Mistele, P; Trolle, A. (2006): Zur Konstruktion von Lernräumen in Hochleistungsystemen

lernraeume.gifMistele und Trolle beschreiben in ihrem Arbeitspapier, dass das Lernen im Arbeitsprozess an Bedeutung zugenommen hat und auch noch zunehmen wird. Dabei gehen die Autoren auf die damit verbundenen Veränderungen der Örtlichkeiten und der Räumlichkeit des Lernens ein. In der Zusammenfassung findet sich folgender Satz: “Die zunehmende Verlagerung des Lernens in den Prozess der Arbeit dient dem Erwerb und Ausbau situativer Handlungsfähigkeiten über formelle und informelle Lernprozesse.” Meines Erachtens wieder ein Hinweis darauf, dass Kontextbezug und Selbstorganisation, also Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition, im Unternehmensbereich wichtig ist. Das von Rauner beschriebene Konzept der Multiplen Kompetenz (Kompetenz und Multiple Intelligenz) ist in diesem Sinne anschlussfähig.

Dörner, O. (2005): Umgang mit Wissen in der betrieblichen Praxis

doerner_2005.gifIn seiner interessanten Dissertation stellt Olaf Dörner den Umgang mit Wissen in der betrieblichen Praxis am Beispiel kleiner und mittelständischer Unterenhmen aus Sachsen-Anhalt und der Region Bern dar: “Zentraler Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit sind Formen und Bedingungen des Umgangs mit Wissen und insbesondere zur Generierung von Wissen in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Solche Betriebe sehen sich häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, sie engagierten sich zu wenig im Bereich der Weiterbildung, was unter sich schnell verändernden Marktbedingungen zu Problemen führen könnte. Nachvoll-ziehbare Gründe dafür sind etwa Schwierigkeiten der Finanzierung und Freistellung von Mitarbeitern. Ohne diese zu vernachlässigen, wurde zu Beginn des Projektes davon ausgegangen, dass es andere Wege des Wissenserwerbs gibt, die jenseits organisierter Weiterbildungsangebote (unternehmensintern und -extern) liegen. Es wird empirisch untersucht werden, wie solche Wege gestaltet und gerahmt sind.”

ConWeaver: Eine Lösung zur Wissensvernetzung?

conweaver.gifDie Ankündigung des Tools ConWeaver ist vielversprechend: “ConWeaver ist eine Lösung für die automatisierte Wissensvernetzung, semantische Integration und intelligente Suche in Portalen und Intranets.” Um es gleich vorweg zu sagen: Ich bin sehr für die Nutzung der neuen technologischen Möglichkeiten, möchte aber dennoch auf die Besonderheiten von Wissen eingehen. Schauen wir uns zunächst den ersten Teil des Satzes an, in dem von “automatisierter Wissensvernetzung” die Rede ist. Betrachtet man Wissen durch die Brille des Konstruktivismus´, so ist diese Aussage zu relativieren. Wenn Wissen situativ ist und in dem jeweiligen Kontext konstruiert wird, so leuchtet mir eine automatische Wissensvernetzung z. B. von impliziten Wissen mit Hilfe des Tools nicht ein. Weiterhin wird von einer “intelligenten Suche” gesprochen. Scheinbar ist heute alles intelligent: Software, Häuser, Autos, Straßenschilder usw. Intelligenz ist ein Konstrukt, das über 100 Jahre von dem IQ bestimmt war. In der Zwischenzeit gibt es Alternativen, die zwar auch heftig kritisiert werden, aber doch immer stärker auf dem Vormarsch sind (Siehe den Hinweis von Rauner 2004, der auf die Konvergenz der Kompetenz- und Intelligenzdebatte verweist). Von welcher Art “Intelligenz” wird hier in Verbindung mit dem Tool ConWeaver gesprochen? Ist es die künstliche Intelligenz (dann sollte man es auch so formulieren) oder meint man nur ein adaptives System? Und was ist mit den intelligenten Personen, die Wissen aus Daten und Informationen konstruieren, und es selbstorganisiert in Unternehmen (Domänen) so einsetzen, dass Probleme (Complex Problem Solving) des Kunden gelöst werden (Kompetenz: Selbstorganisationsdisposition)? Wie werden diese intelligenten Menschen von dem Tool unterstützt? Am Ende noch einmal der Hinweis: Ich bin für die Nutzung des Semantic Web, dennoch halte ich den Sprachgebrauch zur Zeit für etwas unglücklich.

METORA: Das Wissensmanagement Referenzprojekt

metora.gifDas Verbundrojekt METORA verfolgt die Ziele: “KMU bei der Erschließung von Wissensmanagement-Potenzialen zu unterstützen und Barrieren im Umgang mit Wissen abzubauen, Wissensmanagement-Dienste zu entwickeln, im Netzwerk des BITKOM zu erproben und in alle Branchen zu transferieren, Austausch und Nutzen von Praxiserfahrungen auf einer webbasierten Plattform, in Wissenswerkstätten und Expertengesprächen nachhaltig zu fördern.”

Pawlowski et al. (2006): Wissen als Wettbewerbsvorteil in kleinen und mittelständischen Unternehmen

wm_fokus_studie_2006.gifEine interessante Studie von Pawlowski / Gerlach / Hauptmann / Puggel: “Die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) hängt zunehmend von ihrer Fähigkeit ab, personelle und Wissensressourcen zu managen. Doch welche Merkmale kennzeichnen ein spezifisch mittelständisches Wissensmanagement? Die vorliegende Studie zielt darauf ab, Nutzungstypen bzw. Anforderungslagen des Wissensmanagements zu identifizieren und in ihren Merkmalen möglichst umfassend darzustellen.”

Bitkom-Trendreport: Wissensmanagement 2006-2010, Positionen und Trends

bitkom_wm_2006_2010.gifDer Bitkom-Trendreport ist in vielfacher Hinsicht lesenswert. Einerseits stellt er sehr schön dar, dass Wissensmanagement bisher sehr verküzt (ingenieurwissenschaftlich) verstanden wurde, zu sehr IT-lastig war, und sich zu wenig mit den Unterschieden zwischen Wissen und Information befasst hat. Andererseits ist es bemerkenswert, dass gerade so eine Organisation wie die BITKOM darauf verweist, dass Wissensmanagement in Zukunft anders aussehen wird. Denn gerade solche Organisationen haben in der Vergangenheit sehr stark ein E-Wissensmanagement propagiert, wobei ich (ähnlich meinen Anmerkungen zu E-Learning) E-Wissensmanagement interpretiere als “E minus Wissensmanagement”. Nunmehr scheint die Einsicht zu greifen, dass “Wissensmanagement plus E” der bessere Weg ist. Wer aber ist nun verantwortlich dafür, dass in den letzten 10 Jahren so viel in IT-gestützte Strukturen und weniger in WM-Strukturen investiert worden ist? Wenn man heute über Wissensmanagement in Unternehmen spricht merkt man, dass das Thema Wissensmanagement regelrecht “verbrannt” worden ist, und man es wieder behutsam aufbauen muss. Die implizite, soziologische Dimension des Wissens (lesenswert dazu Schilcher 2006) wird allerdings immer noch zu wenig beachtet. Mir ist der BITKOM-Trendreport und sind die hier genannten Trends daher immer noch zu sehr aus der Perspektive der Informations- und Kommunikationstechnik formuliert. Ein Beipiel soll meine Kritik etwas verdeutlichen. Der erste Trend im BITKOM-Report lautet: “Das allgemeine Verständnis von Wissensmanagement rückt den Wissensarbeitsplatz und seinen unmittelbaren Praxisbezug stärker in den Vordergrund”. Hier wird nun richtigerweise darauf verwiesen, dass kontextspezifische Information personen- und arbeitsplatzorientiert verfügabr gemacht werden muss. Das reicht aber nicht. Beim lernen im Arbeitsprozess kommt es auch darauf an, dass die Selbstorganisationsdisposition (Kompetenz nach Erpenbeck) entwickelt werden muss. Lernen als Kompetenzentwicklung zu verstehen und insbesondere Erwachsenenlernen besser zu verstehen, ist Voraussetzung dafür. Welchen Beitrag leisten die vorhandenen Systeme dazu? Erst wenn es geingt, das Wissen selbsorganisiert so anzuwenden, dass für Kunden Probleme (Complex Problem Solving) gelöst (und honoriert) werden, hat das Unternehmen die Stufe der Wettbewerbsfähigkeit erreicht (Siehe Wissenstreppe von North, bzw. erweiterte Wissenstreppe von Zawacki-Richter 2004). Kurz und gut: Meines Erachtens wird zur Zeit immer noch zu viel an dem Übergang Information-Wissen und zu wenig am Übergang Wissen-Kompetenz gearbeitet. Es gibt noch viel zu tun …

Was ist Web 2.0? Deutsche Übersetzung des Originalbeitrags von O´Reilly (2005)

web_2_0.gifDer Originalbeitrag von O´Reilly (30.09.2005) wurde von Patrick Holz übersetzt (Deutsche Fassung). Ich hoffe sehr, dass viele sich den Artikel durchlesen, denn er bietet viele neue Erkenntnisse und regt zum Nachdenken an. In dem Artikel kommt beispielsweise immer wieder der Begriff “Intelligenz” vor. Wie Sie wissen, befasse ich mich seit Jahren mit den Thema. Hier ein kleiner Textauszug: “Das zentrale Prinzip hinter dem Erfolg der Giganten aus der Web 1.0 Ära, die überlebt haben um nun die Web 2.0 Ära anzuführen, scheint zu sein, dass sie sich die Stärke des Web zu Eigen gemacht haben, die kollektive Intelligenz zu nutzen (…)”. Es werden dann einige Beispiele genannt, die meines Erachtens nicht geeignet sind das Thema “Kollektive Intelligenz” zu verdeutlichen. Auf der selben Seite kommt auch noch der Begriff “Weisheit des Volkes” vor. Aus meiner Sicht sind das alles Marketingaktivitäten bei denen versucht wird mit einem griffigen Slogan komplexe Sachverhalte darzustellen – was allerdings misslingt. Es muss deutlich gemacht werden, was das Web 2.0 wirklich darstellt. Ist es einfach mehr Interaktion, Collaboration usw.? Ist es eine Technologie, um Daten, Informationen, Wissen oder Kompetenz besser zu transformieren? Und welche Rolle spielt dabei die Intelligenz – oder eher die Intelligenzen? Die Fragen sind aus meiner Sicht nocht nicht ganz geklärt, daher bietet sich auch ein großer Raum für Spekulationen und verwirrende Sprachvielfalt. Ich bin dennoch fest davon überzeugt, dass das Web 2.0 die schon vorhandene Dynamik und Komplexität auf dem Markt weiter erhöhen wird. Aus der Sicht von Unternehmen kommt es darauf an, diese Entwicklung nicht zu verschlafen, denn Mitarbeiter (aber auch Kunden) nutzen diese Möglichkeiten schon längst privat (Asymmetrie der Nutzung von Web 2.0-Anwendungen). Unternehmen haben meines Erachtens immer noch Vorbehalte gegenüber Web 2.0 weil sie spüren, dass es nicht nur neue Tools mit sich bringt, sondern Unternehmen damit viel stärker “von unten” beeinflusst werden (Bottom-Up). Dadurch werden Strukturen, Prozesse und Regel nicht von oben festgelegt, sondern sie bilden sich …

Schilcher, C. (2006): Implizite Dimension des Wissens und ihre Bedeutung für betriebliches Wissensmanagement

wissen_schilcher_2006.gifIn seiner Dissertation geht Christian Schilcher sehr umfassend auf die implizite Dimension des Wissens ein. Dabei weist er m. E. sehr gut darauf hin, wie sich zunächst die naturwissenschaftliche Sicht auf das Thema behauptet hat und wie sich allmählich die Erkenntnis durchsetzt, dass die Rolle des impliziten Wissens stärker beachtet werden sollte, bzw. aus meiner Sicht stärker beachtet werden muss. Aber machen Sie sich doch ein eigenes Bild davon – es lohnt sich. Die Schwerpunktverschiebung in Richtung des impliziten Wissens (auf individueller und organisationaler Ebene) sollte meiner Ansicht nach aber nicht dazu führen, dass das explizite Wissen (auf individueller und organisationaler Ebene) an Bedeutung verliert. Die Kunst besteht darin, beide Bereiche zu beachten und deren Entwicklung im Unternehmenskontext zu ermöglichen, um die Anforderungen der Kunden bzw. des Marktes (selbstorganisiert) zu erfüllen.