Manager sind mit dem Bildungssystem unzufrieden – und wie zufrieden ist das Bildungssystem mit der Wirtschaft?

DIE WELT von heute berichtet auf Seite 12 kurz über eine Umfrage des “manager magazins”. Daraufhin habe ich mir den entsprechenden Artikel von Hendrik Müller Deutsche Lehrer sind zu faul angesehen. Der Umfrage zufolge sind Frankreichs Topmanager zu 77 Prozent, Amerikanische Topmanager zu 40 und britische zu 25 Prozent mit dem jeweiligen Bildungssystem (Hier: Schulen und Hochschulen) zufrieden. Deutsche Topmanager nur zu 17 Prozent.

Zunächst möchte ich ein persönliches Wort an den Autor Hendrik Müller richten: Mit der Überschrift “Deutsche Lehrer sind zu faul” hat man möglicherweise den Stammtisch und den Chefredakteur auf seiner Seite, seriöser Journalismus ist das aus meiner Sicht nicht. Liest man sich den Artikel durch, so kommt man zu folgender Stelle: “80 Prozent kritisieren die Motivation der Lehrer”. Vergleicht man dieses Ergebnis mit der von Herrn Hendrik Müller gewählten Überschrift “Deutsche Lehrer sind zu faul”, so wird deutlich, dass mit der Überschrift eher Stimmung gemacht werden soll. Fragen wir uns doch einmal, warum deutsche Lehrer nicht motiviert (intrinsisch und extrinsisch) sind. Welches Motiv haben die Lehrkräfte, bzw. welchen Kontext bietet das verbürokratisierte Bildungssystem?

Ist es nicht eher so, dass die Industrie das heute vorherrschende Bildungssystem geprägt und beeinflusst hat? Jetzt wollen die sogenannten Topmanger wieder einmal erreichen, dass sich das Bildungssystem an die veränderte wirtschaftliche Situation anpasst. Unternehmen entdecken auf einmal die Lernende Organisation und Wissensmanagement und erkennen, dass Lernprozesse für den wirtschaftlichen Erfolg wichtig sind. Natürlich muss ein Bildungssysstem dabei die Wirtschaft mit ihren Anforderungen im Blick haben, darüber hinaus muss es aber zuerst die Menschen mit ihren Entwicklungsmöglichkeiten beachten, denn: Was macht man mit einer unternehmensspezifischen Ausbildung, wenn das Unternehmen nicht mehr da ist? Es geht also bestimmt nicht nur darum, platte Überschriften für ein wichtiges Thema zu finden …

Babutsidze, Z. (2007): How Do Consumers Make Choices? A Summary of Evidence from Marketing and Psychology

Ein spannendes Paper zur Frage, wie Kunden Entscheidungen treffen. Dabei betrachtet der Autor die Fragestellung aus der Perspektive des Marketing und der Psychologie (Siehe dazu auch Zu viel Auswahl macht depressiv). Zunächst werden verschiedene Konzepte und danach der Auswahlprozess beschrieben. In Kapitel drei geht es anschließend um den Umgang mit Informationen, dabei kommt man zu dem Schluss, dass der Auswahlprozess sehr individuell und einmalig ist (Siehe dazu auch Multiple Intelligenzen). Das sollte nicht so neu sein, ist es aber für viele Unternehmen schon, denn diese sprechen immer noch von DEM Kunden. Aber wer ist denn DER KUNDE? Es ist Herr “ABC” oder Frau “XYZ”, die ganz individuell entscheiden. Jeder Mensch ist eben einmalig und es ist heute möglich, sich auf jeden einzelnen Kunden (Menschen) einzustellen (Siehe dazu Mass Customization und Open Innovation). Kunden (Menschen) sollten das einfordern und Unternehmen sollten es umsetzen. Warum auch nicht?

E.C.L.O.: European Consortium for the Learning Organisation

eclo.gifDie ECLO ist eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in Belgien, die sich mit Themen der Lernenden Organisation befasst. Lernende Organisation und Wissensmanagement sind zwei Seiten einer Medaille: Lernen ist der Prozess, Wissen das Ergebnis (nach Willke). Was mir besonders gefällt ist, dass man die Lernende Organisation aus einer Europäischen Perspektive (Europäischer Kontext) betrachtet: “One of the key aspects of the network is its European nature. Europe has a number of different cultural, institutional and historic factors that generate differences, which are a tremendously rich source of ideas and practices.” Die nächste (14.) Konferenz der ECLO findet vom 30.05.-01.06.2007 in Glasgow unter folgender Überschrift statt: “Learning Organisations in the 21st Century: Reflecting, Refining and Reshaping an Essential Strategy“.

The New Media Consortium and EDUCAUSE Learning Initiative (2007): The Horizon Report

In dem Horizon Report 2007 geht es um das veränderte Umfeld für Universitäten und um neue Trends, die sich in den nächsten 5 Jahren bemerkbar machen sollen (S. 6): User-Created Content, Social Networking, Mobile Phones, Virtual Worlds, The New Scholarship and Emerghing Forms of Publication, Massively Multiplayer Educational Gaming. Ich muss zugeben, dass mich dieser Report und die darin beschriebenen Trends nicht sonderlich überraschen, da diese Trends schon längst bekannt sind. Interessanter sind aus meiner Sicht Fragen zur dazugehörenden neuen Methodik/Didaktik, die teilnehmerorinetiert ist und eher einer Ermöglichungs-, als einer Erzeugungsdidaktik entspricht. Technologische Möglichkeiten und Trends sind wichtig und müssen beobachtet werden, dennoch ist es gleichermaßen wichtig, individuelle und kollektive Lernprozesse zu ermöglichen und zu unterstützen. Dabei können neue Technologien helfen oder blockieren. Also: Von E (minus) Learning zu Learning (plus) E. Weiterhin könnten diese Bemerkungen natürlich auch für Unternehmen gelten, da wir dort ja auch von Lernenden Organisationen und Wissensmanagement sprechen -oder?

Was hat Wirtschaft mit Bildung zu tun, und was hat Bildung mit Wirtschaft zu tun?

In letzter Zeit gibt es immer mehr Stimmen, die von einer Kommerzialisierung der Bildung sprechen, oder besser: warnen. Beispielsweise wenn ein Hörsaal nach einer Firma benannt oder die Wirtschaftlichkeit im Bildungssystem angemahnt wird. Dabei wird übersehen, dass es auch zu einer stärkeren Beachtung von Lernprozessen in der Wirtschaft kommt. Wir sprechen von einer Lernenden Organisation, von Wissensmanagement und von Intellektuellem Kapital. Meiner Ansicht nach hat Gardner (2002:227ff.) den Zusammenhang treffend beschrieben:

“In den meisten Regionen halten sich Wirtschaft und Bildungssektor mit nervöser Wachsamkeit im Auge. Die Geschäftswelt erscheint als mächtig und unlenksam, die Welt der Bildung als warmherzig und verletzlich. Herrschen im Lande günstige Voraussetzungen, nimmt die Spannung zwischen Wirtschaft und Bildung ab, in Zeiten der Konflikte oder Knappheit von Ressourcen flammt der Argwohn auf. In guten wie in schlechten Zeiten bemängeln die Firmen die unzureichende Ausbildung der Schulabgänger, beklagen die Schulen die unzureichende finanzielle Unterstützung der Bildungseinrichtungen. In den Vereinigten Staaten und einigen anderen Ländern macht sich in Wirtschaftskreisen die Überzeugung breit, man habe das Zeug dazu, das Steuer auch im Schulwesen zu übernehmen. Es werden Versuche lanciert, dieses Wissen zum Beispiel durch Site-based Management oder Qualitätsmanagement in den Schulen zur Anwendung zu bringen oder die Schulen als Non-Profit- oder Profit-Einrichtungen zu verwalten. Die beiderseitige Überzeugung, dass man in verschiedenen Sphären operiert hat es der Schule und der Wirtschaft erschwert, zu konfliktfreiem Kontakt und sinnvoller Zusammenarbeit zu finden, mit der Folge, dass beide Institutionen sich weitgehend darüber im unklaren sind, wie viele Aufgaben und Möglichkeiten sie gemeinsam haben. In beiden Sektoren steht Lernen im Zentrum: Wer in der Geschäftswelt überleben will, für den hört im Beruf das Lernen nicht auf.”

Wir sollten daher nicht von Wirtschaft oder Bildung sprechen, sondern von Wirtschaft und Bildung. Es ist eine deutliche Konvergenz zu beobachten – und wohin führt diese Konvergenz in Wirtschaft/Bildung?

Informationen zu den Lehrgängen und zu aktuellen Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Atwell, G. (2007): Personal Learning Environments – the future of eLearning?

Der Beitrag von Graham Attwell (eLearning Papers, Vol. 2, No. 1, January 2007) untersucht die Möglichkeiten von persönlichen Lernumgebungen (Lern-Kontexten). Dabei ist mir besonders folgende Passage aufgefallen (S. 2-3): “It is argued that we all have different styles of learning and approach learning in different ways. Although this would seem self-evident, attempts to theorise and classify such learning styles are less than convincing. Personally, I do not think I have one particular learning style but use different learning styles and different ‘intelligences’ in different contexts, different subjects and in different knowledge – domains and in response to different learning aims and goals.” Leser meines Blogs wissen, dass ich ähnliche Ansichten vertrete. Siehe Kompetenz ist kontextabhängig – Intelligenz aber auch oder meine Vorträge zu MCP in der Bildung, speziell mein Paper von der ElearnChina2003. Entscheidend ist die Selbstorganisationsdisposition (Kompetenz nach Erpenbeck) in verschiedenen Kontexten (Domänen). Von E (minus) Learning zu Learning (plus) E. Aus der Sicht eines Wissensarbeiters ist interessant, wie Graham auf Seite 5 sein Lernumfeld mit Hilfe von Open Source Programmen gestaltet. Machen Sie das doch für sich selbst auch einmal….

Weiterbildung in einer wissensbasierten Gesellschaft

Heute gibt es wieder einmal viele Berichte über die Situation der Weiterbildung in Deutschland. Beispielhaft die Artikel in der Financial Times Deutschland. Exklusiv berichtet Maike Rademaker Arbeitsagentur fordert Reform der Weiterbildung und in einem Leitartikel Weiterbildung – Hilfloses Herumdoktern geht es (wieder einmal) um den Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Man findet in dem Leitartikel den Satz: “Dort sitzen alle Beteiligten – Unternehmer, Staat, Arbeitnehmer und Bildungsträger – an einem Tisch und organisieren das lebenslange Lernen”. Die genannten Institutionen organisieren das Lebenslange Lernen? Besser wäre es, wenn diese Institutionen sich darauf konzentrieren würden, Lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Vom Lehren zum Lernen, vom Lehren zum Aneignen usw. – eben Weg von der Erzeugungsdidaktik und hin zur Ermöglichungsdidaktik. Meine Anmerkungen sollen darauf aufmerksam machen, dass wir alle den Begriff “Weiterbildung” verwenden, aber nicht alle den Begriff gleich deuten. “Weiterbildung in einer eher wissensbasierten Gesellschaft” sieht anders aus als eine “Weiterbilung in einer eher industriell geprägten Gesellschaft”. Es werden also neue Fragen gestellt, aber leider oftmals alte Antworten gegeben. J. Levy, Keynote auf der ELearnChina2003, beschreib das so: A truck is not a horse.

Wissensmanagement in der Region Nordhessen

Die IHK Zeitschrift Wirtschaft Nordhessen wird in ihrer Märzausgabe über das Thema Wissensmanagement berichten. Die Ankündigung im Heft 2.2007: “Wissensmanagement ist auch für die nordhessische Region eine der interessantesten Herausforderungen der Zukunft. Wie können Unternehmen ihr intellektuelles Kapital noch besser (…)”. Ich bin gespannt, wie man die Themen Wissensmanagement und Intellektuelles Kapital (Wissensbilanz – Made in Germany?) darstellen wird.

Individuelle Lernprozesse in Schulen und Unternehmen – wie passt das zusammen?

Ich möchte den Beitrag von Jeannette Otto Die Rettung kommt per Post (Die Zeit vom 01.02.2007) zum Anlass nehmen, auf die Konvergenz der Themen in Schulen und Unternehmen aufmerksam zu machen. In dem Beitrag wird sehr schön dargestellt, dass sogenannte “Schulverweigerer” durchaus mit Hilfe von Fernlehrgängen dazu gebracht werden können, ihren Schulabschluss zu schaffen. Wie ist so etwas möglich? Aus meiner Sicht liegt es daran, dass viele der sogenannten “Schulverweigerer” nicht das Lernen verweigern, sondern das Lernen in dem Kontext der Schule verweigern. Das ist ein großer Unterschied. In den traditionellen Schulen (aber auch in Unternehmen) stehen standardisierte Lehrpläne im Mittelpunkt, die Schüler (Mitarbeiter) über standardisierte Lernprozesse erreichen sollen – und wehe nicht, dann gibt es Sanktionen. Das alles macht es der Organisation leicht, alles “im Griff” zu behalten. In diesem Zusammenhang fällt mir dann ein Ausspruch von Jimmy Preslin (11.07.2001) ein, der sagte: “Every time  I pass a jailhouse or a school, I feel sorry for the people inside.” Siehe dazu auch Bildung neu denken.

In der Zwischenzeit gibt es sogar in NRW eine Auszeichnung für Schulen, die Schüler individuell unterstützen – beeindruckend. Man fragt sich, was die Schulen denn sonst gemacht haben? Aber auch in Unternehmen wird immer deutlicher, dass der Teilnehmer im Mittelpunkt der Überlegungen stehen muss (Teilnehmerorientierung). Das führt weg von der Erzeugnisdidaktik und hin zur Ermöglichungsdidaktik, die es dem Lernenden ermöglicht, sich bestimmte Informationen anzueignen. Vom Lehren zum Lernen, vom Vermitteln zum Aneignen usw. Konsequenterweise führt diese Wende zu ganz anderen Anforderungen an die Strukturen/Organisationen in denen individuelle und kollektive Lernprozesse ermöglicht werden sollen. Und hier kommen wir zu einem der Knackpunkte: Wenn Lernen der Prozess und Wissen das Ergebnis ist (siehe Willke), dann ist es für Lernende Organisationen (ob Schule oder Unternehmen) wichtig, einen Kontext (Prozesse, Strukturen usw.) zu schaffen, in dem individuelles und kollektives Lernen ermöglicht wird. Dadurch entstehen ganz andere Anforderungen an Führungskräfte (ob Lehrer oder Manager) die sich nun viel stärker mit den individuellen und kollektiven Lernprozessen befassen müssen. Aber wer macht das schon …? Ein Ansatz kann hier die Multiple Intelligenzen Theorie sein.

TM-Viewer – ein Werkzeug zur Topicmap-basierten Visualisierung komplexer Wissensdomänen

tm_viewer.gifDas Fraunhofer Institut Grafische Datenverarbeitung stellt auf der Learntec den TM-Viewer vor. “Das Visualisierungstool »TM-Viewer« gibt Unternehmen die Möglichkeit, Wissensfelder zu vernetzen und graphisch-interaktiv zu verwalten.” Die Flash-Demo (Flash-Player Version 8 erforderlich) zeigt eindrucksvoll, was mit dem Tool möglich ist. Leider ist dieses Tool zunächst für Großunternehmen gedacht, aber möglicherweise können ja auch bald kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) davon profitieren. Ideal wäre so ein Tool für KMU auf Open-Source-Basis wie es der Arbeitskreis Wissensbilanz – Made in Germany für die WB-Toolbox entwickelt hat.