Die Zukunft der neuen beruflichen Arbeits- und Lernwelt hat schon begonnen

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In dem Artikel Sauter, W. (2016): Die Zukunft hat schon begonnen (Weiterbildung 5/2016, S. 34-37) stellt der Autor dar, wie sich Arbeiten und Lernen verändern. Das ist jetzt nicht neu, doch zeigt auf, wie wichtig es ist, immer wieder den Zusammenhang zwischen Arbeiten und (beruflichen) Lernen herzustellen. Viele Protagonisten der Digitalisierung haben ihren Fokus auf der Technologie und vergessen Lernprozesse. Es ist wichtig zu realisieren, dass formelles Lernen (selbstgesteuert) und informelles Lernen (selbstorganisiert) sehr eng mit Kompetenzentwicklung zusammenhängen. Wie der Ermöglichungsrahmen auf Seite 35 zeigt, sind Blended Learning Arrangements Teil des formellen Lernens. Diesen Teil unterstützen wir mit unseren modernen Blended Learning Angeboten mit IHK-Zertifikat. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Lernplattform. Darüber hinaus habe ich mich in meiner Dissertation auch mit Kompetenzmanagement befasst. Das hier angesprochene Verständnis von Kompetenz ist dabei Basis meiner Überlegungen gewesen. Sollten Sie zu den Zusammenhängen von Arbeiten, Lernen und Kompetenzen Fragen habe, so sprechen Sie mich bitte an.

Wie hängen Handlungsfähigkeit und Kompetenz zusammen?

handlungsfähigkeitIn Organisationen wird es in Zukunft immer mehr komplexe Situationen geben, die zu erweiterten Anforderungen an Mitarbeiter führen – Qualifikationen reichen hier nicht mehr aus. Immer mehr Unternehmen orientieren sich daher am Kompetenzbegriff, der allerdings sehr unterschiedlich verwendet wird. Im RKW-Magazin 3/2010 findet sich dazu auf Seite 40 folgende Beschreibung: “Dabei orientieren sie sich am Begriff der Kompetenz: Sie meint die ganzheitliche Fähigkeit von Mitarbeitern, in komplexen, neuen Situationen erfolgreich handeln zu können. Im Unterschied zum Begriff der Qualifikation, der nur die individuellen Fähigkeiten betrachtet, wird mit Kompetenz das Zusammenspiel von Können, Wollen und Dürfen in einer Organisation thematisiert.” In der Praxis hat sich die Kompetenzdefinition von John Erpenbeck und Volker Heyse durchgesetzt, die Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition verstehen (Erpenbeck/Heyse 2007). Eine so verstandene Kompetenz bewältigt auch Unsicherheiten, die in den vernetzten Strukturen heute überall zu finden sind. Menschen sind daher – mehr als Maschinen – in der Lage, komplexe Problemsituationen zu meistern und in solchen Situationen (Kontexte, Domänen) zu handeln (Siehe Grafik). 

Dabei ist eine so verstandene Kompetenz nicht auf das Individuum begrenzt, sondern auch für Gruppen, auf organisationaler Ebene und in Netzwerken von Bedeutung. Siehe dazu auch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

Mittelstands-Lösung für betriebliches Kompetenzmanagement

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Kompetenzmanagement ist für alle Organisationen immer wichtiger geworden und geht weit über das klassische ausgleichen von Qualifikationsdefiziten hinaus. Moderne Ansätze berücksichtigen aktuelle Entwicklungen in der Kompetenzforschung und setzen diese Erkenntnisse anhand verschiedener Methoden und Tools um. Dr. Ziesche und Dr. Jänsch von Opox haben da einen interessanten Ansatz:

Wir denken, dass sich in Zukunft die Stellen an den Mitarbeiter anpassen werden –
nicht Mitarbeiter an die Stelle. Um diese Vision umzusetzen, beraten wir unsere Kunden zu innovativen Personal- und Organisationskonzepten. Und setzen diese in innovativer Software um: wir gestalten mit unseren Kunden die Mitarbeiterunternehmen von morgen (Quelle: OPOX GmbH, PDF)

Ich habe diese Möglichkeiten der OPOX GmbH noch nicht in der praktischen Anwendung kennen gelernt, doch scheint der Ansatz vielversprechend zu sein.

Umgang mit Unschärfe und Unsicherheit

Menschenmenge.jpgFrüher war alles klar und eindeutig und konnte durch Dichotomien benannt werden: Mann-Frau, Deuscher-Nicht-Deutscher,Drinnen-Draußen, Wahr-Falsch, 0-1 usw. Doch in den letzten 20 Jahren hat sich so einiges verändert, dass die deutliche Trennung erschwert, ja sogar manchmal unmöglich macht (Soziologen nennen diese Entwicklungen Entgrenzungen in der reflexiven Modernisierung). Solche Unschärfen waren früher auch schon existent, wurden allerdings vernachlässigt. Durch die drei Treiber des dynamischen Wandels “Vernetzung, Geschwindigkeit und der Zunahme nicht greifbarer Werte”  kommt es auch zu einer Abwertung von materiellen Werten, die sogar zu einem Hemmnis werden können (Davis/Meyer 2000:11). Es stellt sich daher die Frage, wie wir mit der real vorhandenen Unschärfe umgehen. Eine Möglichkeit ist, dass sich Menschen nach klaren Regeln sehnen und daher den extremen Populisten in Europa in die Arme laufen, oder den Stammtischparolen der Boulevardpresse glauben, oder …. Ein solches Verhalten lässt darauf schließen, dass diese Menschen es nicht schaffen, die Unschärfe und die sich daraus ergebende Unsicherheit zu bewältigen.Andere setzen wiederum auf Computertechnologie und versuchen alles zu erfassen, was möglich ist. DIE vollständige Information wird es allerdings nicht geben können – es bleibt eine Illusion. Die Frage nach der Bewältigung von Unsicherheit ist somit zu einem wichtigen Element geworden, um zukunftsfähig zu bleiben oder zu werden. Ein guter Bezugspunkt ist dabei die von Knight 1921 dargestellte Form der Unsicherheit, die er Uncertainty nennt. Dieser Teil der Unsicherheit kann nicht gemessen werden und entzieht sich somit den klassischen Herangehensweisen, bei denen alles messbar sein muss, bzw. messbar gemacht wird. Im Gegensatz – bzw. in Ergänzung zu Computern und Robotern – ist der Mensch in der Lage, solche Unsicherheiten zu bewältigen – durch seine Kompetenz. Der Kompetenzbegriff ist in dieser Debatte um Unschärfe, Unsicherheit und Uncertainty zentral. Siehe dazu auch Über den Umgang mit Ungewissheit. Diese Unterschiede zu verstehen bedeutet auch, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, wenn wir über den Arbeitsplatzverlust durch Cognitive Computing diskutieren. Dazu passt auch mein Vortrag, den ich im Oktober auf der Weltkonferenz MCPC 2015 in Montréal/Kanada halten werde: “Cognitive Computing and Managing Complexity in Open Innovation Model”. Siehe dazu auch das Konferenzprogramm (PDF).

Komplexität erfordert eine neue Art von Verständnis

mitchell.jpgEs wird alles komplexer – nicht alleine komplizierter. In seiner stärksten Form empfiehlt z.B. der Reduktionismus, sich auf die Kausalitäten der Grundelemente zu beziehen, da Kausalitäten auf übergeordneten Ebenen keinen Erkenntnisgewinn mehr bringen würden. In einfachen Systemen ist das auch der Fall. In komplexen Systemen allerdings nicht, da es dort zu emergenten Phänomenen kommt. Emergenz steht also dem Reduktionismus konträr gegenüber und erfordert ein neues Denken. Zu der neuen Erkenntnismethode gehören folgende Merkmale (Mitchell 2008:22-23):

  • Pluralismus: die Integration zahlreicher Erklärungen und Modelle auf vielen Erklärungsebenen anstelle der Erwartung, es müsse stets eine einzige, einfache, grundsätzliche Erklärung geben.
  • Pragmatismus anstelle des Absolutismus: die Erkenntnis, daß es viele Wege zu einer zutreffenden, wenn auch nur teilweisen Darstellung der Natur gibt, zu der verschiedene Grade der Verallgemeinerung und unterschiedliche Abstraktionsebenen gehören. Welche Abbildung am besten „funktioniert“, hängt von unseren Interessen und Fähigkeiten ab.
  • Schließlich die Dynamik des Wissens, das sich immer weiter entwickelt, anstelle eines statischen Universalismus. Diese Eigenschaft nötigt uns, neue Wege zur Erforschung der Natur zu finden und entsprechend den dabei gewonnenen Kenntnissen zu handeln.

Entsprechende Kompetenzen (Selbstorganisationsdispositionen) ermöglichen es, Komplexität zu bewältigen. Die Kompetenzentwicklung ist in einer immer komplexer werdenden Welt (nicht nur wirstschaftlichen Welt) eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.

In Projekten selbstorganisiert und kreativ handeln

Teambesprechung2007.jpgEin Projekt ist ein Vorhaben, das durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist (DIN 69901-5). Sich in solchen Arbeitssituationen zurechtzufinden ist nicht leicht, und fordert den ganzen Menschen. Dabei kommt es nicht alleine darauf an, ein guter Fachmann (eine gute Fachfrau) zu sein (Fachkompetenz) um komplexe Probleme in Projekten zu lösen. Solche Arbeitssituationen können nur gemeinsam mit anderen bewältigt werden, sodass noch die sozialen Kompetenzen (Sozialkompetenz) als Anforderungen an Projektmitarbeiter hinzukommen. Nehmen wir noch die Methodenkompetenz und die Medienkompetenz hinzu, so ergibt sich ein erstes Anforderungsprofil an Projektmitarbeiter und Projektverantwortliche. “Die Kompetenzen der Mitarbeiter, selbstorganisiert und kreativ zu handeln, natürlich auch für Projektarbeit relevant, stehen dabei im Vordergrund” (Weßels 2014:29). Selbstorganisation ist dabei die Antwort auf komplexe Problemlösungen und Selbstorganisationsdisposition heute die “Definition” eines modernen Kompetenzbegriffs. Es ist dennoch erstaunlich, dass es zwar viele Kompetenzmodelle gibt, doch ein ebenenübergreifendes Modell für ein modernes Kompetenzmanagement kaum zu finden ist, denn die Kompetenzen werden immer noch zu häufig aus zwei unterschiedlichen Perspektiven beschrieben: Einmal aus der Perspektive der Betriebswirtschaft mit dem Fokus auf die Kernkompetenzen des Unternehmens und aus der Perspektive der Pädagogik mit Fokus auf das selbstorganisierte Lernen (Kompezenzentwicklung). Neben dieser individuellen und der organisationalen Ebene sind auch noch die Gruppenebene (Team) und die Netzwerkebene (z.B. Interaktionen mit externen Partnern) zu beachten. In meinem Buch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk habe ich aufgezeigt, wie ein ebenenübergreifendes modernes Kompetenzmanagement aussehen kann. Die vielfältigen Verbindungen zum modernen Projektmanagement sind hier offensichtlich. Solche Zusammenhänge berücksichtigen wir natürlich auch bei der Entwicklung unserer verschiedenen Blended Learning Lehrgänge Projektmanager (IHK), Innovationsmanager (IHK) und Wissensmanager (IHK). Informationen dazu finden Sie auf unserer Lernplattform.

Überall komplexe vernetzte Systeme

Geschaeftsmann01.jpgVielen Menschen wird langsam aber sicher klar, dass alles mit allem zusammenhängt und einfache Lösungen immer seltener zum Ziel führen. Zur Bewältigung solcher komplexen vernetzten Systeme ist es erforderlich, Selbstorganisation zuzulassen. Dieser Ansatz steht der realen Situation in vielen Organisationen entgegen, die Komplexität mit immer mehr Regeln und Kleinteiligkeit “in den Griff” bekommen wollen. Das wird auf Dauer allerdings nicht gelingen.

Selbstorganisation ist die Fähigkeit komplexer Systeme, ihre innere Ordnung ohne äußere Steuerung selbstständig zu entwickeln. Bei dieser Form der Systementwicklung kommen die ordnenden und strukturbildenden Einflüsse nicht von außen. Sie gehen von den Elementen des Systems selbst aus. Selbstorganisationsprozesse sind z.B. für die Entstehung und die Erhaltung von Leben absolut notwendig (Abicht 2010:116).

Selbstorganisation ist Bestandteil des Kompetenzbegriffs, der Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition sieht. Zur Bewältigung komplexer Problemlösungen in Alltag oder Beruf benötigen Menschen/Mitarbeiter Kompetenzen, die allerdings von Fähigkeiten/Fertigkeiten oder auch Persönlichkeitsmerkmalen zu unterscheiden sind. Ein modernes Kompetenzverständnis ist daher elementar, um Kompetenzentwicklung auf individueller Ebene, Gruppenebene, organisationaler Ebene oder auch Netzwerkebene zu betreiben. Siehe dazu auch ausführlich Freund (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.

 

Projekt CCM: Kompetenzmanagement wird immer wichtiger

ccmDie Ergebnisse des Projekts CCM zeigen es deutlich auf: Kompetenzen sind der Schlüssel für die Bewältigung moderner Arbeitssituationen  Die Projektwebsite der Ruhr-Universität Bochum enthält umfangreiche Informationen  zu den theoretischen Grundlagen mit dem Dynamic Capability Approach, der Theorie von Bandura und dem Mehrebenenansatz. Die Herleitung von Kompetenz als zentrales Element in modernen Unternehmen und das Mehrebenenphänomen, hatte ich auch in meinem Buch Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen kompetenz auf den Analyseebenen Individuum Gruppe, Organisation und Netzwerk eingearbeitet. Das Mehrebenenphänomen geht dabei auf die verschiedenen Lernebenen (Pawlowsky) zurück. Der Unterschied ist allerdings, dass ich noch die (externe) Netzwerkebene dazugenommen habe, und mich eher auf Howard Gardner mit seinem Modell der Multiplen Intelligenzen beziehe (nicht auf Bandura). Die Multiplen Intelligenzen zeigen sich in den jeweiligen Domänen als Multiple Kompetenzen (mit entsprechenden Wechselwirkungen). Dieses Framework erlaubt es ein integriertes Kompetenzmanagement zu entwickeln.

Kompetenzmanagement: Sinn und Unsinn

rkw-kmUnter der Überschrift Sinn und Unsinn von Kompetenzmanagement (RKW Magazin 2/2014, S. 38-41) betrachten die Autoren die aktuelle Kompetenzdiskussion und weisen darauf hin, dass Kompetenzen in den immer komplexeren Arbeitssituationen wichtig und erforderlich sind. Was (berechtigt) kritisch gesehen wird ist, dass aus wie auch immer “gemessenen” Kompetenzen auf die Arbeitsleistung geschlossen werden könnte. Wird unter Kompetenz heute Selbstorganisationsdisposition verstanden, so wird deutlich, dass eine damit verbundene Kompetenzentwicklung im Unternehmen nicht einfach ist. Kompetenzentwicklung hängt mit Lernen und Arbeitsprozessen zusammen. Siehe dazu Wie hängen Immaterielle Werte, Lernkultur, Kompetenzentwicklung und Organisationales Lernen zusammen?

GfWM THEMEN 7 im Februar 2014

gfwm-2-2014Die Gesellschaft für Wissensmanagement e.V. hat im Februar wieder einige interessante Beiträge veröffentlicht: GfWM THEMEN 7 (PDF). Ich möchte hier auf den Beitrag Vorschlag für eine Weiterentwicklung des GfWM-Wissensmanagement-Modells zur Version 2.0 (S. 32-34 von Sebastian Peneder) eingehen. Darin wird auf den Zusammenhang zwischen Intelligenz und Kompetenz verwiesen (S. 33) und verschiedene Kompetenzdefinitionen erwähnt. Darüber hinaus wird eine “eigene Darstellung” zu verschiedenen “Kompetenzkategorien” vewendet, die allerdings nicht ganz neu ist. Siehe dazu ausführlich Freund, R. (2011): Das Konzept der Multiplen Kompetenz auf den Analyseebenen Individuum, Gruppe, Organisation und Netzwerk.