Was hat Open Innovation mit Selbstorganisationsdisposition zu tun?

Reichwald/Piller (2006:44) nennen Prinzipien der Interaktiven Wertschöpfung. Unter anderm unter

Punkt 6: Interaktive Wertschöpfung bildet eine neue Form der Arbeitsteilung auf Basis von Granularität (Mikro-Spezialisierung), Selbstselektion und -koordination

Punkt 9: Interaktive Wertschöpfung verlangt Kompetenzen sowohl auf Seiten der Kunden als auch der Anbieter

Darüber hinaus heben die Autoren auf Seite 58 hervor, dass sich Unternehmen und Kunden in unterschiedlichen Domänen bewegen. In eine ähnliche Richtung argumentieren Burmeister/Neef/Linnebach (2006): Sie möchten eine Erweiterung des Innovationsprozesses durch Kontextdenken. Den Selbstselektions- und -koordinationsbezug (Reichwald/Piller) möchte ich gerne durch die Selbstorganisationsdisposition (Kompetenz nach Erpenbeck) erweitern und darüber hinaus Kompetenz kontextabhängig betrachten. In Summe ergeben diese Überlegungen, dass Unternehmen und Kunden ihre jeweiligen Selbstorganisationsdispositionen so aufeinander abstimmen müssen, dass es für alle Beteiligten von Vorteil ist (Wert schöpfend ist). Ein nicht gerade einfaches Unterfangen …oder?

Was hat Wirtschaft mit Bildung zu tun, und was hat Bildung mit Wirtschaft zu tun?

In letzter Zeit gibt es immer mehr Stimmen, die von einer Kommerzialisierung der Bildung sprechen, oder besser: warnen. Beispielsweise wenn ein Hörsaal nach einer Firma benannt oder die Wirtschaftlichkeit im Bildungssystem angemahnt wird. Dabei wird übersehen, dass es auch zu einer stärkeren Beachtung von Lernprozessen in der Wirtschaft kommt. Wir sprechen von einer Lernenden Organisation, von Wissensmanagement und von Intellektuellem Kapital. Meiner Ansicht nach hat Gardner (2002:227ff.) den Zusammenhang treffend beschrieben:

“In den meisten Regionen halten sich Wirtschaft und Bildungssektor mit nervöser Wachsamkeit im Auge. Die Geschäftswelt erscheint als mächtig und unlenksam, die Welt der Bildung als warmherzig und verletzlich. Herrschen im Lande günstige Voraussetzungen, nimmt die Spannung zwischen Wirtschaft und Bildung ab, in Zeiten der Konflikte oder Knappheit von Ressourcen flammt der Argwohn auf. In guten wie in schlechten Zeiten bemängeln die Firmen die unzureichende Ausbildung der Schulabgänger, beklagen die Schulen die unzureichende finanzielle Unterstützung der Bildungseinrichtungen. In den Vereinigten Staaten und einigen anderen Ländern macht sich in Wirtschaftskreisen die Überzeugung breit, man habe das Zeug dazu, das Steuer auch im Schulwesen zu übernehmen. Es werden Versuche lanciert, dieses Wissen zum Beispiel durch Site-based Management oder Qualitätsmanagement in den Schulen zur Anwendung zu bringen oder die Schulen als Non-Profit- oder Profit-Einrichtungen zu verwalten. Die beiderseitige Überzeugung, dass man in verschiedenen Sphären operiert hat es der Schule und der Wirtschaft erschwert, zu konfliktfreiem Kontakt und sinnvoller Zusammenarbeit zu finden, mit der Folge, dass beide Institutionen sich weitgehend darüber im unklaren sind, wie viele Aufgaben und Möglichkeiten sie gemeinsam haben. In beiden Sektoren steht Lernen im Zentrum: Wer in der Geschäftswelt überleben will, für den hört im Beruf das Lernen nicht auf.”

Wir sollten daher nicht von Wirtschaft oder Bildung sprechen, sondern von Wirtschaft und Bildung. Es ist eine deutliche Konvergenz zu beobachten – und wohin führt diese Konvergenz in Wirtschaft/Bildung?

Informationen zu den Lehrgängen und zu aktuellen Terminen finden Sie auf unserer Lernplattform.

Was haben die großen Füße der Südafrikanerinnen mit Mass Customization zu tun?

In der heutigen Printausgabe von Die Welt kann man unter dem Titel Am Kap der großen Füße folgendes finden: “Mehr als 80 Prozent von ihnen sind demnach unzufrieden mit ihrem Schuhwerk – Die Mustermaße der südafrikanischen Schuhindustrie gehen noch auf die Kolonialzeit zurück. Weitere Vermessungen der Frauenfüße des Landes sollen nun die Basis für neue, besser angepasste Vorlagen schaffen.” Da so viele unzufrieden sind, werden nun neue Standardvorlagen ermittelt – als ob das die Lösung ist. Besser wäre es, wenn man endlich zur Kenntnis nehmen würde, dass jeder Mensch einzigartig ist und somit auch seine Füße einzigartig sind. Und das nicht nur in Südafrika, sondern auch bei uns in Europa. Anstatt Standardprodukte (die nicht passen) in z.B. Asien fertigen zu lassen, sollte sich die europöische Industrie daran orientieren, kundenindividelle Massenfertigung zu betreiben – eben Mass Customization. Beispiele in vielen Branchen zeigen, dass das möglich ist.

Ganz besonders deutlich wurden die neuen Möglichkeiten in dem europäischen Leitprojekt zu Mass Customization in der Schuhindustrie aufgezeigt: Das Euro-Shoe-Projekt. Schauen Sie sich doch einmal die Broschüre bzw. die Customer Animation dazu an. Oder laden Sie sich die zip-Datei Dreaming a Shoe herunter, entpacken Sie diese und starten Sie die Flash-Animation. In der Zwischenzeit gibt es sogar schon wieder ein Folgeprojekt zu Euro-Shoe. Auf den verschiedenen MC-Weltkonferenzen habe ich erfahren können, wie MC in der Schuhindustrie erfolgreich umgesetzt werden kann. Ich frage mich häufig: Warum werden diese Chancen so wenig genutzt? Durch Mass Customization in der Schuhindustrie (aber auch in der Textilindustrie usw.) könnten durchaus wieder Arbeitsplätze aus Asien nach Europa zurückgeholt werden.

Individuelle Kopfhörer

beyerdynamic.gifGefunden in com! 3/2007:91: “Die Manufactur-Köpfhörer von Beyer-Dynamic machen Schluss mit dem Klang von der Stange. Als weltweit erster Hersteller bietet der Heilbronner Kopfhörerspezialist die Konfiguration des Traumkopfhörers per Internet an (…).” Es sieht ein wenig nach Mass Customization aus. Dennoch kann es aber auch sein, dass man individuelle Produkte zwar selbst konfigurieren kann, diese Produkte aber immer noch zu den Preisen von Standardprodukten zu kaufen sind. Weiterhin frage ich mich auch, ob durch die Konfiguration auch eine Learning Rekationship zum Kunden aufgebaut wird. Ein Konfigurator ist wichtig für die Solution Space Ebene, reicht aber alleine nicht aus. Ich halte die etwas reißerische Schlagzeile in dem Magazin com! doch für etwas überzogen. Produktkonfiguratoren gibt es doch schon sehr, sehr viele. Manchen Unternehmen ist das noch nicht einmal eine Meldung wert …

Marketing-Ranking 2.0

(…) so habe ich es einfach einmal genannt, da sich das Web 2.0 auch hier bemerkbar macht. Die wertvollsten Marken weltweit sind (Quelle):

  1. Google
  2. Apple
  3. YouTube
  4. Wikipedia
  5. Starbucks

Eigentlich müsste bei Platz 1, 3 und 4 noch “.com” ergänzt werden, denn dort ist das jeweilige Portal so überaus wertvoll. Platz 3 und 4 unterscheiden sich auch noch durch einen anderen Umstand: Diese Portale leben von der (freiwilligen) Aktivität der User. Auch dieses Ranking zeigt den Umbruch von der industriell geprägten über die informationsbasierte, hin zur wissensbasierten Gesellschaft. Es geht Schritt für Schritt weiter auf der Wissenstreppe (North 1998). Viele hätten das vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten – aber jetzt machen alle mit…und das ist gut so. Es ergeben sich viele neue Möglichkeiten.

Open Innovation, Crowdsourcing, Swarm Intelligence usw. oder einfach nur Soziologie?

In dem Artikel Die andere Frankfurter Schule – zum Tode von Karl Otto Hondrich (Konrad Adam, DIE WELT vom 20.01.2007, Seite 27) findet man folgende Passage: “Man hat die Soziologie als die Wissenschaft vom Menschen in der Mehrzahl bezeichnet. Nicht was der Einzelne tut, denkt oder will, sondern wie die vielen reagieren, aus welchen Gründen und mit was für Folgen, erregt die Neugier.” Genau solche Effekte sind Kerngedanken von Open Innovation, Crowdsourcing, Swarm Intelligence usw. Natürlich unterstützt durch die neuen technologischen Möglichkeiten – ja. Dennoch macht es Sinn, diese “neuen” Konzepte noch viel stärker aus der soziologischen Perspektive und nicht nur aus der technischen Perspektive zu betrachten. Also auf einer soziologischen Basis aufbauend, die technologischen Möglichkeiten nutzen. Im Jahr der Geisteswissenschaften 2007 ist das ein guter Gedanke – was meinen Sie?

Launonen, A.; Raehalme, O. (2003): IQ-Team – more together

iq-form-guidebook-working-together.gifDieses Guidebook for Working Together ist online verfügbar und für die Zusammenarbeit virtueller Gruppen gedacht. Die PDF-Version können Sie sich hier herunterladen (10MB). Das Handbuch verknüpft praktische Ratschläge mit theoretischen Grundlagen. Die Website ist Bestandteil der IQ-Plattform der Finnish Virtual University, die sich dabei unter anderem auf die Multiple Intelligenzen Theorie stützt. Im Rahmen des EU-Projekts MIapp habe ich diese Plattform mit EDUCE verglichen. Darüber hinaus wird in der Abschlussdokumentation auch ein Vergleich mit unserem MIapp-Tool zu finden sein. Etwas unglücklich finde ich den Titel IQ-Form, da dieser doch sehr an den IQ (Intelligenz-Quotienten) erinnert. IQ-Form meint aber hier, Intelligent Questionnaire …

FTD berichtet über das OScar-Projekt

In der heutigen Ausgabe der Financial Times Deutschland berichtet Nicola D. Schmidt unter der Überschrift Ohne Chef, ohne Geld, ohne Grenzen über das OScar-Projekt. Dabei merkt man dem Artilkel schon an, dass man wohl wenig von dem innovativen Projekt hält: “Die Industrie verfolgt das Projekt mit Argwohn”. Dabei sollte man eher an die Kunden denken, die heute noch immer durch Plattformstrategien und Kostensenkungsprogrammen mit “austauschbaren Allerweltsautos zu hohen Preisen verw(h)öhnt” werden. Noch mehr Varianten anzubieten ist nicht das, was Kunden wollen. Die Kunden wollen nicht noch mehr von dem selben, sondern individuelle Autos zu bezahlbaren Preisen. Mass Customization (Kundenindividuelle Massenproduktion) in der Automobilindustrie (FORD launches Mass Customization) sieht anders aus (Siehe dazu auch ILIPT). Das OScar-Projekt geht noch einen Schritt weiter und versucht Open Innovation auf die Automilbranche zu übertragen – warum eigentlich nicht? Reichwald/Piller (2006) haben aufgezeigt, welche Möglichkeiten in der interaktiven Wertschöpfung liegen. Aber möglicherweise werden diese Chancen wieder eher die japanischen Autobauer nutzen …

Website: OpenInnovators.de

openinnovators_de.gifDie Website OpenInnovators.de wird von Herrn Frank Pfeiffer folgendermaßen vorgestellt: “OpenInnovators.de ist die kostenfreie Community für Open-Innovation im deutschsprachigen Raum (…). Primäres Anliegen von OpenInnovators.de ist die Kommunikation hinsichtlich Open-Innovation im deutschsprachigen Raum zu fördern, (…).” Mal sehen, wie sich diese Website weiter entwickelt. Ich wünsche Herrn Pfeiffer dafür viel Erfolg.

Frank Piller im Interview mit B. Joseph Pine II zu aktuellen Entwicklung von Mass Customization

In dem Interview mit dem Titel Joseph Pine II on the State of Mass Customization and Why Authenticity in Business is the Next Big Issue vom 04.01.2007 weist Pine auf die wichtige Produkt-Prozess-Matrix hin, die die jeweiligen Übergänge zu einem Mass Customization Konzept darstellt. Durch digitale Technologien können heute schon sehr viele Produkte und Dienstleistungen individueller angeboten werden, ohne dass die Preise steigen – ja, sie fallen oftmals sogar. Darüber hinaus gibt es aber laut Pine noch weitere Entwicklungsmöglichkeiten für das MC-Konzept: “There’s precious little that has been done to mass customize either experiences or transformations, and a world of opportunity for firms that wish to start.” Genau das sehe ich genau so. Nicht zuletzt weist Pine auf sein neues Buch hin, das wohl in 2007 erscheinen soll. Darin geht es um “authenticity in business”, was immer er darunter versteht. Ich bin gespannt und werde es mir bestimmt ansehen. Insgesamt hinterläßt das Interview von Frank Piller mit B. Joseph Pine II bei mir den Eindruck, dass man sich in Zukunft sehr viel stärker mit den Fragen der Interaktion zwischen Kunden und Unternehmen befassen wird. Reichwald/Piller sprechen ja auch in ihrem Buch Interaktive Wertschöpfung von der Interaktionskompetenz. Dabei ist mit Interaktion hier nicht nur die Schnittstelle Mensch-Technik gemeint (Konfiguratoren usw.), sondern (möglicherweise) auch gegenseitige Transformation von Kompetenzen (in unterschiedlichen Domänen) im Sinne von Selbstorganisationsdispositionen? Mal sehen, wie es bei diesen spannenden Fragen weitergeht. Spätenstens auf der MCPC2007 im Oktober werden wir sehen, was sich alles in der Zwischenzeit getan hat.