LEAPFROG: Das EU-Projekt zu Mass Customization in der Bekleidungsindustrie

T-Shirts1.jpgEuropa hat in den letzten Jahrzehnten viele Arbeitsplätze in der Bekleidungsindustrie nach Asien verloren, da dort die arbeitsintensiven Prozesse für standardisierte Massenware wirtschaftlicher waren. Der Trend zu Individualisierung und neue technologische Entwicklungen wie den Laser-Cutter, machen es möglich, kundenindividuelle Massenprodukte kostengünstig in Europa zu fertigen (Mass Customization). Die Europäische Union hat schon vor vielen Jahren ein Projekt gefördert, dass Wege aufgezeigt hat, wie man Mass Customization in der Schuhindustrie nutzen kann (EURO-SHOE). In dem EU-Projekt LEAPFROGLeadership for European Apparel Production From Research along Original Guidelines) arbeiten namhafte europäische Hersteller aus der Textil und Bekleidungsbranche zusammen (2004-2009): “Leapfrog is a joint research and innovation initiative of the European textile and clothing industry, led by Euratex, aiming at a technology breakthrough in the clothing industry. It brings together a critical mass of European textile and clothing companies and research centres which will attempt to develop and implement new ways of optimal fabric preparation for clothing production, automated garment manufacture, virtual garment prototyping, supply chain integration and mass customisation. The ultimate goal of LEAPFROG is to achieve a step change in productivity and competitiveness of Europe’s clothing sector and to decrease its dependence on the labour cost factor.” Mit diesem Ansatz ist es möglich, wieder Arbeitsplätze aus Asien nach Europa zu verlagern – mit Hilfe von Mass Customization…

Mass Customization and Personalization: Top 10 in 2007 (Begrifflichkeiten beachten)

mc-top-10.jpgBurghard Schneider hat in seinem Best-Practice-Business-Blog die Top 10 aus dem Bereich Mass Customization and Personalization zusammengestellt. Es hilft immer, wenn ein so bekannter Blog über erfolgreich umgesetzte Strategien berichtet. Dennoch ist auch hier wieder zu erkennen, dass mit den verschiedenen Begriffen (z. T. sogar widersprüchlich) umgegangen wird. Einige Anmerkungen/Fragen zu der erstellten Liste:

  1. Handelt es sich bei den genannten Unternehmen wirklich um Mass Customizer? Werden die vier Ebenen beachtet?
  2. Bei Vuru spricht der Autor in der Überschrift von “individuell gemixt” und im Text von ” persönliches Mix”. Gibt es zwichen Individualization, Personalization and Customization keine Unterschiede?
  3. Handelt es sich bei My Twinn um “personalisierte Puppen” oder customized (mass customized) Puppen?
  4. usw.

Ich möchte mit den Hinweisen nicht besserwisserisch erscheinen, dennoch ist es wichtig, dass die Begriffe nicht beliebig verwendet werden. Im Moment habe ich den Eindruck, dass die Begriffe “Mass Customization”, “Personalization”, “Customization”, “Open Innovation” inflationär verwendet werden, Dadurch wird die dahinter stehende Wettbewerbsstrategie allerdings der Beliebigkeit ausgesetzt. Genau das sollte allerdings nicht passieren. Auf Frank Piller´s Website kann man nachsehen, was man heute unter den genannten Begriffen versteht.

Warum sollten Kunden gezielt Mass Customizer suchen?

autos.jpgIn dem Beitrag Mass Customization in der Autoindustrie wurde schon darauf hingewiesen, dass jeder fünfte VW im November auf VW selbst zugelassen wurde. In dem Artikel Autobauer lassen massenhaft Autos auf sich selbst zu (Spiegel vom 24.12.2007) werden diese Zahlen noch verschärft dargestellt. Dort heißt es, dass beim Opel Corsa und beim Ford Fiesta fast 50% der hergestellten Autos auf die Hersteller bzw. deren Händler zugelassen werden. Anfang der 90er Jahre lag die Quote der ohne Kundenauftrag produzierten Autos noch bei ca. 20% (IMVP-Studie, Womack/Jones/Roos: Die zweite Revolution in der Autoindustrie). Die Situation hat sich also in den letzten 20 Jahren nicht verbessert, sondern eher noch verschlechtert. Diese “Überproduktion” ist kein alleiniges Phänomen der Autoindustrie. In der Bekleidungsindustrie schätzt man, dass ca. 300 Mrd. US$ pro Jahr verschwendet werden, usw. Der Kunde zahlt das alles mit.

Unterstützt wird diese sinnlose und auf Dauer nicht haltbare Massenproduktion von Gütern und Dienstleistungen noch von Redakteuren, die Meinungen sogenannter Experten unkritisch wiedergeben. In dem Beitrag Autobauer lassen massenhaft Autos auf sich selbst zu wird am Ende vermerkt: “Experten begründen die Absatzprobleme damit, dass immer mehr Deutschen das Geld für einen Neuwagen fehle.” Es werden also Absatzprobleme suggeriert, die ihre Ursache beim Kunden haben. Das ist allerdings nicht der Kern des Problems. Die Lösung müsste lauten: Autobauer sollten massenhaft individuell produzierte Autos und Dienstleistungen auf den Markt bringen – eben Mass Customization umsetzen. Auch aus Gründen der Ressourcenschonung ist es an der Zeit, die Art und Weise, wie wir Produkte und Dienstleistungen herstellen, zu überdenken. Man kann Kunden nur dazu ermuntern, in allen Branchen verstärkt Mass Customizer zu suchen. Es gibt schon mehr als Sie denken…..

Neue Chancen für individualisierte Produkte und Dienstleistungen

Anzug1.jpgIn dem Artikel Hugo Boss eröffnet Online-Shop (Handelsblatt vom 19.12.2007) ist auf Seite 2 folgendes zu lesen: “Für individualisierte oder personalisierte Dienste und Produkte erschließen sich online zudem neue Chancen. Bei Boucheron.com etwa kann das Armband selbst kreiert werden.” Die Autorin tut ja gerade so, als ob die Online-Konfiguration von Produkten etwas besonderes ist. Mit ein wenig mehr Recherchearbeit wäre man schnell zu der Aussage gekommen, dass es schon viele Unternehmen gibt, die die Möglichkeiten von Mass Customization (Kundenindividuelle Massenproduktion) nutzen. Dabei sollte allerdings bedacht werden, dass technologie-getriebene Lösungen nur eine Seite der Medaille sind. Mass Customization ist eine hybride Wettbewerbsstrategie, die das UND in den Mittelpunkt stellt und vier Ebenen berücksichtigt. Recherchiert man ein wenig weiter, so stellt man fest, dass Hugo Boss Projektpartner in dem EU-Projekt L.E.A.P.F.R.O.G. (2005-2009) ist. Das EU-Projekt befasst sich mit den Möglichkeiten, Mass Customization in der Bekleidungsindustrie umzusetzen. Es bleibt abzuwarten, welche Ansätze vom Kunden angenommen werden. Um es mit Peter Drucker zu sagen: It´s the customer who determines what a business is.

Fabbers und immer wieder Fabbers…

Skulptur1.jpgUnter der Überschrift Fabrik im Wohnzimmer (Handelblatt vom 12.12.2007) weist Bert Frönthoff auf Fabbers hin. Fabbers orientieren sich an verschiedenen Papid-Prototyping-Verfahren, mit denen bisher (eben) nur Prototypen hergestellt wurden. In Zukunft können leistungsfähige Fabber auch für Mass Customization (Kundenindividuelle Massenproduktion) genutzt werden. Das Fraunhofer-Magazin 2/2007 hat schon darüber berichtet und aufgezeigt, dass es Fabber gibt, die für 2.400 US$ angeboten werden. Siehe dazu meinen Blogbeitrag vom 15. März 2007 Mit Fabbers Produkte zu Hause herstellen? (Mit Hinweis auf emachineshop.com). Natürlich sind die Möglichkeiten noch begrenzt, dennoch sollte man diesen Trend beobachten: Fab(at)Home.org oder FabLab (MIT) .

i-fashion: Mass Customization in der Bekleidungsindustrie von Korea

Glanz1.jpgAuf der Website von i-Fashion aus Korea findet man in der englischsprachigen Einführung folgende Hinweise: “Recently, the apparell and fashion indistry in Korea has shiftet into a knowledge-based, high value-added industry (…). First of all, two key-words on the i-Fashion spotlight represent a paradigm shift ´Ubiquitous´ and ´Personalization´. When each two words applies to apparell and fashio industry, it creates high value added called ´Service´ and ´Mass Customization´.” Dieser deutliche Hinweis von Mr. Chang-kyu Park (Director) sollte unsere Bekleidungsindustrie verdeutlichen, dass es durchaus eine Alternative zu den massenhaft produzierten Standardprodukten gibt. Allerdings sollten die Kunden auch stärker solche Produkte und Dienstleistungen einfordern.

Wissensmanagement im Call Center: Zwei Fallstudien im Vergleich

Telekommunikation3.jpgEin netter Kollege hat mich auf die Veröffentlichung Ceglarek,P.; Rothe, H.-J. (2002): Wissensmanagement im Call Center hingewiesen. Es handelt sich hier um einen Report, der an der Universität Potsdam im Auftrag der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft erstellt wurde. Interessant ist der Report deshalb, weil er ab Seite 15 zwei Fallstudien gegenüberstellt: “Im folgenden werden zwei Call Center vorgestellt, deren Stand hinsichtlich eines systematischen Wissensmanagements gänzlich unterschiedlich ist.” Da dieser Report allerdings schon einige Jahre alt ist, geht er nicht auf die neuen Möglichkeiten z.B. Bewertung mit Hilfe der Wissensbilanz – Made in Germany ein. Weiterhin wäre mir der skizzierte WM-Ansatz auch zu ingenieurwissenschaftlich. Da hat sich in den letzten Jahren doch einiges getan. Siehe dazu z.B. Reinmann, G. (2005): Individuelles Wissensmanagement oder Call Center Trends: Mass Customization und Wissensmanagement.

Ponoko: Got a great idea? Make it real and sell it to the world

ponoko.jpgAuf der Website Ponoko des neuseeländischen Unternehmens findet man diesen Spruch: “Got a great idea? Use our digital tools and make it real and sell it to the world.” Hört sich wirklich gut an, denn man kann auf der Plattform von Ponoko reale Produkte wie Lampen, Tische (Showroom) usw. selbst designen und (!) produzieren lassen. “Ponoko is the world’s first personal manufacturing platform. It’s the online space for a community of creators and consumers to use a global network of digital manufacturing hardware to co-create, make and trade individualized product ideas on demand.” Ich habe die Leute von Ponoko auf der MCPC2007 in Cambridge/Boston erlebt. Probieren Sie diese neuen Möglichkeiten doch einmal aus. Die Materialauswahl ist zwar noch ein wenig begrenzt, aber …..

Mass Customization in der Autoindustrie

Felge1.jpgIn dem Artikel Kauf von Neuwagen in Deutschland (Marco Dalan, Die Welt vom 30.11.2007, S. 13) findet man folgenden Hinweis: “So ließen die Hersteller im Oktober 23 323 Neufahrzeuge selbst zu – 48,5 Prozent mehr als im Oktober 2006. Den Spitzenwert erzielte dabei der VW-Konzern. Die Wolfsburger brachten im Oktober allein 11 914 Neuwagen als Eigenzulassungen auf den Markt. Jeder fünfte VW wurde laut Dudenhöffer im vergangenen Monat auf VW selbst zugelassen.” Das erinnert mich an Zahlen, die in dem Klassiker Womack/Jones/Roos (1992): Die zweite Revulution in der Autoindustrie zu finden waren. Dort hatten die Autoren in Ihrer weltbekannten IMVP-Studie herausgefunden, dass von den damals 60 Millionen Autos immerhin 20% (12 Millionen) ohne Kundenauftrag produziert wurden. Ein damals schon besserer Ansatz war, Autos nach Bedarf zu produzieren. Das Toyota-Produktions-System leistete das und bekam von einem der Mitarbeiter der IMVP-Studie (John Krawczyk) den Namen Lean Production. Die Massenproduktion von Autos führt auch heute noch dazu, dass die Hersteller Autos “in den Markt drücken” müssen, wenn es sein muss mit Rabatten bis zu 36,5%. In der Zwischenzeit sollte Lean Production zum Standard gehören und schon der nächste Schritt eingeleitet werden: Besser wäre es, Autos Mass Customized zu fertigen. Siehe dazu auch CAR INNOVATION 2015 und FTD berichtet über das OSCAR-Projekt.

Mass Customization in der Medizin: Für jeden Menschen den richtigen Wirkstoff

Betreuung12.jpgIn dem Beitrag Für jeden Menschen den richtigen Wirkstoff berichtet Silvia von der Weiden (Die Welt vom 30.11.2007, S. 31) von den Möglichkeiten einer individualisierten Medizin und darüber, dass die Europäische Zulassungsbehörde für Arzneimittel in London eine entsprechende Arbeitsgruppe eingerichtet hat. Die Notwendigkeit von individuelleren Arzneimitteln, ist jedem Laien klar. Dieses “Bauchgefühl” wird nunmehr von immer mehr Studien belegt. In dem oben genannten Artikel wird eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung erwähnt die zum Ergebnis kommt, dass z.B. “etwa Wirkstoffe gegen Asthma, Bluthochdruck, Depression, Diabetes, erhöhte Blutfettwerte oder Multiple Sklerose in zehn bis 75 Prozent der Fälle keine Wirkung zeigen”. Von den unerwünschten Nebenwrikungen ganz zu schweigen… Individualisierte Medizin ist ein Aspekt von vier, die zu Mass Customization in der Medizin gehören (Vier Ebenen von Mass Customization).  Siehe dazu auch

  1. Personalisierte Medizin
  2. Wissensmanagement in der Medizin
  3. Halbwissen in Weiß