Kritik an `Best Practices` für inter-organisationales Lernen

Von anderen Organisationen zu lernen, erscheint auf den ersten Blick eine wirkungsvolle Möglichkeit zu sein, organisationales Lernen zu unterstützen. Dabei ist Lernen der Prozess und Wissen das Ergebnis.

Betrachten wir in dem Zusammenhang die drei Möglichkeiten, Wissen zu artikulieren, zu kodifizieren und zu transformieren, so wird schnell deutlich, dass es schwierig ist, Wissen von einem Best Practice Unternehmen auf ein anderes Unternehmen zu übertragen.

“This leads to a discussion in organisational learning theory: that ‘best practices’ no longer represent ‘the golden standard’ to achieve successful learning across organisational boundaries. The logic is that best practices represent ‘false generalisations’ because best practices “(…) depend on the predictability and stability for the environment, and it is well known that the environment of alliances lacks both criteria” (Nielsen & Brix 2024).

Es ist dennoch erstaunlich, wie oft noch Best Practices verwendet werden. Durch das stark veränderte Umfeld haben sich manche Erkenntnisse aus der Vergangenheit (hier: Organisationale Lerntheorien) möglicherweise überholt.

Siehe dazu beispielsweise auch Wissensbilanz- Made in Germany: Macht Benchmarking Sinn? und Benchmarking im Projektmanagement: Vergleichbarkeit und Optimierungspotenzial.

Lernende Organisation oder Organisationales Lernen?

Die Frage Lernende Organisation oder Organisationales Lernen? ist natürlich nicht so einfach zu beantworten. Wie häufig, ist die Antwort kein eindeutiges entweder-oder, sondern ein sowohl-als-auch. Kluge und Schilling (2004) schlagen vor, „Organisationales Lernen“ (OL) als kooperatives Lernen in einem sozialen System zu verstehen und „Lernende Organisation“ (LO) als das formale Regelwerk dazu, das kontinuierliches Lernen ermöglichen soll. Konzepte zu OL/LO und empirische Forschung sind nach Kluge/Schilling (2004) zusammengestellt in Barthel/Zawacki-Richter/Hasebrook (2006:350-355). Kluge und Schilling (2004) kommen in ihrer Übersichtsarbeit zu den folgenden Schlussfolgerungen – zitiert in Barthel/Zawacki-Richter/Hasebrook (2006:356):

  1. Organisationales Lernen im Sinne einer Veränderung und Angleichung der „mentalen Modelle“ der Organisationsmitglieder findet vor allem durch direkte, meist informelle Interaktion statt. Informationstechnologie spielt eine untergeordnete Rolle bei der Informationsaufnahme und -bewertung, sondern ist eher als Speicher und Transportmittel wichtig.
  2. Es gibt Organisationsprozesse und Produkt- bzw. Produktionsmerkmale, die Informationsverarbeitung und -transfer verbessern, zum Beispiel Lernorientierung, Lernen aus Fehlern, Teamarbeit und Standardisierung.
  3. Ein Gleichgewicht aus Beständigkeit und Fluktuation ist essentiell, da sich schon nach wenigen Monaten eine Stabilisierung von sozialen Beziehungen ergibt, die die Organisation stützen, aber gleichzeitig Innovationen verhindern; lernen kann eine Organisation nur durch von Bekanntem abweichendes Wissen.

Aus meiner Sicht sind dabei folgende Punkte interessant: Im Punkt 1 wird von mentalen Modellen gesprochen, die gerade durch die Multiple Intelligenzen Theorie beeinflusst werden können. In diesem Paper (Veröffentlichungen) habe ich den Zusammenhang genutzt. Siehe dazu auch Gardner: Changing Minds. Weiterhin ist hervorzuheben, dass Organisationales Lernen vor allem durch informelle Kontakte der Menschen entsteht und weniger durch IKT. In Punkt 3 wird erwähnt, wie wichtig abweichendes Wissen für die Organisation ist. Siehe dazu auch Theorie der Pfadabhängigkeit.