Lernende Organisation oder Organisationales Lernen?

Die Frage Lernende Organisation oder Organisationales Lernen? ist natürlich nicht so einfach zu beantworten. Wie häufig, ist die Antwort kein eindeutiges entweder-oder, sondern ein sowohl-als-auch. Kluge und Schilling (2004) schlagen vor, „Organisationales Lernen“ (OL) als kooperatives Lernen in einem sozialen System zu verstehen und „Lernende Organisation“ (LO) als das formale Regelwerk dazu, das kontinuierliches Lernen ermöglichen soll. Konzepte zu OL/LO und empirische Forschung sind nach Kluge/Schilling (2004) zusammengestellt in Barthel/Zawacki-Richter/Hasebrook (2006:350-355). Kluge und Schilling (2004) kommen in ihrer Übersichtsarbeit zu den folgenden Schlussfolgerungen – zitiert in Barthel/Zawacki-Richter/Hasebrook (2006:356):

  1. Organisationales Lernen im Sinne einer Veränderung und Angleichung der „mentalen Modelle“ der Organisationsmitglieder findet vor allem durch direkte, meist informelle Interaktion statt. Informationstechnologie spielt eine untergeordnete Rolle bei der Informationsaufnahme und -bewertung, sondern ist eher als Speicher und Transportmittel wichtig.
  2. Es gibt Organisationsprozesse und Produkt- bzw. Produktionsmerkmale, die Informationsverarbeitung und -transfer verbessern, zum Beispiel Lernorientierung, Lernen aus Fehlern, Teamarbeit und Standardisierung.
  3. Ein Gleichgewicht aus Beständigkeit und Fluktuation ist essentiell, da sich schon nach wenigen Monaten eine Stabilisierung von sozialen Beziehungen ergibt, die die Organisation stützen, aber gleichzeitig Innovationen verhindern; lernen kann eine Organisation nur durch von Bekanntem abweichendes Wissen.

Aus meiner Sicht sind dabei folgende Punkte interessant: Im Punkt 1 wird von mentalen Modellen gesprochen, die gerade durch die Multiple Intelligenzen Theorie beeinflusst werden können. In diesem Paper (Veröffentlichungen) habe ich den Zusammenhang genutzt. Siehe dazu auch Gardner: Changing Minds. Weiterhin ist hervorzuheben, dass Organisationales Lernen vor allem durch informelle Kontakte der Menschen entsteht und weniger durch IKT. In Punkt 3 wird erwähnt, wie wichtig abweichendes Wissen für die Organisation ist. Siehe dazu auch Theorie der Pfadabhängigkeit.

 

Reduktionismus: Die Vereinfachung komplexer Sachverhalte ist unangemessen

Briggs/Peat (1999:25) führen dazu aus: “Im wesentlichen ist der Reduktionismus die Natursicht eines Uhrmachers. Eine Uhr lässt sich auseinander nehmen und in ihre Bestandteile wie Zahnräder, Hebelchen, Federn und Triebwerk zerlegen. Sie lässt sich aus diesen Teilen auch wieder zusammensetzen. Der Reduktionismus stellt sich auch die Natur als etwas vor, was sich zusammensetzen und auseinander nehmen lässt. Reduktionisten glauben, dass auch die komplexesten Systeme aus atomaren und subatomaren Entsprechungen von Federn, Zahnrädchen und Hebeln bestehen, die die Natur auf unendlich vielfältige, geniale Art kombinierte.“ Die vereinfachende Zurückführung komplexer Sachverhalte auf einefache Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, (sowie deren Messbarkeit) ist in einem turbulenten Umfeld nicht mehr angemessen, denn es kommt in komplexen Systemen auch zu emergenten Phänomenen. Siehe dazu u.a. das Beispiel einer Fussballmannschaft, die Intellektualistische Legende oder Baumgartner 1973.

11. KnowTech – Kongress zum IT-gestützten Wissensmanagement

Die 11. KnowTech – Kongress zum IT-gestützten Wissensmanagement findet vom 06.-07.10.2009 im Kongresszentrum der IHK Frankfurt am Main statt. Bis zum 30.04.2009 haben Sie noch die Möglichkeit Beiträge zu den vielfältigen Themen einzureichen (Call for Papers). Der Schwerpunkt liegt auf dem IT-gestützten Wissensmanagement, was natürlich die Frage aufwirft, welche Vorteile bzw. Nachteile diese Priorisierung hat, bzw. haben kann. Siehe dazu auch Schilcher (2006): Implizite Dimension des Wissens und ihre Bedeutung für betriebliches Wissensmanagement.

Bildung neu denken – A truck is not a horse

Was soll das bedeuten “A truck is not a horse”? Wer nur in “Pferdekategorien” oder sollte ich besser sagen im “Pferdesystem” denkt, wird nie glauben, dass es in einem anderen System (Auto-System) Lösungen gibt, die in seinem System undenkbar sind. Übertragen auf das Bildungs-System bedeutet das, dass man heute neue Fragen stellt (Wie soll Bildung in einer wissensbasierten Gesellschaft aussehen?), aber immer noch zu oft alte Antworten gibt (Wir geben einfach mehr Geld, mehr Lehrer usw. in das System)… Der Tenor: Viel hilft viel. Unser traditionelles Bildungssystem ist wie ein Massenproduzent organisiert. Da macht es auch nichts weiter, dass man in letzter Zeit versucht, mit Qualitätsmanagement-, Lean- und Reengineering-Programmen die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Folgende Aussagen hört man immer wieder (Auswahl): 

  1. Man braucht mindestens 15 Teilnehmer, um ein Seminar stattfinden zu lassen
  2. Es wäre schön, wenn alle Teilnehmer die gleichen Eingangsvoraussetzungen mitbringen würden
  3. Die “heterogen” zusammengesetzte Gruppe, kann nicht individuell genug qualifiziert werden
  4. Man hat bei 15-20 Teilnehmern keine Zeit, sich um jeden individuell zu kümmern
  5. Die Abrechnung für Dozenten erfolgt nach Stunden-/Tagessätzen
  6. Getaktete Zeitstunden sind die Regel

Im Kontext der Umbrüche (Turbulenter Wandel, Globalisierung, Individualisierung) gerät auch das Bildungssystem unter Druck und muss sich anpassen. Die konsequente Teilnehmerorientierung (nicht zu verwechseln mit  der Kundenorientierung), drückt sich in der Forcierung des selbstgesteuerten Lernens und der Höherbewertung informeller Lernprozesse sowie der Betonung einer erhöhten Eigenverantwortung im Prozess lebenslangen Lernens aus (BMBF 2004:15). 

These: Es ist Zeit, das bisher erfolgreiche Bildungssystem strukturell zu verändern und umzubauen, denn auf neue Fragen gibt es zu oft alte Antworten: A truck is not a horse

Wer nur kann, was alle schon können, und nur weiß, was alle schon wissen, kann auch nur tun, was alle schon tun können (Prof. Markl).

Fischbach et al. (2009): Analyse informeller Kommunikationsnetzwerke am Beispiel einer Fallstudie

In der Wissensmanagement-Debatte geht es oftmals um die informellen Strukturen und Prozesse in einer Organisation. Informelles Lernen und implizites Wissen (Polanyi) sind Themen, die immer wichtiger werden. Wie sehen die informellen Kommunikationsstrukturen einer Organisation aus? Kann man diese Darstellen und somit analysieren? Der Artikel Fischbach, K.; Gloor, P. A. Schoder, D. (2009): Analyse informeller Kommunikationsnetzwerke am Beispiel einer Fallstudie (In: Wirtschaftsinformatik 2/2998) stellt eine Möglichkeit dar, die bei der Kreissparkasse Köln getestet wurde. Abstract:

“Die Struktur und Dynamik informeller Kommunikationsnetzwerke sind von zentraler Bedeutung für das Funktionieren betrieblicher Arbeitsprozesse und beeinflussen die Leistungs- und Innovationsfähigkeit von wissensintensiven Organisationen. Während sich die meisten Führungskräfte dessen bewusst sind, fehlt es an (teil-)automatischen, IT-gestützten Methoden und Instrumenten, die informelle Kommunikationsnetzwerke erfassbar machen. Während die Protokollierung elektronisch vermittelter Kommunikation in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht hat, ist die Abbildung von persönlichen Interaktionen nach wie vor sehr aufwändig und insbesondere bei manuellen Verfahren sehr fehleranfällig. Die Autoren zeigen in dem Beitrag, wie sich informelle Kommunikationsnetzwerke mit Hilfe von IT-gestützten Verfahren untersuchen lassen. Dabei präsentieren sie ein Instrument („Social Badges”), das Daten über die persönliche Kommunikation automatisch und genauer erfasst, als dies mit herkömmlichen Mitteln realisierbar ist. Die praktische Verwendbarkeit des Ansatzes wird anhand einer Fallstudie evaluiert”.

Der Einsatz von Social Badgets ist eine interessante Überlegung. Was mir nicht so gefällt ist, dass man die Ergebnisse mit Ergebnissen aus einem Persönlichkeitsmerkmal-Test (NEO-FFI) vergleicht. Das deutet auf ein ingenieurwissenschaftliche Vorgehensweise hin (Soll/IST-Vergleich). In sozialen Netzen kommt es allerdings auch zu emergenten Phänomenen, die in dieser Weise nur schwer darzustellen sind. Mir würde ein Bottom-Up- und Top-Down-Monitoring inkl. Mustererkennung gefallen (vgl Schreyögg zu dynamischen Kompetenzmodellen). Siehe dazu auch Intellektualistische Legende.

Landkarten, Wissens-Landkarten: Eine kleine Geschichte zu Karten auf ARTE-TV

Wir sprechen oft von Karten oder Maps. Ob es um Google-Maps geht, oder um Knowledge Maps, Cognitive Mapping, immer geht es um Karten. Solche Karten sind nicht immer eindeutig und oftmals tendenziell – sogar die Karten unserer Erde. Arte-TV hat gestern in der Sendung Mit Offenen Karten sehr schön über Die Karten der Anderen berichtet und gezeigt, wie unterschiedlich die Welt auf Karten aussehen kann. In der Schlussfolgerung heisst es: ” Karten lügen also, aber sie sind informativ, im positiven oder im negativen Sinn. Und es gibt viele äußerst prächtige Karten”. Ist das mit Wissens-Landkarten etwa auch so? Siehe dazu auch Google-Map zu Multiple Intelligenzen, Google-Map zu Mass Customization in Deutschland, Web-Trend-Map 2007,

Industriearbeit in Modern Times (Charlie Chaplin)

Arbeit in der Industrie war geprägt durch Routinetätigkeiten in Massenproduktioneprozessen. Der Film Modern Times mit Charlie Chaplin zeigt das deutlich und komisch. Der Mensch, Lieferanten und Kunden werden in solchen Prozessen wie ein austauschbare “Teile” angesehen. Wissensbasierte Arbeit ist anders. In wissensbasierten (Geschäfts-) Prozessen kommt der Wissenskonstruktion durch den Menschen und dem damit verbundenen Umgang mit impliziten Wissen eine besondere Bedeutung zu.

Rauner, F. (2007): Praktisches Wissen und berufliche Handlungskompetenz

Der Artikel Rauner, F. (2007): Praktisches Wissen und berufliche Handlungskompetenz (Europäische Zeitschrift für Berufsbildung Nr. 40 – 2007/1): “Die arbeitsorientierte Wende in der Didaktik beruflicher Bildung hebt die ´bedeutsamen´ beruflichen Arbeitssituationen und das darauf bezogene Arbeitsprozesswissen als Dreh- und Angelpunkt für die Gestaltung beruflicher Bildungsgänge und -prozesse hervor. Die Dramatik dieses Perspektivwechsels besteht nicht nur in der Abkehr von einer fach- und wissenschaftssystematischen Didaktik, sondern in der entwicklungstheoretisch begründeten Ausarbeitung einer beruflichen Didaktik für die Berufsbildungspraxis und die Berufsbildungsplanung. Für die gestaltungsorientierte Didaktik beruflicher Bildung, die diese Wende frühzeitig vollzogen hat, geht es in diesem Zusammenhang um eine Ausdifferenzierung der Wissenskategorie, vor allem unter dem Aspekt des praktischen Wissens und der praktischen Begriffe und auch als Grundlage für eine domänenspezifische Berufsbildungsforschung”. Rauner verweist auf Seite 10 dabei auf domänenspezifischen Kompetenzen in Zusammenhang mit der Multiple Intelligenzen Theorie von Howard Gardner. Siehe dazu auch Multiple Kompetenzen.

Soziales Kapital? Was ist das denn? Wie ist der Forschungsstand zum Thema?

Bei der Wissensbilanz – Made in Germany werden im unternehmerischen Kontext die Einflussfaktoren von Humankapital, Beziehungskapital und Strukturkapital betrachtet und über ein Wirkungsnetz in Beziehung zueinander gebracht. Nun kommt es immer wieder vor, dass von Sozialkapital die Rede ist, nur: Was versteht man darunter? Gibt es überhaupt eine Definition für Sozialkapital?  Das Paper Akçomak (2009) Bridges in social capital A review of the definitions and the social capital of social capital researchers gibt auf diese Frage umfassend Auskunft. Abstract: “There has been a recent surge of interest in social economics and social capital. Articles o nsocial capital that are published in the last five years constitute more than 60 percent of all articles on social capital. Research on social capital is now massive and spans sociology, economics, management, political science and health sciences. Despite this interest there is still not a consensus on the definition and the measurement of social capital. This paper argues that this is due to lack of interaction between disciplines. The social capital of social capital researchers is low between disciplines. Different from other theories of capital, social capital theory has concurrently been developed by various disciplines and as such, advancements in social capital research could only be achieved by conducting crossdisciplinary research.”