Warum sind Wissensarbeiter weniger austauschbar?

Viele Mitarbeiter in Organisationen arbeiten in fachbezogenen Leistungsbereichen (Domänen), die sich durch spezifische Anforderungssituationen charakterisieren lassen (vgl. Klieme et al. 2003). Die dazugehörenden Wissensgebiete werden auch als Wissensdomänen beschrieben, die gerade für das Geschäftsprozessorientierte Wissensmanagement von Bedeutung sind. Interessant dabei ist, dass das Domänenwissen darüber entscheidet, ob ein Mitarbeiter austauschbar (fungibel) ist.

Je wichtiger das Domänenwissen ist, desto weniger fungibel sind die Mitarbeiter. Das heißt, Sie können sie nicht in Stücke zerteilen. Und das heißt auch, Sie können sie nicht durch andere Leute ersetzen, wenn sie das Unternehmen verlassen. Am besten betrachten Sie Domänenwissen als unternehmerischen Vermögenswert. Er stellt eine finanzielle Investition dar, die sich im Kopf jedes Wissensarbeiters befindet und durch Investitionen der Firma in diesen Mitarbeiter dorthin gelangt ist. Verlässt der Mitarbeiter das Unternehmen nimmt er den Vermögenswert mit. Wenn Sie Ihr Humankapital buchhalterisch verwalten würden, müssten Sie bei jeder Kündigung eines Ihrer Mitarbeiter einen hohen Verlust ausweisen, um den Wert des entsprechenden Aktivpostens abzuschreiben (DeMarco 2001:36).

Domänenwissen ist in der industriellen Bilanzierung allerdings kaum als Investition, sondern eher als Kosten verbucht. Es ist daher spannend zu sehen, dass nach DeMarco Domänenwissen als unternehmerischer Vermögenswert betrachtet werden sollte. Mit Hilfe der Wissensbilanz – Made in Germany ist das möglich.

Kollektives Wissen ist nicht von dem Wissen in den Köpfen von Personen – oder sonstwie dokumentiert – abhängig?

Schon 2015 habe ich in dem Blogneitrag Gesellschaftliche Veränderungen 2030: Open Access – freies und kostenloses Wissen für alle darauf hingewiesen, dass kollektiven Wissen immer wichtiger wird:  „Kollektives Wissen ist eine wesentliche Grundlage des ökonomischen und sozialen Zusammenlebens“ (S. 43). Es stellt sich allerdings die Frage, wie kollektives Wissen entsteht. Dazu gibt der folgende Absatz eine vermeintlich verblüffende Antwort.

Jedes Handeln in einer kognitiv anspruchsvollen Situation, also das, was wir intelligentes handeln nennen, erfordert eine Wissensbasis. Sobald man sieht, dass Organisationen handeln können, und zwar als eigenständige kollektive oder korporative Akteure (Flam, 1990), steht außer Frage, dass sie auch eine eigenständige, kollektive oder korporative Wissensbasis für dieses Handeln braucht. (…) Der Kern der Idee kollektiven Wissens ist die Beobachtung, dass der Gehalt dieses Wissens nicht von den einzelnen Wissenspartikeln geprägt ist, welche in den Köpfen von Personen oder sonstwie dokumentiert vorhanden sind, sondern von den Relationen und Verknüpfungsmustern zwischen diesen Wissenselementen. Die Verknüpfungen selbst konstituieren das eigenständige kollektive oder systemische Wissen der Organisation ” Wilke (1995:52-54).

Es ist also entscheidend, wie Organisation mit den Relationen und Verknüpfungsmustern zwischen den Wissenselementen umgehen, um die Konstruktion von kollektiven Wissen zu ermöglichen. Ein wichtiger Hinweis für den Umgang mit Wissen, also dem Wissensmanagement.

Wie hängen Innovation, Wissen und Kompetenz zusammen?

Wenn wir über Innovationen sprechen sollte klar sein, dass es hier nicht alleine um Ideen (Ideation) oder Erfindungen (Inventionen) geht. Eine Erfindung, die beispielsweise patentiert wurde, ist per se noch keine Innovation. Darüber hinaus sollten Mitarbeiter und Organisationen in der Lage sein, Wissen so neu zu kombinieren, dass es zu Innovationen kommt.

“Grundvoraussetzung für Innovationen im Hightech-Bereich ist die Verfügbarkeit entsprechender Kompetenzen. Die verfügbaren Fähigkeiten stellen dabei die kognitive Basis für die Neukombination und Weiterentwicklung von Wissen in spezifischen Technologiefeldern dar und sind eine Funktion von explizitem (frei verfügbarem) und implizitem (personengebundenem) Wissen. Nur auf der Basis eines Sets entsprechender Wissensbestände besteht eine sinnvolle Option, neue wissensbasierte Lösungen zu erarbeiten.” Botthoff/Kriegesmann 2009:13).

Diese Kompetenz, verstanden als Selbstorganisationsdisposition, ist die Basis für ein modernes Innovationsmanagement (Closed Innovation – Open Innovation). Dabei sind Kompetenzen auf der individuellen Ebene, auf der Teamebene, auf der organisationalen Ebene und in Netzwerken zu entwickeln.

Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Was macht die Erfassung von Facharbeiterwissen so schwierig?

Es ist doch alles so einfach: Wenn in den Unternehmen über Wissen diskutiert wird, kommt irgendwann der Satz “Wir erstellen einfach eine Wissensdatenbank”. In diesem Satz steck viel darüber, wie Wissen gesehen wird. Wissen kann in einer Datenbank dokumentiert und wiederverwertbar abgelegt werden. Das ist allerdings nur für den teil des Wissens möglich, der explizierbar ist (Explizites Wissen). Könner ihres Fachs sind deshalb in einem Prozess, oder in einer beruflichen Domäne erfolgreich (Siehe Grafik), weil sie Arbeitsprozesswissen entwickelt haben, das hauptsächlich aus der impliziten Dimension von Wissen besteht. Diese ist auch nicht so leicht (kaum) in einer Datenbank erfassbar.

Arbeitsprozesswissen ist also das Facharbeiterwissen, welches „die praktische Arbeit anleitet“ (Rauner 2002:25), während der Ausübung der beruflichen Handlung generiert wird und zugleich überwiegend aus implizitem Wissen besteht, welches in hohem Ausmaß durch Erfahrung geprägt ist” [Hervorhebungen Dr. Robert Freund] (…) Das grundlegende forschungstheoretische Problem der Erfassung von Facharbeiterwissen liegt in der Tatsache begründet, dass „Können nicht Resultat der Anwendung von zuvor erlerntem deklarativen und prozeduralen Wissen ist“ (Becker & Spöttl 2008:29, Hervorhebung im Original; zitiert in Becker 2010:55).

Es ist somit nicht ausreichend, wenn sich Unternehmen mit Wissen befassen und damit hauptsächlich die explizite Dimension meinen. Da das Arbeitsprozesswissen von Facharbeitern hauptsächlich aus impliziten Wissen besteht, sollten Unternehmen Methoden und Techniken nutzen, um um diese wichtige Dimension des Wissens zu erschließen und für andere Nutzbar zu machen. Das ist allerdings schwieriger, als IT-Systeme einzukaufen…

Ökonomie: Sind die Ökonometrischen Modelle noch zeitgemäß?

In der aktuellen Corona-Pandemie geht es nun langsam aber sicher wieder darum, das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben anzukurbeln. Dazu beziehen sich Politiker oft auf ökonomischer Modelle, um die Richtigkeit ihrer Maßnahmen zu belegen. Es geht um Zahlen, Daten und Fakten – um rationales Handels aufgrund scheinbar objektiver Daten. Georga W. Akerlof (Wirtschaftsnobelpreis 2001) und sein Kollege Robert J. Shiller vertreten hier allerdings eine etwas andere Ansicht. In dem Buch “Animal Spirits” aus dem Jahr 2009 vertreten sie die Auffassung, dass die “nicht-rationalen Elemente unseres Handelns” stärker beachtet werden müssen.

“Ökonometrische Modelle werden im Allgemeinen als Rückkopplungsmodelle beschrieben, die nur auf beobachtbaren Daten beruhen. Alle Nichtobservablen werden in den Bereich der „Messfehler“ verwiesen. Auch wenn wir der Ansicht sind, dass solche Modelle oftmals sehr nützlich sind, vernachlässigen sie doch einige wesentliche Zusammenhänge, die auf nicht quantifizierbaren psychologischen Variablen beruhen.” (ebd. S. 200)

Und weiter führen die Autoren aus: “Die meisten Ökonomen haben für diese psychologischen Feedbackgeschichten nichts übrig. Sie laufen ihrer tief verwurzelten Überzeugung von der Rationalität menschlichen Handelns zuwider. Aber sie lehnen sie auch noch aus einem anderen Grund ab: Es gibt keine Standardmethoden zur Quantifizierung der menschlichen Psychologie. Sie halten die Bemühungen zur quantitativen Erfassung von Rückkopplungsmechanismen und deren Einbindung in makroökonomische Modelle für zu willkürlich und sind deshalb von ihrer Gültigkeit nicht überzeugt” (ebd. S. 200-201).

Ich frage mich bei der ganzen Diskussion um die Subvention verschiedener wirtschaftlicher Bereiche, ob dies “Animal Spirits” mit bedacht werden. Es sieht für mich so aus, als ob die Ökonomie der Industriegesellschaft wieder dominiert. Wissenschaftliche Expertise wird nur akzeptiert, wenn Sie auf Zahlen, Daten und Fakten beruht und reproduzierbar ist. Dieses Mindset beruht auf der Berechenbarkeit von allem. Entspricht das der Wirklichkeit von Menschen in einer Gesellschaft, oder auch in einer Organisation?

Wenn es den Unternehmen gut geht, liegt der Fokus auf den “harten” Daten des Geschäfts – das Unternehmen wird als Maschine zur Geldvermehrung gesehen.. Geht es dem Unternehmen wirtschaftlich nicht gut, kommen andere Metaphern wie “das Unternehmen leidet” oder ” das Unternehmen stirbt” ins Spiel. Diese Metapher erinnern stärker an einen lebenden komplexen Organismus. Es ist aus meiner Sicht bedenklich, weiterhin an der Maschinen-Metapher festzuhalten, da diese dem komplexen Umfeld nicht mehr gerecht wird.

Wissensbilanz 2019 der Wirtschaftsuniversität Wien

Die Wirtschaftsuniversität Wien hat ihre Wissensbilanz 2019 (PDF) im Mai 2020 veröffentlicht. Dass Universitäten in Österreich jährlich eine Wissensbilanz veröffentlichen müssen steht in der Wissensbilanz-Verordnung 2016 – WBV 2016 des Landes. Die Wissensbilanz 2019 der Wirtschaftsuniversität Wien gliedert sich dabei in die Abschnitte: Leistungsbericht, Kennzahlen und Leistungsvereinbarungs-Monitoring (Bericht über die Umsetzung der Ziele und Vorhaben der Leistungsvereinbarung). Es ist schon erstaunlich, dass Wissensbilanzen in Österreich seit 2016 verbindlich durchgeführt werden müssen. Scheinbar ist das Instrument der Wissensbilanz durchaus für die zukünftige Ausrichtung einer Universität sinnvoll.

In Deutschland steht die Wissensbilanz – Made in Germany kostenfrei zur Verfügung. Es gibt allerdings keine gesetzliche Verpflichtung z .B. für Universitäten, eine Wissensbilanz zu erstellen und dann auch noch zu veröffentlichen. Meines Erachtens kann die Wissensbilanz – Made in Germany nicht nur in Universitäten, sondern in allen wissensintensiven Bereichen einer Gesellschaft genutzt werden, um zu klären, wie das oftmals sehr spezifische Wissenssystem gemanagt werden kann (Wissensmanagement).

Als Moderator der Wissensbilanz – Made in Germany habe ich schon einige Organisationen dabei geholfen, eine Wissensbilanz – Made in Germany zu erstellen. Darüber hinaus habe ich deutschlandweit Road Shows moderiert, in denen auch Unternehmen dargestellt haben, wie sie die Wissensbilanz – Made in Germany nutzen. Sprechen Sie mich bitte an, wenn Sie an dem Thema interessiert sein,

National Intellectual Capital 2019 Yearbook

In einer wissensbasierten Gesellschaft kommt es darauf an, das Intellektuelle Kapital auf verschiedenen Ebenen zu visualisieren und zu entwickeln. In dem Jahrbuch Lin, C.Y.Y. (eds.) (2019) National Intellectual Capital Yearbook 2019, TICRC wird auf Seite X deutlich, um was es dabei auf Länderebene geht:

”It is time to retire metrics like GDP. They do not measure everything that matters”,
Nobel Laurate, Joseph Stiglitz, Nov 24, 2019, Guardian.

Im Ranking steht Deutschland auf Rang 12. In den letzten Jahren ist das Verständnis zum Intellektuellen Kapital in Deutschland auch durch das Projekt Wissensbilanz – Made in Germany entwickelt worden. In den deutschlandweiten Veranstaltungen (Roadshows) durfte ich über mehrere Jahre mit dazu beigetragen. Es hat mir immer sehr viel Freude bereitet, mit den Teilnehmern über das Thema zu diskutieren. Bei den Roadshows waren auch immer Organisationen dabei, die die Wissensbilanz – Made in Germany schon ungesetzt hatten. Sprechen Sie mich bitte an, wenn Sie Interesse an dem Thema “Wissen”, oder auch speziell an der Wissensbilanz – Made in Germany interessiert sind.

Wissensmanager/in (IHK): Zertifikatsworkshop bei der IHK Köln

Der von uns entwickelte bundeseinheitliche Blended Learning Lehrgang Wissensmanagerin (IHK) wurde am ProfessionalCenter der Universität Köln durchgeführt. Heute findet der abschließende Zertifikatsworkshop bei der IHK Köln statt. Anhand einer Fallstudie haben drei Teams verschiedene Analysen durchgeführt, die sie gleich präsentieren werden. Weitere Informationen zu diesem Lehrgang, und zu unseren anderen Blended Learning Lehrgängen, finden Sie auf unserer Lernplattform.

Wissensmanager/in (IHK) – der neue Flyer ist da

Der von uns entwickelte bundeseinheitliche Lehrgang Wissensmanager/in (IHK) wird in diesem Jahr bei der Universität Köln (ProgessionalCenter) durchgeführt, und auch von der IHK Köln angeboten (Termine). Der neue Flyer (PDF) informiert Sie über die Inhalte und den Aufbau des Blended Learning Lehrgangs. Es freut mich, dass immer mehr Organisationen realisieren, wie wichtig Wissen auf allen Ebenen ist, und dass der Umgang mit dieser Ressource etwas anders ist. Es ist daher gut, wenn Mitarbeiter das Wissenssystem analysieren und weiterentwickeln können. Informationen zu diesem und zu allen anderen Blended Learning Lehrgängen finden Sie auf unserer Lernplattform