Warum sollten wir digitale Meetings und Begegnungen unterscheiden?

Digitale Meetings sind in Zeiten von Corona durchaus sinnvoll. Darüber hinaus scheinen digitale Meetings auch wirtschaftlich zu sein, da sie ja unnötige Reisekosten vermeiden. In den letzten 2 Jahren hat sich allerdings auch gezeigt, dass digitale Meetings an ihre Grenzen stoßen – und das hat verschiedene Gründe. Einer der Gründe ist, die Besonderheit menschlicher Begegnungen. Eine Begegnung von Menschen in ihrer Ganzheitlichkeit kann nicht vollständig von digitalen Medien abgebildet werden. “Begegnung braucht dafür ein Gegenüber. Ich verwende den Begriff ´Begegnung´ im Sinn der Begegnungsphilosophie (siehe Buber 1995[1923]) und der Encounter-Tradition von Carl Rogers (siehe Rogers 1970). Begegnung ist definiert als conditio humanae und unabdingbar für existenzielle Sinnstiftung. Begegnung beschreibt eine Beziehungsqualität, sie ist charakterisiert durch das radikale Annehmen einer anderen Person in ihrer Andersheit (siehe Schmid 2019), d.h., ein Annehmen, ohne sich die andere Person gleichzumachen” Susman, K. (2022): Die Psychologie des virtuellen Raums, in: Magazin erwachsenenbildung.at, Ausgabe 44-45, 2022.

Da Videoplattformen zunächst für Geschäftsprozesse konzipiert und entwickelt wurden, ist es offensichtlich, dass diese Videoplattformen ganzheitlichen Anforderungen der menschlichen Begegnung nicht entsprechen können – obwohl das Marketing der Unternehmen das oftmals verspricht.

Was ist zu tun? “(…) es bedarf bewusster Gestaltung und fortlaufender sozialer Aushandlung, wie und wofür wir diese virtuellen Räume nutzen. Technische Tools allein lösen das nicht für uns” (ebd.). Siehe dazu auch Hybrides Arbeiten und implizites Wissen stärker beachten.

Sind die Bilder von einem “neuen Zeitalter” oder einer “Revolution” durch den Einsatz digitaler Technologien angemessen?

Durch die stärkere Digitalisierung in allen Bereichen der Gesellschaft – und die damit verbundenen Veränderungen – gibt es oftmals schon plakative Begriffe oder Bilder, die möglicherweise noch nicht belegt sind.

“Ob mit dem Einsatz digitaler Technologien in Betrieben tatsächlich ein ´Neues Zeitalter´ oder eine ´Revolution´ einhergeht, wurde immer wieder kritisch diskutiert und empirisch relativiert (vgl. Pfeiffer 2016; Röben 2017; Matuschek/Kleemann/Haipeter 2018; Baethge-Kinsky 2020). Jörg Flecker, Annika Schönauer und Thomas Riesenecker-Caba (2016, S. 19) argumentieren, dass es sich in vielen Betrieben um eine ´schrittweise Innovation´ handle, die an laufende Rationalisierungs- und Automatisierungsprozesse anknüpfe. Die Digitalisierung in der Vision einer ´Industrie 4.0´ schreibe lediglich Restrukturierungsprozesse fort, während die damit verbundenen Problematiken wie Verdichtung und Entgrenzung von Arbeit bereits seit den 1990erJahren bekannt und vielfach beforscht seien, wie etwa Heiner Minssen (2017, S. 130f.) schreibt (…) Kennzeichnend für den sozialwissenschaftlichen Forschungsstand ist aus unserer Sicht daher immer noch die bereits 2019 vorgebrachte Einschätzung von Stefan Kirchner und Wenzel Matiaske (2019, S. 125), wonach ´wichtige empirische und theoretische Bausteine [fehlen], um ein halbwegs vollständiges Bild zusammenzusetzen, welches die aktuellen Zustände und Dynamiken der Arbeitswelt im Prozess der Digitalisierung auch nur grob abbilden könnte.” Assinger, P.; Webersink, P. (2022): Digitalisierung und betriebliche Bildung, in: Magazin erwachsenenbildung.at, Ausgabe 44-45, 2022.

Möglicherweise sind die vorschnellen (?) Attribute auf Dauer nicht haltbar? Was dann? Haben wir uns vorschnell in die falsche Richtung bewegt – oder besser – treiben lassen? Sapere aude!

Digitalisierung – wer liest schon Originaltexte?

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Es ist schon erstaunlich, wer sich alles berufen fühlt, zu aktuellen technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen Stellung zu nehmen. Jeder glaubt Fachmann oder Fachfrau zu sein. Bei der Bildung ist das überdeutlich zu erkennen – immerhin war ja jeder schon mal in der Schule und kann mitreden.

Die Argumente von Fachleuten nachzuvollziehen ist manchmal mühsam, und wer hat dazu schon Lust? Lieber plakativen Fakenews nacheifern und diese auch noch weitergeben, ohne Prüfung des Inhalts oder der Quelle. Wenn es dann auch noch komplexe Zusammenhänge sind, macht es vielen gar keinen Spaß mehr, der Argumentation zu folgen. Ganz “schlimm” ist es, wenn Wissenschaftler betonen, dass ihre Erkenntnisse nur temporär sind, und sich durch weitere Forschungen verändern können. Nur, das ist eben Forschung, sie bleibt immer in Bewegung, und das ist gut so.

Auch den ganzen Beratern empfehle ich, immer wieder einmal die Quellen ihrer doch so bahnbrechenden und markigen Sprüchen zu nennen. Oftmals sind diese “Erkenntnisse” schon vor vielen Jahren, z.B. bei den Soziologen (Risikogesellschaft, Reflexive Modernisierung, Entgrenzung der Arbeit, Selbstorganisation, Umgang mit Komplexität, Organisationsnetwicklung, Systemtheorie), veröffentlicht worden. Doch wen kümmert das?

Nun komme ich wieder zu meiner Überschrift zurück: Wer liest schon Originaltexte? Diesen Titel könnte ich noch ergänzen in: Wer gibt schon die Quellen der Originaltexte an? Wir haben uns in unserem Blog von Anfang an die Aufgabe gestellt, Quellen anzugeben. Jeder kann dann entscheiden, wie dieser Inhalt einzuordnen ist.

Gerne weise ich deshalb auch auf die gelungene Buchrezension Ein Basistext der Digitalisierung von Michael Springer hin – veröffentlicht in Spektrum.de am 15.07.2021. Darin geht es um den Basitext von Alan Turing, der in englischer Sprache im Original, allerdings jetzt auch in einer deutschen Übersetzung zur Verfügung steht:

Turing, A. (1950): COMPUTING MACHINERY AND INTELLIGENCE. Mind, Volume LIX, Issue 236, October 1950, Pages 433–460. Die deutschsprachige Übersetzung gibt es seit Februar 2021 als Taschenbuch.

Was sind die Prinzipien agilen Arbeitens?

Von Arbeit 1.0 bis Arbeit 4.0 habe ich hier schon geschrieben. Darüber hinaus gibt es natürlich auch die Ansätze zu New Work und zu Working out Loud usw., die alle auf einer agilen Arbeitsweise basieren. Prinzipien einer agilen Arbeitsweise sind (BMWi 2019:5):

  • Eine entsprechende Geisteshaltung bildet die Grundlage für jedes Rahmenwerk und jede Methode. Agiles Arbeitenstellt Menschen in den Mittelpunkt, setzt auf selbstorganisierte, Teams, iterative Prozesse, Transparenz, Fokus und kontinuierliche Verbesserung sowie auf eine auf Offenheit und Respekt basierende Feedbackkultur
  • Ausgehend von direkten Kundenanforderungen werden Produkte und Dienstleistungen in einem iterativen Vorgehen entwickelt und bereitgestellt. Die stetige frühzeitige Berücksichtigung der Rückmeldungen von Kunden und Nutzern sowie eine klare Priorisierung von Anforderungen stellen wesentliche Voraussetzungen für den Erfolg dar, um auch auf veränderliche Anforderungen reagieren zu können.
  • Agiles Arbeiten bietet eine (proaktiv-)gestalterische Antwort auf sich verändernde Rahmenbedingungen, durch die sich Industrie 4.0 heute auszeichnet.

Dabei ist in den Unternehmen auch darauf zu achten, dass diese Arbeitsweise für eher komplexe Problemlösungen mit einer assistierenden Digitalisierung einher geht. Es gibt allerdings auch noch andere Arbeitsformen … Siehe dazu auch Zukunftsbilder für Arbeit in Büros und Produktion. In dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang Projektmanager/in AGIL (IHK) gehen wir auf diese Zusammenhänge ein. Informationen zum Lehrgang finden Sie auf unserer Lernplattform.

Zukunftsbilder für Arbeit in Büros und Produktion

In den verschiedenen wissenschaftlichen Diskussionen geht es einerseits um die Digitalisierungsstrategie und andererseits um die Aufgabenkomplexität. Die folgende Übersicht zeigt beispielhaft, welche Zukunftsbilder sich daraus für Büros und Produktion ergeben.

PolarisierungUpgrading
AssistenzAngelerntenarbeitFach- und Wissensarbeit
SubstitutionVollautomatisierungProzessbetreuung
Quelle: Korge et al. 2016, zitiert in Korge, A.; Marrenbach, D. (2018:9)

“Ausgangspunkt für die Konzeption der Zukunftsbilder sind zwei aktuelle, wissenschaftliche Diskussionen. Die erste Diskussion betrachtet die Digitalisierungsstrategie. Sie unterscheidet, ob die Digitalisierung eine Ersetzung (Substitution) menschlicher Arbeit oder eine Unterstützung des arbeitenden Menschen (Assistenz) anstrebt. Die zweite Diskussion behandelt die Entwicklung von Aufgabenkomplexität und Qualifikationen bei den Beschäftigten. Unterschieden wird zwischen Aufwertung (Upgrading) und Aufspaltung (Polarisierung)” (Korge/Marrenbach 2018:9).

Interessant dabei ist, dass die einzelnen Zukunftsbilder gut voneinander abgrenzbar sind, und zu verschiedenen Anforderungen an die Mitarbeiter und an die Organisation führen. Weiterhin ist davon auszugehen, dass Unternehmen oftmals ein Mix der verschiedenen Arbeitsfelder zu bewältigen haben, was zu einer ambidexteren Organisation führt. Siehe dazu auch Projektmanagement: Agil, hybrid, klassisch?

Was sind die Handlungsfelder der digitalen Transformation?

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In den Studienergebnissen Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.) (2020): Erfolgskriterien betrieblicher Digitalisierung (PDF) werden auf der Seite 49 konkrete Handlungsfelder genannt:

Arbeitskultur: Kommunikations-, Kooperations-, Fehler-Kultur, die bewusst über Kommunikation, bewohntes Verhalten, Rituale, Events und sonstige Artefakte aktiv gestaltet wird.
Führung: Neues Führungsverständnis und neue Führungsmodelle im Sinne von Orientierung, Befähigung und Sinngebung.
Kompetenzaufbau/Lernen: Personenbezogene Maßnahmen, um individuelle Veränderungsfähigkeit zu unterstützen: Lernen, Weiterbildung, Austausch
Technisierung: Einsatz von Informationstechnologien als Enabler für eine reibungslose Zusammenarbeit, Kommunikation und Prozesssteuerung.
Geschäftsmodell: Geschäftsstrategische und finanzielle Verankerung der
Veränderung im Zuge der digitalen Transformation.
Arbeitsorganisation: Organisationsstrukturen und Arbeitsformen, die Fluidität, Agilität und Flexibilisierung ermöglichen.

Bemerkenswert ist hier auch wieder, dass der Kompetenzentwicklung – und dem damit verbundenen selbstorganisierten Lernen -, eine wichtige Rolle zukommt. Kompetenz, verstanden als Selbstorganisationsdispisition (Erpenbeck/Heyse) ist dabei nicht nur auf der individuellen Ebene wichtig, sondern auch auf der Teamebene (Projektteams), auf der organisationelen Ebene und auch in den Netzwerken einer Organisation. Möglicherweise sind die Handlungsfelder “nur” Kennzeichen eines modernen Kompetenzmanagements?


Selbsttest: Digital Transformation Assessment

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Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie es in Ihrer Organisation mit der Digitalen Transformation aussieht? Wenn ja, bietet die Website Digital Transformation Assessment des Fraunhofer IPK eine gute Möglichkeit, eine Standortbestimmung durchzuführen.

Mit Hilfe unserer Selbsttests ermitteln Sie, wie es um den Status der digitalen Transformation in Ihrem Unternehmen bestellt ist. Die Beantwortung der Fragen dauert ca. 10 Minuten (Fraunhofer IPK).

Abschließend ist es sogar möglich, die Ergebnisse mit anderen zu vergleichen (Benchmarking). Es gibt im Netz zwar viele Webseiten die Tests zur Digitalisierung anbieten, doch sind dies oft Beratungsunternehmen – oder andere Organisationen mit eigenem Interesse . Beim Fraunhofer IPK handelt es sich um eine wissenschaftliche Institution und somit um eine Vertrauensplattform. Probieren Sie es doch einfach einmal aus!

In dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang gehen wir auf die Digitale Transformation, auf das veränderte Umfeld (VUCA) und auf das Transitionsmodell ein. Informationen zum Lehrgang finden Sie auf unserer Lernplattform.

Digitale Kompetenzen oder besser Kompetenzen in einem digitalen Umfeld?

In unserem Blog haben wird schon mehrfach darauf hingewiesen, dass Kompetenzen – nicht nur Qualifikationen – für die Bewältigung komplexer Problemlösungen wichtiger sind (Blogbeitrag). Da die Digitalisierung ein Treiber der Komplexität ist, wird daher oftmals von digitalen Kompetenzen gesprochen. Die Arbeitsdefinition dafür ist beispielhaft:

Digitale Kompetenzen sind (neue) Fähigkeiten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Lage versetzen, digitale Technologien anzuwenden, im Rahmen ihres Aufgabenprofils zu nutzen und darüber hinaus die digitale Transformation von Geschäftsprozessen mit voranzutreiben. Es lassen sich drei Dimensionen unterscheiden: Neben fachlich-technischen und Businesskompetenzen spielt die digitale Fitness eine wesentliche Rolle. Letztere speist sich aus Offenheit, Interesse und Veränderungsantrieb gegenüber digitalen Möglichkeiten DGFP-PRAXISPAPIERE (2016). KOMPETENZEN IM DIGITALISIERTEN UNTERNEHMEN, Seite 10.)

Diese digitalen Kompetenzen werden anschließend noch in drei Bereiche aufgeschlüsselt: Es geht um digitale Fachkompetenzen, Businesskompetenzen und um digitale Fitness, die sich auch wieder aufteilen. Es entsteht hier der Eindruck einer Schubladenhaftigkeit von (fast) beliebig vielen Kompetenzdimensionen. Diese Bindestrich-Kompetenzen sind vielen Forschern schon seit vielen Jahren ein Dorn im Auge (Veith 2003:35). Wird Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition (Erpenbeck) aufgefasst, benötigt es keine weiteren kleinteiligen Klassifizierungen, da diese in verschiedenen komplexen Problemlösesituationen hilfreich ist. Die Bewältigung von komplexen Arbeitssituationen durch selbstorganisiertes Handeln geschieht dabei selbstverständlich auch in durch die Digitatisierung geprägten Arbeitssituationen (Kontexten, Domänen). Dennoch würde ich nicht von digitalen Kompetenzen, sondern eher von Kompetenzen in einem digitalen Umfeld sprechen. Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk. 

VDMA-Studie Produktpiraterie 2018

In der VDMA-Studie Produktpiraterie 2018 (PDF) gibt es neben vielen interessanten Informationen auch eine Definition, was unter Produktpiraterie verstanden wird (S. 4):

Die Studie bezieht sich allein auf den unzulässigen Nachbau. Unter dem unzulässigen Nachbau (hier gleichbedeutend als Produktpiraterie bzw. Plagiat bezeichnet) wird der

  • Nachbau unter Verletzung von Sonderschutzrechten (z. B. Marken, Patente) oder
  • ohne Verletzung von Sonderschutzrechten, aber in wettbewerbswidriger Weise erfolgte Nachbau

verstanden. Der Nachbau erfolgt dann in wettbewerbswidriger Weise, wenn neben der Nachahmung zusätzlich noch eine unlautere Handlung eintritt. Diese unlautere Handlung ist in der Regel eine Täuschung über den Hersteller der Originalware (Verwechslungsgefahr) und die damit verbundene Ausnutzung des guten Rufs.

Die Schadensumme soll abermals bei 7,3 Milliarden Euro liegen. Solche Themen besprechen wir auch in dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang Innovationsmanager (IHK). Weitere Informationen finden Sie auf unserer Lernplattform.

The Most Innovative Companies 2018

Alle Jahre wieder veröffentlicht die Boston Consulting Group ihre Übersicht zu den innovativsten Unternehmen weltweit. Die Ausgabe 2018 enthält kaum Überraschungen auf den ersten 10 Plätzen. Bemerkenswert ist jedoch, dass Alibaba (Platz 10) und andere chinesische Unternehmen wie Tencent in der Zwischenzeit viel weiter vorne positioniert sind, als es in den letzten Jahren der Fall war. Darüber hinaus wird wiederum deutlich, dass die Digitalisierung Innovationsprozesse und das Innovationsmanagement dominiert (S. 4).

Digital Innovation Takes Over: Since 2014, only four types of innovation – all related to digital – have grown in importance and are being pursued by more companies: big data analytics, the fast adoption of ne technologies, mobile products and capabilities, and digital design.

In dem von uns entwickelten Blended Learning Lehrgang Innovationsmanager/in (IHK) gehen wir auch auf diese Entwicklungen ein. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Lernplattform.