Wissensmanagement und Kompetenzmanagement: Welche Gemeinsamkeiten/Unterschiede gibt es?

Der Umgang mit Wissen (Wissensmanagement) und die Entwicklung von Kompetenzen (Kompetenzmanagement) sind in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus von Unternehmen gegrückt. Interessant dabei ist, dass die Wissenskonstruktion – und damit das Lernen -, sowie die Kompetenzentwicklung (weniger die Qualifikation) durchaus Domänen der Erziehungswissenschaften sind. Gibt es etwa eine Konvergenz zwischen den betriebswirtschaftlichen und den pädagogischen Prinzipien. Bisher gehen ja beide Bereiche eher von einer “Unverträglichkeit” aus. Ob das auch in Zukunft so sein wird?

Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Wissensmanagement und Kompetenzmanagement fasst Erpenbeck (2007:27, Hervorhebungen im Original) folgendermaßen zusammen:

  • Wissensmanagement: Das Management operablen Wissens
  • Kompetenzmanagement: Das Management operablen und nicht-operablen Wissens
  • Integriertes Kompetenzmanagement: Das Management operablen und nicht-operablen Wissens auf der Individual- und der Unternehmensebene unter Bezugnahme auf die „Brücke“ zwischen den Ebenen

Aus meiner Sicht sollte ein so verstandenes Integriertes Kompetenzmanagement nicht nur die individuelle Ebene und die Unternehmensebene, sondern auch die Gruppenebene und Netzwerke berücksichtigen. 

Siehe dazu ausführlich Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Qualifikation und Kompetenz: Gegenüberstellung anhand einer aktuellen DGB-Analyse

Die Analyse des DGB Adamy, W. (2011): 1,4 Mio. Beschäftigte haben bereits in 2011 Job verloren bezieht sich in ihrer Argumentation auf das Konstrukt “Qualifikation”. Es wimmelt in dem 9-seitigen Artikel nur so von entsprechenden Begriffen wie “Geringqualifizierte”, “qualifizierten Arbeitskräften”, usw. Der Begriff “Kompetenz” kommt allerdings überhaupt nicht vor – wie kommt das?  Es verwundert zunächst nicht, wenn auf Seite 2 zu lesen ist, dass eine akademische Ausbildung nicht generell vor Arbeitslosigkeit schützt, denn die entsprechende Qualifikation muss im modernen Arbeitsleben mit weitergehenden Kompetenzen einer Person einhergehen. Es ist schon überraschend zu sehen, wie manche Diskussionen am Kern der Fragestellungen vorbeigehen (Siehe dazu z.B. Die Rückkehr des Subjekts in die betriebliche Organisation der Arbeit):

„Kompetenzen beziehen sich dabei auf die innerpsychologischen Voraussetzungen, die sich in der Qualität der sichtbaren Handlungen niederschlagen und diese regulieren und somit als Merkmale der Persönlichkeit aufscheinen. Im Zentrum dieses Kompetenzverständnisses steht somit das Individuum, mit all seinen Interessen und Bedürfnissen und nicht eine rechtsförmig bescheinigte Fertigkeit, im Sinne einer Qualifikation. Kompetenzentwicklung wird dabei als ein Prozess verstanden, ´in dem die fachliche, methodische und soziale Handlungsfähigkeit sowie die Selbstorganisationsfähigkeit (bzw. Teile dieser Facetten) erweitert, umstrukturiert und aktualisiert wird´” (Erpenbeck/Sauter 2000:294).

In dieser ersten Gegenüberstellung zeigt sich auch der individual-dispositive Charakter des Kompetenzbegriffs, der aktuell (leider noch) von der eher normativen Herangehensweise überlagert wird. Siehe dazu auch Kernkompetenzen als Emergenzphänomene.

Die Arbeitszufriedenheit in Deutschland sinkt und sinkt…- Warum nur?

Aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Institut für Arbeit und Organisation wurden in dem IAQ-Report 2011-03 veröffentlicht: Bohulskyy, Y.; Erlinghagen, M.; Scheller, F. (2011): Arbeitszufriedenheit in Deutschland sinkt langfristig. Zusammenfassend kommt der Report zu folgenden Ergebnissen:

  • Seit Mitte der 1980er Jahre nimmt die Arbeitszufriedenheit von Beschäftigten in Deutschland in einem langfristigen Trend ab.
  • Besonders stark ist der Rückgang bei älteren Arbeitnehmern jenseits des 50. Lebensjahres. Ansonsten zeigt sich ein Rückgang der Arbeitszufriedenheit in allen Qualifikationsstufen und in Betrieben unterschiedlicher Größe in ähnlicher Form.
  • Im internationalen Vergleich weisen Arbeitnehmer in Deutschland eine besonders geringe Arbeitszufriedenheit auf.
  • Die Ursachen dafür sind in Entwicklungen wie der Intensivierung der Arbeit in den Betrieben, Problemender Vereinbarkeit von Familie und Beruf, geringen Lohnsteigerungen und wachsender Unsicherheit bezüglich der beruflichen Zukunft zu suchen.

Die Beschreibung einer “Intensivierung von Arbeit” trifft die Veränderungen in der Arbeitswelt nur bedingt. Die Arbeitssituationsanalyse rückt heute verstärkt das Ganze der Arbeit in den Mittelpunkt, wodurch die Anforderungen komplexer, vielfältiger und unsicherer werden. Der Umgang mit dieser Unsicherheit kann nicht mit Hilfe einfacher reduktionistischer Formel oder mathematischer Modelle bewältigt werden. Der Mensch mit seinen Kompetenzen (weniger mit seinen Qualifikationen alleine) ist in der Lage solche Situationen komplexer Problemlösungen zu meistern/bewältigen. Eine so verstandene Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter führt zu einer besseren Passung zwischen den Kompetenzen der Mitarbeiter und der Arbeitssituation, was wiederum zu einer höheren Arbeitszufriedenheit führt. Siehe dazu auch Die Rückkehr des Subjekts in die betriebliche Organisation und Arbeit.

Brauchen wir in Deutschland wirklich eine DIN-Norm für Kundenbegeisterung?

Es ist allgemein bekannt, dass es mit dem Service in Deutschland nicht besonders gut bestellt ist. Wir sind beispielsweise erst gestern von einem 3-tägigen Auslandsaufenthalt zurück nach Deutschland gekommen, und können ein “Lied davon singen”. Die Ignoranz gegenüber dem zahlenden Kunden ist in Deutschland schon beachtlich. Die Koordinierungsstelle Dienstleistungen im DIN (KDL) hat sich nun intensiver mit dieser untragbaren Situation befasst und die DIN SPEC 77224 (Ausgabe: 2011-07) Erzielung von Kundenbegeisterung durch Service Excellence herausgebracht – Respekt. In dem Beitrag finden Sie Texte wie “Modell mit sieben Komponenten” oder “Vorgehensweise und Checklisten”, die den Kern der Norm erkennen lassen. Komplexe Service-Situationen mit ihren vielfältigen Interaktionen auf Checklisten und Vorgehensmodelle zu reduzieren reicht aus meiner Sicht nicht aus. Dazu habe ich schon mehrere Paper veröffentlicht (Veröffentlichungen). Eines davon habe ich letzten Montag noch im Rahmen eines Gastvortrags an der TU Dortmund erläutert.

Gastvortrag am 25.07.2011 an der TU Dortmund: “Wie kann man Kundeninteraktion mithilfe des Konzeptes der multiplen Kompetenzen verbessern?”

Auf Einladung des Lehrstuhls für Marketing und der Juniorprofessur für Marketing der TU Dortmund werde ich am 25.07.2011 einen Gastvortrag zu folgendem Thema halten: “Wie kann man Kundeninteraktion mithilfe des Konzeptes der multiplen Kompetenzen verbessern?”. Ich werde zunächst Kernelemente eines Papers erläutern, das ich in diesem Zusammenhang auf der MCPC 2007 am MIT in den USA vorgestellt habe. Anschließend gehe ich auf Weiterentwicklungen des Ansatzes ein. Abschließend werden sich bestimmt angeregte Diskussionen ergeben – ich bin gespannt. Der Vortrag findet am 25.07.2011 von 16:30-18:00 Uhr im Gebäude Chemie 1, Raum C1-06-777 statt.

MCPC 2011 in San Francisco: Mein Paper “Management of Uncertainty: The Key for Open Innovation” wurde akzeptiert

Heute habe ich die Bestätigung erhalten, dass mein Paper für die 2011 Worldconference in Mass Customization, Personalization and Co-Creation (MCPC 2011) akzeptiert wurde. Die Konferenz findet vom 15.-19. November 2011 in San Francisco (Airport Marriott Waterfront) statt:

Dear Dr. Robert Freund:

Congratulations, your submission “Management of Uncertainty: The key for Open Innovation” has been accepted for presentation at the MCPC 2011.

Es freut mich sehr, dass ich nach 2001 (Hong Kong: HKUST), 2003 (TU München), 2005 (Hong Kong:HKUST), 2007 (MIT, USA), 2009 (Helsinki, Finnland) nun auch in San Francisco einen Vortrag halten kann (Siehe dazu auch Veröffentlichungen oder Konferenzen) In meinem Paper habe ich die beiden mich stark interessierenden Themen Uncertainty und Open Innovation zusammengebracht und versucht, eine Möglichkeit zur Bewältigung von Unsicherheit/Unbestimmtheit in offenen Innovationsprozessen aufzuzeigen. Ich bin jetzt schon gespannt auf die Reaktionen auf meine Arbeit und auf die spannenden Diskussionen mit Teilnehmern aus aller Welt.

“Diversity is good for business” – wer hätte das gedacht?

Die Studie Caye, J.-M.; Teichmann, C.; Strtack, R.; Haen, P.; Bird, S.; Frick, G. (2011): Hard-Wiring Diversity into Your Business weist zunächst auf den Seiten 3 und 4 auf folgende Trends hin:

  • The customer base is increasingly heterogeneous
  • Globalization requires a new mix of employees
  • A talent crunch is comming
  • Corporate leadership faces new imperatives

“Symply put: Diversity is good for business.” (Seite 3). Diese einfache Formel stellt allerdings Personalabteilungen und Führungskräfte vor neue Herausforderungen, da alles Management auf “similar looking and similar-minded emplyees” ausgerichtet war/ist. Siehe dazu auch Menschliche Potenziale für eine neue Welt, Der Mensch als geistiges und praktisches Wesen und Vielfalt als Chance.

Wissensmanagement in Fertigungsprozessen lohnt sich

Der Artikel Wissensmanagement verbessert Qualität von Kugelgewindetrieben (Heinrich Wilms und Florian Albrecht, in: Maschinenmarkt vom 24.06.2011) zeigt auf, welche Vorteile die Wissensperspektive auf Fertigungsprozesse bringen kann: “Das Wissen über die Hartwirbelprozesse kann auf diese Weise noch schneller und gezielter weiterentwickelt werden.” Die bessere Nutzung dieser Wissensdomäne (Wissen über …) schafft die Grundlage für eine internationale Wettbewerbsfähigkeit. Es freut mich, dass nicht nur die technische (Datenbank) oder organisationale (Fertigungsprozesse), sondern auch die menschliche Dimension im Umgang mit Wissen (Management von Wissen) thematisiert wird: “Unter Umständen wandert solches Wissen hin und wieder mitsamt Mitarbeitern aus einem Unternehmen ab. Dadurch kann die technische Nachhaltigkeit solcher Unternehmen gerade im Mittelstand erheblich beeinträchtigt werden.” Siehe dazu auch: Bei der Arbeitssituationsanalyse rückt das Ganze der Arbeit in den Mittelpunkt.

Brauchen wir institutionelle Innovationen um unsere Wirtschaftsweise zu transformieren?

“Um unsere Wirtschaftsweise zu transformieren brauchen wir institutionelle Innovationen” (Maja Göpel, Direktorin für Zukunftsgerechtigkeit beim World Future Council In: Die Zeit vom 22.06.2011, S. 35). Zunächst habe ich diesem Satz zugestimmt, doch er unterstellt, dass die Institutionen Einfluss nehmen können auf die Art und Weise, wie wir wirtschaften. Dieser Ordnungsgedanke von Institutionen entstammt einem System der Grenzziehung zwischen Staat und Wirtschaft, Arbeiten und Freizeit, Nationalstaat und “Rest der Welt” usw. Solche Dichotomien sind in einer entgrenzten Welt nicht mehr zeitgemäß. Die Änderungsgeschwindigkeit (Lerngeschwindigkeit?) der Institutionen mit ihrem Beharrungsvermögen und veralteten Deutungsmustern steht dabei auch sozialen Veränderungen (Sozialen Innovationen) im Wege, wodurch es zu “Friktionen” in allen Lebensbereichen kommt (Rechtssystem, Bildungssystem, Wirtschaftssystem, Bankensystem…). Aktuell hechelt die Politik mit ihren schwerfälligen Institutionen der Realität hinterher. Die Menschen wenden sich von dieser traditionellen Politik ab und organisieren sich selbst – über Grenzen hinweg. Diese Selbstorganisation basiert auf der Vernetzung Einzelner und kann dazu führen, unsere Wirtschaftsweise zu verändern. Beispiele sind schon in vielen Bereichen zu finden: Open Source, Open Innovation oder auch Open Democracy. Eine Veränderung der Wirtschftsweise durch Bottom-Up-Initiativen kann also eine Alternative sein. In vielen nordafrikanischen Staaten sieht man schon, wie sich die Bürger eines Landes vernetzen und die etablierten Institutionen zu Veränderungen bewegen.Doch: Afrika ist ja weit weg, oder?

Studie zum Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010: Stand der Praxis in der deutschen Wirtschaft

Die Studie Pawlowsky, P.; Gözalan, A.; Schmidt, S. (2011): Wettbewerbsfaktor Wissensmanagement 2010: Stand der Praxis in der deutschen Wirtschaft wurde vom Bundesminsterium der Wirtschaft in Auftrag gegeben und soll in diesem Jahr noch in Buchform veröffentlicht werden. Erste Ergebnisse wurden auf dem Kongress “Standortvorteil Wissen” Ende Mai in Berlin vorgestellt (WM: Wissensmanagement, ICM: Intellectual Capital Management).

Als wesentliches Studienergebnis zum Status quo der WM/ICM-Aktivitäten in der deutschen Wirtschaft ist festzuhalten, dass bei der Mehrzahl der 3401 befragten Un-ternehmen sich eine überragende Bedeutung von Wissensmanagement zur Kundenorientierung (Kontakte, Reklamation) und zur Fehleridentifikation und Kompetenzidentifikation im Unternehmen zeigt” (S. 22).

Betrachtet man sich die Studie noch ein wenig genauer, so werden auch die Zusammenhänge zum Innovationsmanagement deutlich. Wissensmanagement zur Kundenorientierung geht hier weiter als die bloße Bearbeitung von Kontakten und Reklamationen, sondern geht der Frage nach, wie Kundenwissen in die Wertschöpfung intergriert werden kann (Open Innovation). Der Hinweis zum Fehlermanagement verweist auf ein Riskomanagement und auf eine neue Fehlerkultur, die nicht Fehler saktioniert, sondern manche Fehlertypen als Bestandteil innovativer Prozesse versteht. Nicht zuletzt freut es mich auch zu lesen, dass die Identifikation der Kompetenzen in den Unternehmen immer wichtiger wird. Dabei geht es nicht alleine um Qualifikationen oder um einen Soll-Ist-Abgleich, sondern um das neue Verstandnis von Kompetenz auf allen Ebenen. Siehe dazu auch meine Dissertation Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk, die im Sommer im Verlag Dr. Kovac erscheinen wird.