Was versteht man unter Wissenskooperation?

arbeiten46.jpgIn dem Artikel Lembke, G. (2008): Duale Hochschule – Ausblick auf eine community-gestützte Aus- und Weiterbildung. In: Berufsakademie Mannheim (Hrsg.): Studium Duale. Jahrbuch der  Berufsakademie Mannheim 2007 findet man auf Seite 156 folgenden Erklärungsversuch: “Wissenskooperation beschreibt die Bereitschaft und das Ausmaß, in dem Personen einer Wissensgemeinschaft das eigene Wissen einbringen und durch kooperatives Kommunikations- und Interaktionsverhalten Wissen teilen, auch wenn kurzfristig kein direkter und unmittelbarer beruflicher oder persönlicher Nutzen ersichtlich ist. Das Wissen kann formeller oder informeller Natur sein.” Beachtenswert ist aus meiner Sicht der Hinweis, dass die Wissenskooperation (im Sinne von Prof. Dr. Lembke) nicht unbedingt direkt ableitbaren Nutzen nach sich ziehen muss. Der Nutzen könnte sich also zeitversetzt durchaus in einem anderen Kontext bemerkbar machen. Die eindimensionale Betrachtung von Ursache-Wirkung wird aufgehoben – und das ist gut so.

Was versteht man unter Wissensökologie?

smart1.jpgDer Begriff Wissensökologie wird immer wieder erwähnt. In Kuhlen, R. (2003): Konzepte nachhaltiger Wissensgesellschaften. Bausteine zur Entwicklung einer Wissensökologie werden vier Sichten auf Wissensökologie dargestellt und letztendlich zusammengefasst erläutert:

“Das der Wissensökologie zugrundeliegende Konzept der nachhaltigen Entwicklung setzt gegenüber der derzeit zweifellos dominierenden technischen und ökonomischen Sicht auf die Informationsgesellschaft einen deutlichen Akzent auf Wissen selber, also auf die Inhalte, die über die Netze transportiert werden.”

North (2007:133) führt deutlicher aus: “Die Sichtweise der Wissensökologie (North, 2005) geht davon aus, dass die Rahmenbedingungen oder Kontexte zu gestalten sind, in denen Wissen sich entwickeln kann und in denen Mitarbeiter motiviert werden, geschäftseinheits- und unternehmensübergreifend Wissen zu erwerben und zu nutzen. Die Wissensökologie betont den Prozesscharakter von Wissen und die Elemente der Selbstorganisation, um in einem sich schnell verändernden Umfeld zu agieren. Organisationen werden als dynamisch lernende Systeme begriffen, die sich durch die Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt und mit sich selbst in einem kontinuierlichen Prozess erneuern (sogenannte autopoietische Systeme).”

Die Kontextsteuerung kann hier als Hinweis für den Umgang mit Wissen verstanden werden. Wissen managen bedeutet dann also, die Rahmenbedingungen bzw. Kontexte zu gestalten, in denen sich Wissen entwickeln kann.

Oelsnitz/Busch (2007): Kompetenzsteuerung von Teams durch transaktives Wissen

Vertrag6.jpgOelsnitz/Busch (2007): Kompetenzsteuerung von Teams durch transaktives Wissen ist erschienen in Freiling/Gemünden (Hrsg.): Dynamische Thorien der Kompetenzentstehung und Kompetenzverwertung im strategischen Kontext, S. 111-153. Zusammenfassung: “Innerhalb der soziokognitiven Teamforschung ist das Konzept des transaktiven Wissens als zentraler Erfolgsfaktor erkannt worden, der für eine effiziente Steuerung der individuellen Kompetenzen von Teammitgliedern sorgt. Transaktives Wissen beinhaltet Wissen um das Wissen der anderen; es dient sowohl der Kompetenzsteuerung als auch der Erklärung von Kompetenzentstehung auf Teamebene. Nach der Einordnung dieses Konzepts in den übergeordneten Zusammenhang von Teamkompetenzen widmet sich der Beitrag schwerpunktmäßig der Frage seiner konkreten Gestaltung. Um den Entwicklungsbedarf an transaktivem Wissen abschätzen zu können, ist zunächst die Analyse der Teamaufgabe notwendig. Sodann werden zwei Gestaltungsphasen näher betrachtet: die vorbereitende und die begleitende Phase. In der vorbereitenden Phase ist Mitgliederwissen gezielt offenzulegen. Dies wird u.a. durch den Einsatz von Cross Training erreicht. In der begleitenden Phase ist die Grundlage dafür zu schaffen, dass Wissen fortlaufend aktualisiert werden kann. Hierzu dient zum einen der Aufbau von Team Situation Awareness, zum anderen die regelmäßige Durchführung von After Action Reviews. Abschließend werden offene Forschungsfragen skizziert und weitere mögliche Anwendungsfelder von transaktivem Wissen aufgezeigt.”

APOSDLE (2006): Workplace Learning Study

apsdle.jpgDas EU-Projekt APOSDLE befasst sich mit Lernen am Arbeitsplatz und hat die Workplace Learning Study veröffentlicht (Das deutsche Leitprojekt QUEM zur Kompetenzforschung würde es eher Lernen im Prozess der Arbeit nennen). Die wesentlichen Ergebnisse wurden übersichtlich auf einer Seite zusammengefasst. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass das Lernen nicht out of context, sondern gerade in einem bestimmten Kontext betrachtet und verbessert werden muss (Problematik des trägen Wissens).  In den Unternehmen sind das natürlich die Geschäftsprozesse in denen die Lernprozesse möglichst selbstorganisiert ablaufen, um die Anforderungen der Kunden zu erfüllen. Diese Kompetenz (Selbstorganisationsdisposition nach Erpenbeck) ist dabei eine Zuschreibung von Kunden bzw. Mitarbeitern usw. Siehe dazu auch Kompetenz ist kontextabhängig…

GO2WEB20.NET: The comlete Web 2.0 directory

go2web20.jpgEine wirklich beeindruckende Übersicht zu Web 2.0 – Tools bietet GO2WEB20.NET: “A directory of web 2.0 applications and services – Born around mid 2006 – 1635 logos as of Sunday, September 30, 2007 (…)”.  Mit Hilfe einer Suchfunktion, aber auch mit auswählbaren Tags kann man sich gut zurecht finden. Es macht wirklich Spaß, sich einen Überblick zu verschaffen und ganz gezielt nach geeigneten Anwendungen zu suchen. Es ist gerade die Kunst, diese Möglichkeiten in den eigenen privaten oder beruflichen Kontext zu übertragen und anzuwenden. Darüber hinaus sollte man sich immer wieder bewusst machen, dass eine sehr große Auswahl auch dazu führen kann, dass sich Nutzer/Anwender überfordert fühlen. Siehe dazu auch

  1. Schwartz, B. (2004): The Paradox of Choice – Why More is Less
  2. Buzinkay, M. (2007): Web 2.0 für KMUs – ein Ratgeber
  3. Okimoto, J. (2007): The evolution of knowledge management (km 1.0 vs. km 2.0)
  4. Chatti et al. (2007): The web 2.0 driven SECI-Model based learning process
  5. Web 2.0 … The machine is Us/ing us (Video)

Multiple Intelligenzen und Fähigkeiten/Fertigkeiten, Lernstilen, Wissen, Kompetenz …

Teambesprechung09.jpgIn letzter Zeit werde ich immer wieder gefragt, ob Multiple Intelligenzen nicht einfach nur Fähigkeiten sind, oder mit Kompetenzen gleichzusetzen sind. Andere fragen, worin der Unterschied zu Lernstilen liegt, usw. Die Zusammehänge und Unterschiede hat Aissen-Crewett 1998 sehr schön zusammegefasst:

“Neben der ´Pluralisierung´ der Intelligenz besteht ein weiteres Verdienst von Gardners Intelligenztheorie in der ´Kontextualisierung´, das will sagen: in dem Postulat, Intelligenz nicht als eine isolierte Größe anzusehen, sondern die Intelligenzen in seinen sozialen und kulturellen Kontext zu stellen“ (Aissen-Crewett 1998:47). „Gardners Intelligenzbegriff ist auf die Kontextuierung angewiesen und ist damit eng mit Konzepten wie, Wissens- und Lerngebiet sowie kognitiver Stil, Arbeitsstil oder Lernstil verbunden, ohne mit diesen gleichgesetzt zu werden. Von den letzteren unterscheidet sich die Intelligenz vor allem dadurch, dass sie nach Gardner ein biologisches und psychologisches Potential darstellt (Gardner bezeichnet Intelligenz als ´bio-psychologisches Konstrukt´), wobei dieses Potential in der Lage ist, in Folge der erfahrungsmäßigen, kulturellen und motivationalen Faktoren, die auf einen Menschen einwirken, in größerem oder geringerem Ausmaß realisiert zu werden. Im Gegensatz hierzu ist ein Wissensgebiet ein organisiertes Set von Aktivitäten innerhalb einer Kultur, typischerweise charakterisiert durch ein spezielles Symbolsystem und seinen Begleitoperationen (…). Jedes Wissensgebiet kann durch den Einsatz unterschiedlicher Intelligenzen realisiert werden (…). Zwischen der Intelligenz einerseits und dem kognitiven Stil, dem Arbeitsstil oder dem Lernstil andererseits ergeben sich ebenso Probleme sowohl der Abgrenzung wie der Überlappung. Der Begriff des Stils bezeichnet in diesem Kontext eine allgemeine Zugriffsweise, die ein Mensch gleichermaßen auf jeden vorstellbaren Inhalt anwenden kann. Im Gegensatz hierzu ist die Intelligenz eine Fähigkeit, die mit einem spezifischen Inhalt (wie Musiklängen oder räumlichen Mustern) abgestimmt wird (…). Was bei Gardner nicht deutlich genug zum Ausdruck kommt: Wir sollten davon absehen, den Begriff der Intelligenz mit dem der Fähigkeit zu assoziieren, geschweige denn gleichzusetzen, wie wenn Intelligenz einen fixierten Set von Fähigkeiten bedeutet. Statt dessen sollten wir Intelligenz eher verstehen als die Fähigkeit, aus seinen Stärken ´Kapital zu schlagen´ und seine Schwächen zu kompensieren. Jeder Mensch verfügt über unterschiedliche Konfigurationen von Intelligenzen“ (ebd. 55-57).

Aissen-Crewett, M. (1998):Gardners Öffnung zur Vielfalt der Intelligenzen. In: Aissen-Crewett, M. (Hrsg.): Multiple Intelligenzen – Chancen und Herausforderungen für die Pädagogik, Potsdam, S. 45-68

Wiley, D. A.; Edwards, E. K. (2002): Online self-organizing system: The decentralized future of online learning

PC.jpgDie beiden Autoren befassen sich in dem Artikel mit Selbstorganisationsprozessen in Onlinesystemen, was sie mit “Online Self-Organizing Social System” (OSOSS) beschreiben. In meiner Kritik zum Learning Objects Ansatz weise ich darauf hin, dass nicht die Objekte, sondern die Subjekte lernen. Daraus kann abgeleitet werden, dass in Zukunft eher der Kontext in dem Lernen ermöglicht werden sollte wichtig ist (Content is King, but Context rules). Berücksichtigt man weiterhin die Entwicklungen in der Kompetenzdebatte, wo es um die Selbstorganisationsdispositionen geht, so kann der Ansatz der beiden Autoren Wiley und Edwards durchaus weiter helfen. Auf Seite 10 findet man dazu folgenden Hinweis: “The most significant departure of the OSOSS from conventional learning objects approaches is that it relies on human beings to locate, assemble, and contextualize the resources.”.

Schmidt, A. (2007): IMPACT OF CONTEXT-AWARENESS ON THE ARCHITECTURE OF LEARNING SUPPORT SYSTEMS

Dieses Paper von Andreas Schmidt thematisiert einen Bereich, der mir schon seit langem am Herzen liegt: Es geht um die Berücksichtigung des Kontexts. Der Autor weist in seinem Paper darauf hin, dass die Definition von Dey (2001) in der Computer-Community akzeptiert ist:” Context is any information that can be used to characterize the situation of an entity. An entity is a person, place, or object that is considered relevant to the interaction between a user and an application, including the user and applications themselves.” Weiterhin wird auf den wichtigen Zusammenhang zwischen Context and Learning Processes hingewiesen. Aus meiner Sicht ein klares Indiz dafür, im Unternehmensumfeld “Lernen im Geschäftsprozess” stärker zu beachten. Andreas Schmidt leitet aus seinen Anfangsüberlegungen ein Modell ab, das unter anderem einen User Context Manager enthält. Insgesamt ist dieses Paper eine gute Grundlage, die Kontextabhängigkeit stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Diese Diskussion findet nicht nur in der Compurer-Community statt, sondern auch in vielen anderen Bereichen. In der Intelligenzdebatte z.B., wo sich die Multiple Intelligenzen Theorie auch durch den Kontextbezug vom klassischen IQ (g-Faktor) abhebt. In der Kompetenzdebatte, wo immer mehr Autoren darauf verweisen, Kompetenz im Kontext zu betrachten (Siehe dazu auch diesen Blogbeitrag).

Ist bloggen etwas für Unternehmen?

Das Web 2.0 mit seinen vielen Möglichkeiten wird noch immer nicht in vollem Umfang von Unternehmen genutzt – warum? Viele Unternehmen glauben immer noch, dass das Web 2.0 eine temporäre Erscheinung ist, die von einigen Technikfreaks genutzt, aber bald schon wieder in der Versenkung verschwunden sein wird. In dem Beitrag von Das Blog-Haus von Swantje Wallbraun in der FTD erfährt der Leser, dass es auch Unternehmen gibt, die Bloggen bewusst in ihre Unternehmensstrategie einbauen. Das Unternehmen Pentos verlangt von seinen Mitarbeitern, dass diese einmal in der Woche einen Blogbeitrag schreiben. Verstärkt wird diese Vorgabe noch mit einer Statistik die zeigt, welche Beiträge häufig gelesen werden. Aus der Wissensperspektive handelt es sich bei dem Blog in einem Unternehmen um die Weitergabe von Informationen aus einem bestimmten Kontext (Abteilung). Informationen mit Kontextbezug ist Wissen (organisationales Wissen oder individuelles Wissen). Dass die Einführung von Blogs im Unternehmen zunächst auf Widerstände stößt, sollte nicht verwundern, da ja gerade das Zurückhalten von Wissen ein hervorstechendes Merkmal einer eher industriell geprägten Gesellschaft ist (Tenor: Wissen ist Macht). In einer wissensbasierten Gesellschaft (Organisation) verschieben sich die Akzente (Tenor: Wissen weitergeben ist Macht). Diese Transformation ist nur zu erreichen, wenn die richtigen Anreize gegeben werden. Dabei denken viele zunächst an extrinsische Motivation. Ich denke eher an die intrinsiche Motivation, die es zu fördern git. Eine wichtige Voraussetzung dafür, ist eine offene und wissensbasierte Unternehmenskultur, die die Weitergabe von Wissen fordert und auch fördert. Dazu können Führungskräfte beitragen, indem sie selbst mit einem Blog anfangen… Auf die Frage “Ist bloggen etwas für Unternehmen” kann man daher nur mit einem deutlichen JA antworten. Bei der Umsetzung sollte es allerdings nicht nur um technische Fragen gehen, sondern sollte aus der Wissensperspektive heraus argumentiert werden.

Neue Fragen und alte Antworten

Die Financial Times hat den Bereich “Bildung” zu einem Schwerpunktthema gemachte. In meinem Blogbeitrag vom 17.01.2007 hatte ich schon die Frage gestellt, wie die FTD wohl über das Thema “Bildung” berichten wird. Wie schon vermutet: Aus der Perspektive der Wirtschaft und der Wirtschaftlichkeit. Um es noch einmal zu sagen: Ich bin dafür, Universitäten, Schulen usw. so zu organisieren, dass diese wirtschaftlich sind. Allerdings stellt sich die Frage, von welcher “Bildung” sprechen wir und was bedeutet Wirtschaftlichkeit in diesem Zusammenhang? Ist es eine Bildung, die der industriellen Logik unterworfen ist (Kosten-, Leistungsrechnung/Break-Even/Bildungscontrolling usw.), oder ist es eine Bildung, die es den Menschen ermöglichen soll, in einer eher wissensbasierten Gesellschaft zurecht zu kommen? Oftmals werden also neue Fragen gestellt, aber alte Antworten gegeben (Siehe dazu auch Bildung neu Denken). Der heutige Beitrag Campus Corp. von Marion Schmidt in der FTD ist auch wieder ein Beitrag, der eher die “Industrialisierung der Bildung” propagiert. Kein Wort zur Verbesserung individueller und kollektiver Lernprozesse, zu Selbstorganisationsdispositionen der Studenten (Kompetenzentwicklung). Immerhin ist nach Wilke “Lernen der Prozess und Wissen das Ergebnis”. Wollen wir also das Ergebnis verbessern, sollten wir uns den Lernprozess (individuell/kollektiv) ansehen und die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen (Kontext) schaffen. Die Ergebnisse müssen dann allerdings nicht nur durch die Brille industriell geprägter Controller betrachtet, sondern auch mit der Brille einer Wissensbilanz gesehen werden. Ein gutes Beispiel bieten hier unsere österreichischen Nachbarn. Siehe dazu meinen Blogbeitrag vom 27.02.2007 oder Wirtschaft und Bildung.