet sich die Intelligenz vor allem dadurch, dass sie nach Gardner ein biologisches und psychologisches Potential darstellt (Gardner bezeichnet Intelligenz als ´bio-psychologisches Konstrukt´), wobei dieses Potential in der Lage ist, in Folge der erfahrungsmäßigen, kulturellen und motivationalen Faktoren, die auf einen Menschen einwirken, in größerem oder geringerem Ausmaß realisiert zu werden. Im Gegensatz hierzu ist ein Wissensgebiet ein organisiertes Set von Aktivitäten innerhalb einer Kultur, typischerweise charakterisiert durch ein spezielles Symbolsystem und seinen Begleitoperationen (…). Jedes Wissensgebiet kann durch den Einsatz unterschiedlicher Intelligenzen realisiert werden (…). Zwischen der Intelligenz einerseits und dem kognitiven Stil, dem Arbeitsstil oder dem Lernstil andererseits ergeben sich ebenso Probleme sowohl der Abgrenzung wie der Überlappung. Der Begriff des Stils bezeichnet in diesem Kontext eine allgemeine Zugriffsweise, die ein Mensch gleichermaßen auf jeden vorstellbaren Inhalt anwenden kann. Im Gegensatz hierzu ist die Intelligenz eine Fähigkeit, die mit einem spezifischen Inhalt (wie Musiklängen oder räumlichen Mustern) abgestimmt wird (…). Was bei Gardner nicht deutlich genug zum Ausdruck kommt: Wir sollten davon absehen, den Begriff der Intelligenz mit dem der Fähigkeit zu assoziieren, geschweige denn gleichzusetzen, wie wenn Intelligenz einen fixierten Set von Fähigkeiten bedeutet. Statt dessen sollten wir Intelligenz eher verstehen als die Fähigkeit, aus seinen Stärken ´Kapital zu schlagen´ und seine Schwächen zu kompensieren. Jeder Mensch verfügt über unterschiedliche Konfigurationen von Intelligenzen“ (ebd. 55-57).

Aissen-Crewett, M. (1998):Gardners Öffnung zur Vielfalt der Intelligenzen. In: Aissen-Crewett, M. (Hrsg.): Multiple Intelligenzen – Chancen und Herausforderungen für die Pädagogik, Potsdam, S. 45-68

Brigitte Vater: Projektorientierung im Fremdsprachenunterricht (Multiple Intelligenzen Theorie)

Unterricht2033.jpgBrigitte Vater befasst sich in dem (undatierten) Artikel mit den Möglichkeiten, die Multiple Intelligenzen Theorie im Fremdsprachenunterricht einzusetzen: “Die historische Entwicklung des Projektgedankens sowie Möglichkeiten der unterrichtspraktischen Umsetzung in den verschiedenen Schulformen und Schulstufen sind seit Dewey dokumentiert, in vielfältigen Literaturbeiträgen niedergelegt und kritisch reflektiert worden. Es stellt sich daher die Frage, ob bereits alles Wesentliche ausgesagt ist oder ob aktuelle innovative Impulse zu einer erneuten Auseinandersetzung mit der Thematik reizen könnten. In diesem Beitrag soll versucht werden, die Theorie Howard Gardners zu ´Multiple Intelligences´ und daraus resultierende praxisorientierte Anregungen vorzustellen und als hilfreiche Ergänzungen bereits vertrauter Konzepte”. In dem Artikel werden die Vorteile der Multiplen Intelligenzen Theorie gegenüber der bisherigen Vorgehensweisen erläutert und anhand eines sehr schönen Beispiels erläutert. Einschränkend möchte ich allerdings anmerken, dass die Multiple Intelligenzen Theorie keine sieben Arten zu lernen darstellen, wie es die Autorin in Ihrem Anhang darstellt. Die Zusamenhänge (auch zu anderen Themenbereichen) habe ich im Rahmen des von mir initiierten EU-Projekts MIapp dargestellt Freund, R. (2006): Multiple Intelligences and … und in einem separaten Blogbeitrag Multiple Intelligenzen und Fähigkeiten/Fertigkeiten, Lernstile, Wissen, Kompetenzen … erläutert.

Faktor Mensch entscheidet

segeln.jpgJochen Schümann hat in seinem Artikel Faktor Mensch entscheidet (DIE WELT vom 25.06.2007) darauf hingeweisen, wie wichtig der Mensch auch in einem hochtechnisierten Umfeld ist (America´s Cup). Obwohl im Vorfeld des Wettbewerbs häufig über die technologischen Entwicklungen der verschiedenen Teams gesprochen und geschrieben wird, kommt Schümann in seiner Analyse zu folgendem Fazit: “Am Ende sind es immer die Menschen, die für den entscheidenden Unterschied sorgen”. Nicht nur diese Erkenntnis ist beachtenswert, sondern auch der Hinweis, dass gerade das Team, das nicht auf eine einzige Person fokussiert ist, das bessere Team ist: “Auch die Deutschen sind an der Konzeption von zuviel Macht auf eine Person gescheitert.”

Insel.jpgIch höre schon manche Führungskräfte sagen: Was hat ein Segelwettbewerb mit einem Unternehmen zu tun? Antwort: Sehr viel, denn die Metapher, ein Unternehmen als Segelschiff in turbulentem Umfeld zu verstehen ist besser, als ein Unternehmen noch als Maschine zu interpretieren. Diese unterschiedlichen Metapher zeigen die unterschiedlichen Unternehmenskulturen auf, die zu Subkulturen, zu einem eigenen Sprachgebrauch und zu einem unterschiedlichen Umgang mit Menschen führen. Bei der Maschinen-Metapher, sind Menschen wie austauschbare Teile zu managen. Bei der Segelschiff-Metapher, kommt es auf ein sehr gut zusammengesetztes Team, und damit auf jeden einzelnen Menschen an. Die Änderung des Unternehmensbildes (Transformation von Deutungsmuster) würde einen individuellen und organisationalen Lernprozess bedeuten.

Intelligenz in die Redaktionen?

Auto.jpgDie Überschrift Intelligenz ans Steuer (Mark Spörle, DIE ZEIT vom 14.06.2007) hat mich angesprochen, denn es hätte ja diesmal sein können, dass der Fahrer eines Autos und nicht (wie sonst üblich) die Technologie gemeint ist. Aber auch diesmal wurde ich enttäuscht. In dem Beitrag geht es  ausschließlich um die modernen technologischen Entwicklungen, die in Autos eingebaut werden können. Am gleichen Tag erschien der Artikel Der digitale Kopilot (Burkhard Starßmann, DIE ZEIT vom 14.06.2007), in dem es um “intelligente Assistenzsysteme” im Auto geht – also um das gleiche Thema. Was das alles mit Intelligenz zu tun hat, erschließt sich dem Leser nicht, denn es ist ja eher von künstlicher Intelligenz bzw. von adaptiven Systemen die Rede. Wie schon in meinem Blogbeitrag Von intelligenten Kunden und intelligenten Unternehmen – und nicht nur von intellgenten Produkten erwähnt, sollten wir den Intelligenzberiff (Konstrukt) nicht überbeanspruchen. Redakteure können mit einer angemesseneren Wortwahl dazu beitragen.

Emotional Intelligence, Emotional Competencies or what?

Gesicht.jpgIn dem Artikel Emotional Intelligence (July 2006) geht es um die Entwicklung von Mayer und Salovay zu Goleman, der den Begriff über den entsprechenden Bestseller bekannt gemacht hat. Heut spricht leider kaum noch jemand von den Mayer und Salovay… Darüber hinaus wird in dem Artikel auch die interessante Frage diskutiert, ob Emotional Intelligence und Emotional Competence gleich zu setzen sind. Spannend ist diese Frage für mich, da ich mich mit den Überschneidungen und Abgrenzungen zwischen Multiple Intelligenzen und Multiple Kompetenzen befasse.

Schmidt, A. (2007): IMPACT OF CONTEXT-AWARENESS ON THE ARCHITECTURE OF LEARNING SUPPORT SYSTEMS

Dieses Paper von Andreas Schmidt thematisiert einen Bereich, der mir schon seit langem am Herzen liegt: Es geht um die Berücksichtigung des Kontexts. Der Autor weist in seinem Paper darauf hin, dass die Definition von Dey (2001) in der Computer-Community akzeptiert ist:” Context is any information that can be used to characterize the situation of an entity. An entity is a person, place, or object that is considered relevant to the interaction between a user and an application, including the user and applications themselves.” Weiterhin wird auf den wichtigen Zusammenhang zwischen Context and Learning Processes hingewiesen. Aus meiner Sicht ein klares Indiz dafür, im Unternehmensumfeld “Lernen im Geschäftsprozess” stärker zu beachten. Andreas Schmidt leitet aus seinen Anfangsüberlegungen ein Modell ab, das unter anderem einen User Context Manager enthält. Insgesamt ist dieses Paper eine gute Grundlage, die Kontextabhängigkeit stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Diese Diskussion findet nicht nur in der Compurer-Community statt, sondern auch in vielen anderen Bereichen. In der Intelligenzdebatte z.B., wo sich die Multiple Intelligenzen Theorie auch durch den Kontextbezug vom klassischen IQ (g-Faktor) abhebt. In der Kompetenzdebatte, wo immer mehr Autoren darauf verweisen, Kompetenz im Kontext zu betrachten (Siehe dazu auch diesen Blogbeitrag).