Multiple Intelligenzen: Wieder ein ungenauer Artikel

Gesicht60.jpgUm es vorweg zu sagen: Ich freue mich, wenn Zeitschriften ein schwieriges Thema aufnehmen, um es dem Leser näher zu bringen. Wenn sich der Beitrag allerdings zu weit von der aktuellen Forschung entfernt, sollte man etwas dazu schreiben. In der Zeitschrift GEOkompakt Nr. 15 06/08 – Wie wir denken geht es u.a. um das Thema “Intelligenz”. In dem Artikel Was ist Intelligenz? geht der Autor Martin Paesch auf die historische Entwicklung des IQ und auch auf die Multiple Intelligenzen Theorie ein – letzteres allerdings wenig professionell. Auf Seite 4 der Onlineausgabe liest man folgendes:

Als Gegenentwurf zum IQ-Modell hat Gardner daher eine „Theorie der multiplen Intelligenzen“ entwickelt. Danach gibt es acht voneinander unabhängige Intelligenzen: eine sprachliche, eine musikalische, eine logisch-mathematische sowie eine räumliche (die etwa Architekten auszeichne), eine körperlich-kinästhetische (unter Sportlern und Tänzern verbreitet), eine naturkundliche. Zudem erleichtere eine interpersonale Intelligenz die Arbeit mit Mitmenschen und befähige eine intrapersonale zur Selbstreflexion.

Dazu kann ich nur antworten:

  1. Die Multiple Intelligenzen Theorie ist kein “Gegenentwurf” zu g (IQ), sondern erweitert das Konstrukt “Intelligenz”. Siehe dazu auch Über den Unsinn von Intelligenztests
  2. Hinweise auf “Multiple Intelligenzen” gibt es auch bei Sternberg (Triarchisches Modell, Salovay/Meyer (Emotional Intelligence), und besonders bei Ceci usw.
  3. Es fehlt in dem Beitrag, was Gardner unter “Intelligenz” versteht: “Ich verstehe eine Intelligenz als biopsychologisches Potential zur Verarbeitung von Informationen, das in einem kulturellen Umfeld aktiviert werden kann, um Probleme zu lösen oder geistige oder materielle Güter zu schaffen, die in einer Kultur hohe Wertschätzung genießen“ (Gardner 2002:46-47). Darin geht ausdrücklich der wichtige Kontextbezug von Intelligenz hervor. Siehe dazu auch die Hinweise von Aissen-Crewett 1998.
  4. In einer (beruflichen) Domäne wirken verschiedene Intelligenzen…. aus diesem Grund spricht Rauner (2004) auch von einem Konzept der Multiplen Kompetenz, das Erkenntnisse aus der Intelligenz-, Wissensdebatte und Expertiseforschung aufnimmt. Siehe dazu auch mein Promotionsskizze.

Weitere Hinweise zu den angesprochenen Punkten finden sie in den Kategorien Multiple Intelligenzen oder auch Kompetenzmanagement.

Dewe, B.; Weber, P. J. (2007): Wissensgesellschaft und Lebenslanges Lernen

dewe_weber_2007.jpgIn dem Buch Dewe, B.; Weber, P. J. (2007): Wissensgesellschaft und Lebenslanges Lernen. Eine Einführung in bildungspolitische Konzeptionen der EU beschreiben die beiden Autoren im ersten Teil wichtige Aspekte einer Wissensorientierung, die sich von der Informationsperspektive unterscheidet (S. 14): “Wir halten den Begriff der Wissensgesellschaft gegenüber dem der Informationsgesellschaft für zutreffender, ´weil die anvisierten qualitativen Veränderungen nicht auf Information, sondern auf der neuen Wertigkeit, ökonomischen Bedeutung und politischen Steuerung von Wissen und Expertise´beruhen (Willke 1998, 162)” (Seite 19). “Ein weiterer Aspekt bei der Rede von der Wissensgesellschaft und der Wissensbasierung gesellschaftlicher Prozesse bezieht sich auf die komplizierte Beziehung zwischen Wissen und Handeln und Wissen und Können” (Seite 22). Nicht zuletzt verweisen Dewe und Weber auf Seite 34 auf die vier Dimensionen eines modernen Lernbegriffs (Allgemein, Zeitdimension, Sozialdimension und Sachdimension). Die Abgrenzung des Wissensbegriffs zu Informationen und die Berücksichtigung der Dimensionen des Lernbegriffs haben erhebliche Konsequenzen für den Umgang mit Wissen (Wissensmanagement).

Reichling, T. (2008): Wissensmanagement in einer Netzwerkorganisation

Entspannen10.jpgIn der Dissertation Reichling, T. (2008): Wissensmanagement in einer Netzwerkorganisation beschreibt der Autor (S. 10) “eine Fallstudie, in der Anforderungen und Bedarfe an Wissensmanagement in einer Organisation empirisch ermittelt werden und ein entsprechendes System eingeführt und evaluiert wird. Dabei handelt es sich um einen nationalen Europäischen Industrieverband der Investitionsgüterindustrie.” Weiterhin findet man auf Seite 15 interessante Hinweise zu den oftmals verwendeten Begriffen Tacit Knowledge, Tacit Knowing und Implizites Wissen:

“Das von Polanyi (1958) so benannte Konzept des Tacit Knowing unterscheidet sich auf subtile Weise von implizitem Wissen (Tacit Knowledge, Polanyi 1985). (…)  Möglicherweise auch aufgrund der feinen Unterscheidung dieser Begrifflichkeiten werden die Begriffe implizites Wissen, Tacit Knowledge und Tacit Knowing in der Literatur uneinheitlich und teilweise widersprüchlich verwendet. Insbesondere taucht der Begriff des impliziten Wissens als Synonym für Polanyis’ (1958) Konzept des Tacit knowing auf. Wie beschrieben, ist dies nicht zulässig und kann zu Missverständnissen und falschen Erwartungen hinsichtlich der Übertragbarkeit von Wissen führen, wie Wilson (2002) mit Bezug auf Nonaka und Takeuchi (1995, siehe unten) bemerkt.”

Siehe dazu auch Personalführung 4/2007 und Schilcher (2006): Die implizite Dimension des Wissens und ihre Bedeutung für betriebliches Wissensmanagement.

Malik, F. (2008): Wie Organisationen sich selbst organisieren

malik.jpgDas Buch Malik, F. (2008): Wie Organisationen sich selbst organisieren ist aus der Reihe “Management heute: Komplexität meistern” und im April erschienen. In der Financial Times vom 31.07.2008 erläutert Axel Gloger unter dem Titel Regeln entlasten Chefs einige Kernpunkte des Buchs. Die Hinweise auf Selbstorganisationsprozesse in Organisationen sind zwar nicht neu, dennoch ist es immer gut, wenn ein so bekannter Autor wie Fredmund Malik dazu etwas schreibt. Wissenschaftliche Paper lesen die Verantwortllichen in den Unternehmen nicht so gerne, Bücher von bekannten Autoren jedoch schon. Wenn dann noch in der Financial Times darüber geschrieben wird, dann muss doch etwas an dem Thema sein… oder? Möglicherweise überlegen nun immer mehr Entscheider, wie sie Selbstorganisationsprozesse in ihren Organisationen unterstützen können. Das wäre ein guter Anfang. Siehe dazu auch

  1. Mitchell, S. (2008): Komplexitäten
  2. Wie hängen Komplexität und Selbstorganisation zusammen?
  3. Was versteht man unter Selbstorganisationsdisposition?
  4. Können Kompetenzen im Unternehmen statisch und dynamisch sein?

Open Web Foundation gegründet

openwebfoundation.jpgAm 24.07.2008 wurde die Gründung der Open Web Foundation bekannt gegeben: “The Open Web Foundation is an attempt to create a home for community-driven specifications. Following the open source model similar to the Apache Software Foundation, the foundation is aimed at building a lightweight framework to help communities deal with the legal requirements necessary to create successful and widely adopted specification.” Es verwundert daher nicht, dass die Open Web Foundation von den ganz Großen des Internetbusiness unterstützt wird: Google, Facebook, Yahoo, … Ich bin gespannt darauf, was die Open Web Foundation in Zukunft bewirken kann.

RYZwear.com: Das Konzept von Threadless.com auf Schuhe übertragen

ryzwear.jpgFrank Piller berichtete am 24.07.2008 in seinem Blog über RYZwear.com: Applying the Threadless Concept to Footwear. Frank beschreibt ausführlich den Hintergrund des Unternehmens und vergleicht das Geschäftsmodell von RYZwear.com mit dem von Threadless.com. Dabei ist Frank etwas skeptisch, ob sich der Erfolg des Threadless-Modells (15$-Shirts) auf 90$-Sneakers übertragen lässt – man wird sehen… Das Unternehmen RYZwear wurde am 26.06.2008 in Portland/USA gegründet. Ich habe mich auf der Website ein wenig umgesehen und bin gespannt, wie sich das Geschäftsmodell entwickelt. Es ist auf jeden Fall gut zu sehen, dass sich viele Unternehmen mit den neuen Möglichkeiten von Mass Customization und Open Innovation in der Schuhbranche befassen. Ich bin sicher, dass irgendwann eines der Geschäftsmodelle erfolgreich sein wird. Es wäre natürlich schön, wenn es nicht immer Unternehmen aus den USA wären, die die neuen Möglichkeiten schnell umsetzen. Es kann durchaus sein, dass Europa auch hier wieder den Anschluss verpasst.

Open Innovation in Services: Video über Aktivitäten bei der British Telecom

Empfang2.jpgIn dem Video Open Innovation in Services stellt Steve Wright (Head of Strategic Research at BT) die Plattform 21CN vor: “Over the last few years, BT has been transforming its business from a telco to a networked service provider, based on ´new wave´ revenues. BT’s 21st Century Network (21CN) is an important part of that transition. It is an end-to-end IP-based network, which will consolidate BT’s complex networks and systems on to a single infrastructure. But it is not simply a network transformation; rather it is a radical overhaul of products, systems, process and a fundamental remaking of our business around the delivery of software defined services. In particular, it will enable the creation of new converged communications and information services — by BT, third parties and our customers. 21CN is a platform for open innovation in communications services.” Wieder ein Unternehmen, das seinen Innovationsprozess öffnet.

Komplexe Welt: 3sat-Sendung vom 24.07.2008 (Wdhlg.)

Regenbogen2.jpgEs ist schon erstaunlich, wenn ein Fernsehsender eine Sendung über Komplexität ausstrahlt. Am 24.07.2008 habe ich mir die Sendung Komplexe Welt auf 3sat angesehen. Es wurde deutlich, was heute unter Komplexität zu verstehen ist und wie sich diese Erkenntnis in den verschiedenen Bereichen Klima, Gehirn, Medizin, Ökonomie und Physik auswirkt: “Nach der Chaostheorie ist das Leitthema der Wissenschaften nun die Komplexitätsforschung. Dahinter steht nach Meinung vieler Wissenschaftler ein massives Umdenken, eine Revolution, die von den harten Naturwissenschaften wie Physik über die Biologie bis hin zur Gesellschaft, zur Philosophie und Religion reicht. Denn überall sind komplexe, also dynamische und anpassungsfähige, sich entwickelnde Systeme am Werk. Auch bei den Mechanismen der Zelle und in Materie und Energie.” Zu der Sendung stehen viele Videos und Audiofiles zur Verfügung. Es ist sehr erfreulich, dass sich 3sat mit dem Thema Komplexität so intensiv befasst hat. Möglicherweise haben diese Sendung ja auch einige Politiker gesehen und erkannt, dass nicht alles auf einfache Ursache-Wirkung-Beziehungen zurückzuführen ist… In komplexen Systemen kommt der Selbstorganisation eine wichtige Rolle zu. Siehe dazu auch Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition oder auch Mitchell, S. (2008): Komplexitäten.

Wissen im Web: Themenheft UNESCO heute 01/2008

unesco-heute-01-2008.jpgDas Themenheft Wissen im Web (UNESCO heute 01/2008) enthält viele interessante Beiträge. Besonders hervorheben möchte ich den Artikel Gabi Reinmann: Wissen und Information im Zeitalter des Internets. Abstract: “Die Informationsflut im Internet steigt unaufhörlich. Aber steigt damit auch die Menge und Qualität des Wissens der Internetnutzer? Was ist der Unterschied zwischen Information und Wissen, zwischen öffentlichem und personalem Wissen? Der folgende Artikel klärt die Begrifflichkeiten und fragt, inwieweit Wissen über das Internet vermittelt werden kann.”

Open-I: 1.3 Mio. EUR für ein Projekt zu Open Innovation

open-i-02.jpgAus der Pressemitteilung zu Open-I : “Open Innovation hat das Potential die Innovationsfähigkeit von Unternehmen radikal zu steigern. Wie Unternehmen konkret vorgehen können, welche Herausforderungen dabei zu meistern und welche Hindernisse zu berücksichtigen sind, erkunden Forscher der Handelshochschule Leipzig (HHL), der Universität Erlangen-Nürnberg und der Technischen Universität München im interdisziplinären Verbundprojekt “Open-I“. Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Europäischen Sozialfonds wurden hierfür jetzt rund 1,3 Mio. EUR bewilligt.” Es freut mich sehr, dass die Forschungen zu Open Innovation intensiv gefördert werden. Möglicherweise merken auch bald Unternehmen, dass sie von Open Innovation profitieren können…