Probleme lösen zu können ist für uns persönlich, aber auch für Unternehmen wichtig. In letzter Zeit fällt allerdings auf, dass der Begriff “Problemlösen” unterschiedlich verwendet wird. Funke unterscheidet dazu das einfache Problemlösen (Simple Problem Solving) und das komplexe Problemlösen (complex problem solving). Beim einfachen Problemlösen sind Ist- und Soll-Zustand gut beschreibbar. Durch planbares Vorgehen ist der Soll-Zustand dann mehr oder weniger gut erreichbar. Komplexes Problemlösen ist anders, denn die Ausgangszustände sind nicht so eindeutig beschreibbar und auch der Weg zum Ziel ist vielfältig und schwierig. Bamberger/Wrona (2000:6) formulieren das so: “Sie stellen Entscheidungen unter Unsicherheit dar und werden auch als sog. Multi-Kontext-Probleme derart bezeichnet, dass sie in unterschiedlichen, jeweils aktorspezifischen Kontexten definiert bzw. expliziert werden“. Die Gesamtsituation kann man als komplex bezeichnen. Komplexität begegnet man mit Selsbtorganisation – die Fähigkeit zur Selbstorganisation ist somit ein Kernelement komplexen Problemlösens. Damit sind wir allerdings auch schon beim Begriff “Kompetenz”, den Erpenbeck als Selbstorganisationsdisposition beschreibt. Berücksichtigt man weiterhin, dass Problemlösen auch mit Intelligenz in Verbindung gebracht wird, so stellt sich die Frage, wie Intelligenz mit Problemlösen zusammenhängt. Ceci und Kollegen haben herausgefunden, dass es keine Korrelation zwischen dem komplexen Probelemlösen und dem IQ gibt (vgl. dazu auch Funke). Was es allerdings gibt, ist eine Verbindung zwischen Multiplen Intelligenzen und dem komplexen Problemlösen (Ceci, Funke). Es scheint so zu sein, dass die Multiple Intelligenzen Theorie eher in der Lage ist, komplexes Problemlösen zu ermöglichen und zu unterstützen. Diesen Gedanken greife ich in meiner Dissertation (Promotionsvorhaben) auf. Siehe dazu auch Intelligenz-Quotient (IQ) aus Sicht der Komplexitätsforschung oder Psychologie der Kreativität oder Alfred Binet – oder der erste Intelligenztest der Welt
DQR (2009): Diskussionsvorschlag eines Deutschen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen
Der DQR-Diskussionsvorschlag bezieht sich stark auf den Kompetenzbegriff (S. 14): “Kompetenz bezeichnet im DQR die Fähigkeit und Bereitschaft, Kenntnisse, Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten in Arbeits- oder Lernsituationen und für die berufliche und persönliche Entwicklung zu nutzen. Kompetenz wird in diesem Sinne als Handlungskompetenz verstanden. Im DQR wird Kompetenz in den Dimensionen Fachkompetenz und personale Kompetenz dargestellt. Methodenkompetenz ist dabei integraler Bestandteil dieser Dimensionen. (Im EQR hingegen wird Kompetenz nur im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbständigkeit beschrieben.).” Dabei werden immerhin noch 8 Stufen differenziert beschrieben. Ich bin hier ein wenig skeptisch, ob dieser Ansatz der aktuellen Kompetensdiskussion gerecht wird. Alleine die Stufung suggereiert, das eine Stufe auf die andere aufbaut und ist somit der von Ryle und Neuweg kritisierten Intellektualistischen Legende unterlegen. Weiterhin ist die von Erpenbeck empfohlene Selbstorganisationsdisposition nicht zu erkennen. Nicht zuletzt geht der DQR-Vorschlag auch nicht auf Kompetenz als Emergenzphänomen ein.
Was versteht man unter Selbstorganisationsdisposition?

In dem Weblog Kompetenzmanagement finden sich viele Beiträge die darauf verweisen, dass Kompetenz heute als Selbstorganisationsdisposition verstanden wird. Dabei stellt sich natürlich die Frage, was Selbstorganisationsdisposition genau bedeutet. Die Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung e. V./ Projekt Qualifikations-Entwicklungs-Management (2006:13) hat darauf eine Antwort parat:
- Als Selbstorganisationsdispositionen verweisen Kompetenzen darauf, dass der Mensch der Welt handelnd gegenübersteht, nicht durch „Reize“ mechanisch zu „Verhalten“ determiniert.
- Als Selbstorganisationsdispositionen verweisen sie darauf, dass sie die Komplexität des Chaos’ zu reduzieren in der Lage sind.
- Als Selbstorganisationsdispositionen schließlich sind sie mehr oder weniger performanzoffen im Sinne des Erkennens und Gestaltens von Neuem.

Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.
PROFILPASS mit neuer Website
Seit dem 14.12.2006 hat der Profilpass eine neue Website. Der Profilpass “(…) dient der systematischen Ermittlung und Dokumentation eigener Fähigkeiten und Kompetenzen (…).” Es soll somit nicht nur formal, sondern auch informell bzw. non-formal Gelerntes dargestellt werden. Ich war 2003 selbst auf einer der vorbereitenden Konferenzen dabei und kann diese Initiative nur unterstützen. Allerdings hat die Sache aus meiner Sicht einen Haken. Die hier verwendeten Begriffe Fähigkeit und Kompetenz orientieren sich nicht konsequent an der Beschreibung von Erpenbeck, wonach Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition verstanden werden sollte (Siehe das deutsche Leitprojekt zur Kompetenzforschung: QUEM). Erpenbeck (2004) beschreibt den Zusammenhang folgendermaßen: “Kompetenzen werden von Wissen fundiert, durch Werte konstituiert, als Fähigkeiten disponiert, durch Erfahrungen konsolidiert, aufgrund von Willen realisiert”. Weiterhin suggeriert die Formulierung “(…) welche Kompetenzen Sie haben …” ein recht statisches Verständnis von Kompetenz. Kompetenz HAT man somit nicht, sondern sie zeigt sich. Sie zeigt sich in einem bestimmten Kontext. Auch der Kontextbezug feht hier. Warum nur?

