Innovationen: Künstliche Intelligenz und Neu-Kombinationen

Bei Innovationen sollten wir uns zunächst einmal klar machen, was im Unternehmenskontext darunter zu verstehen ist. Das Oslo Manual schlägt vor, Innovation wie folgt zu interpretieren:

“(…) a new or improved product or process (or combination thereof) that differs significantly from the unit’s previous products or processes and that has been made available to potential users (product) or brought into use by the unit (process)” (Oslo Manual 2018).

Dass Innovation u.a. eine Art Neu-Kombination von Existierendem bedeutet, ist vielen oft nicht so klar (combination thereof). Neue Ideen – und später Innovationen – entstehen oft aus vorhandenen Konzepten. oder Daten.

An dieser Stelle kommen nun die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (GenAI oder auch AI Agenten) ins Spiel. Mit KI ist es möglich, fast unendlich viele Neu-Kombinationen zu entwickeln, zu prüfen und umzusetzen. Das können Unternehmen nutzen, um ihre Innovationsprozesse neu zu gestalten, oder auch jeder Einzelne für seine eigenen Neu-Kombinationen im Sinne von Open User Innovation nutzen. Siehe dazu Von Democratizing Innovation zu Free Innovation.

Entscheidend ist für mich, welche KI-Modelle dabei genutzt werden. Sind es die nicht-transparenten Modelle der Tech-Unternehmen, die manchmal sogar die Rechte von einzelnen Personen, Unternehmen oder ganzer Gesellschaften ignorieren, oder nutzen wir KI-Modelle, die frei verfügbar, transparent und für alle nutzbar sind (Open Source AI)?

Wenn wir das Wohl der Menschen, und nicht nur den Profit einzelner Tech-Konzerne in den Mittelpunkt stellen, kommt für mich im Sinne einer Digitalen Souveränität nur Open Source AI infrage. Siehe dazu auch Open Source AI: Besser für einzelne Personen, Organisationen und demokratische Gesellschaften.

ProjectLibre – einfach, frei verfügbar

Screenshot: Beispiel-Projekt in ProjectLibre

In vielen Organisationen gibt es die klassische Unternehmenssoftware für kaufmännische und technische Prozesse. Diese ERP (Enterprise Resource Planning) Systeme haben manchmal keine Anwendungen für die Abbildung von Projekten. Da die Projektarbeit zunimmt, versuchen Mitarbeiter zunächst mit Hilfe von Exceldateien, die Projektarbeit zu unterstützen. Fortgeschrittene nutzen dabei Microsoft Project, da sie die entsprechenden Microsoft Lizenzen haben.

Bei Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) ist das nicht immer der Fall, sodass man nach Alternativen sucht. In unserem Blog habe ich schon öfters dazu geschrieben, wie eine Kollaborationsplattform auf Open Source Basis aussehen kann, die eine Cloudanwendung, Videokonferenzen, Whiteboards, OpenProject und sogar LocalAI integriert. Wie gesagt: Alles Open Source, wobei alle Daten auf unseren Servern bleiben.

Zwischen den beiden Extremen (Exceldateien – Kollaborationsplattform) ist ProjectLibre anzusiedeln. Die frei verfügbare Software kann lokal installiert und relativ einfach genutzt werden. Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt von einem Beispielprojekt, das ich in ProjektLibre angelegt habe. Es sind die Phasen, die Vorgänge (Arbeitspakete), Meilensteine und der Kritische Weg zu erkennen. Darüber hinaus können auch Ressourcen und Kosten etc. hinterlegt werden.

Ein Wust von Indikatoren führt zu einer nicht mehr beherrschbaren Kompliziertheit

Image by Gerd Altmann from Pixabay

In meinem Blogbeitrag Kennzahlen als risikoreiche Reduzierung der Komplexität? ging es schon einmal darum, dass in vielen Bereichen komplexe Sachverhalte in Zahlen ausgedrückt werden. Dazu zählen das Bruttoinlandsprodukt (BIP), der Intelligenz-Quotient (IQ), der Return on Investment (ROI) usw. Und was nicht so recht messbar ist, wird eben messbar gemacht.

Möglicherweise benötigen Menschen Zahlen, um einen gewissen Anker in komplexen Zeiten zu haben (Taleb 2007). Das führt allerdings zu einer paradoxen Situation:

“Hier soll nur in Bezug auf die Vereinfachungsproblematik nachgefragt werden. Denn diesbezüglich landen wir in einer geradezu paradoxen Situation: Die scheinbare Vereinfachung durch Reduktion eines komplexen Messzusammenhangs auf immer elementarere Indikatoren führt zu einem unübersehbaren Wust solcher Indikatoren und damit zu einer nicht mehr beherrschbaren Kompliziertheit. Umgekehrt kommt man, wenn man sich auf die „Indikatorenverschmelzung“ des menschlichen Erkenntnisvermögens verlässt, auf eine sehr einfache Form der Erfassung solcher komplexen Zusammenhänge. Durch komplexe Erfassung zu einem vereinfachten Verständnis, so könnte man die dahinter liegende Strategie kennzeichnen” (Erpenbeck 2010).

Die Indikatoren führen also nicht zu einem besseren Verständnis von Komplexität – im Gegenteil. Komplexere Erfassungen werden der Komplexität eher gerechtet und führen zu einem besseren Verständnis.

9 Anzeichen für einen falschen Umgang mit Komplexität im Unternehmen

In unserem Blog habe ich schon oft über komplizierte und komplexe Aufgabenstellungen geschrieben. Siehe dazu beispielsweise Was sind Eigenschaften von komplexen Aufgabenstellungen? oder Alle reden über Komplexität, doch wer kennt schon Bifurkationspunkte?

Je vernetzter die Strukturen einer Organisation (innen und außen) sind, um so höher ist der Grad an Komplexität. Dabei unterliegen viele einem Irrtum, denn der Begriff „komplex“ ist keine Steigerungsform von „kompliziert“. Interessant ist, dass es durchaus Anzeichen für den falschen Umgang mit Komplexität in Unternehmen git. Dazu habe ich folgendes gefunden:

9 Anzeichen für einen falschen Umgang mit Komplexität im Unternehmen:

(1) Bekämpfung der Symptome anstelle der Ursachen
Es wird immer nur das repariert, was gerade hakt. Eine Suche nach der Ursache hinter dem
Symptom findet nicht statt. Symptom und Problem werden gleichgesetzt.

(2) Übergeneralisierung
Wenige (oft unzusammenhängende) Ereignisse führen zu allgemeinen Regeln und Schlussfolgerungen für ähnliche Situationen in der Zukunft.

(3) Methodengläubigkeit
Um Fehler künftig zu vermeiden und Unwägbarkeiten „bestimmbar“ zu machen, sucht man ständig nach neuen Methoden oder überarbeitet die bestehenden.

(4) Projektmacherei
„Wenn du nicht mehr weiterweißt, bilde einen Arbeitskreis.“ Sobald Aufgaben nicht mehr leicht zu lösen sind, werden Projekte initiiert.

(5) Betriebsame Hektik
Gerade wenn Aufgaben unlösbar erscheinen und der Überblick fehlt, wird viel „gearbeitet“ und wenig übers Handeln kommuniziert und reflektiert.

(6) Denken in „kurzen Laufzeiten“
Bei Entscheidungen wird nur der direkte Wirkzusammenhang in der nahen Zukunft betrachtet, ohne die zeitlich verzögerten Effekte zu berücksichtigen. Der Zeithorizont wird dabei meist durch Rahmenbedingungen (Projektlaufzeit, Zeitvertrag, Berufung Aufsichtsrat usw.) bestimmt, die mit dem System nichts zu tun haben.

(7) Schutz des mentalen Modells vor der Welt
„Das, was ich denke, ist richtig!“, ist eine verbreitete Überzeugung.

(8) Feedback wird weder gehört noch verstanden
Der wichtigste Regelungsmechanismus für komplexe Systeme wird nicht verwendet. Man überhört jede Form von Kritik, Bestätigung, Ideen, Hinweisen und schwachen Signalen und nichts davon findet Eingang in das System.

(9) Mangelndes Systemdenken:
Gedacht, diskutiert und geplant wird in linearen Kausalzusammenhängen, ohne Wechselwirkungen zu betrachten. Der Fokus liegt auf Details, das Big Picture bleibt außen
vor.

Quelle: Stephanie Borgert (2015) : Irrtümer der Komplexität. Gabal, Offenbach.

Kontextorientierte Innovationstrategie in Zeiten von Künstlicher Intelligenz

Innovation ist ein wesentliches Element für den Wohlstand einer Gesellschaft – nicht nur für einzelne Unternehmen. Diese orientieren sich in ihren Strategien oft auf Technik (technikorientiere Innovationsstrategie) und auf Kunden (kundenorientierte Innovationsstrategie). Beide Perspektiven sollten durch ein Denken in Kontexten ergänzt werden.

“Eine kontextorientierte Innovationsstrategie versucht daher, nutzerorientierte Lösungsansätze für die Bewältigung und Entlastung von Alltagskomplexität in innovative Produkte und Dienstleistungen zu übersetzen. (…) Eine kontextorientierte Strategie ist von der Perspektive her langfristig orientiert, verbindet technologisches Wissen mit den jeweiligen soziokulturellen Anwendungskontexten und trägt insofern der rekursiven Beziehung von Innovation und Bedürfnis Rechnung. Dabei zielt eine kontextorientierte Innovationsstrategie letztlich auf Differenzierung am Markt, denn »the essence of strategy is […] choosing to perform activities differently or to perform different activities than rivals« – und damit auf langfristiges Überleben am Markt (Porter 1996, 64)” Quelle: Burmeister et al. (2006): Innovation im Kontext: Ansätze zu einer offenen Innovationsstrategie, in Drossou (2006).

Gerade in Zeiten von Künstlichen Intelligenz werden oftmals nur die Dimensionen “Technik” und “Kunde” thematisiert und zu wenig der gesellschaftliche Kontext von Innovationen mit bedacht. Die ersten beiden Dimensionen sind eher kurzfristig, die kontextorientierte Innovationsstrategie eher langfristig ausgerichtet. Gerade dieser Punkt ist für eine gesellschaftliche Entwicklung wichtig, die alle Menschen mit einbezieht.

Diese Gedanken passen gut zu dem in Japan vorgestellten Ansatz einer Society 5.0.

Steckbrief zu KANBAN: Vorteile und Nachteile

Steckbrief KANBAN (Timinger 2021), eigene Darstellung

Alle Vorgehensmodelle im Projektmanagement haben Vorteile und Nachteile. In einem ersten Beitrag habe ich das beispielsweise schon einmal am Wasserfallmodell dargestellt. Siehe Steckbrief zum Wasserfallmodell: Vorteile und Nachteile.

Wie in der Abbildung zu erkennen ist, hat auch KANBAN Vorteile und Nachteile. Seit Anderson (2010): KANBAN in der IT ist klar, dass KANBAN geeignet ist, wissensbasierte Arbeit zu organisieren.

KANBAN ist weniger präskriptiv (vorschreibend) im Vergleich zum SCRUM Framework, und ist auf der individuellen Ebene, der Teamebene und auf der organisationalen Ebene einsetzbar.

Verwechselt wird KANBAN oft mit allen möglichen Boards, die allerdings keine KANBAN Boards sind, wenn z.B. die Prozessschritte nicht begrenzt sind (WIP: Work in Progress) und die Tickets nicht nach dem Pull-Prinzip abgearbeitet werden.

Es geht in Zukunft immer mehr darum, das geeignete Vorgehensmodell zum Vorhaben (Projekt) auszuwählen. Dieser Trend ist in der Zwischenzeit an dem großen Anteil des Hybriden Projektmanagements – also einer sinnvollen Kombination von mehreren Vorgehensmodellen – abzulesen. Siehe dazu PMI (2024) Global Survey: Hybrides Projektmanagement wird immer wichtiger.

Künstliche Intelligenz und die ursprüngliche Bedeutung von Bildung

Image by dumcarreon from Pixabay

Es ist deutlich zu erkennen, dass Künstliche Intelligenz in seinen verschiedenen Formen (GenAI, AI Agenten usw.) Berufsbilder, Lernen, Wissens- und Kompetenzentwicklung beeinflusst, bzw. in Zukunft noch stärker beeinflussen wird. Siehe dazu beispielsweise WEF Jobs Report 2025.

Auch Strukturen im Bildungsbereich müssen sich daher fragen, welche Berechtigung sie noch in Zukunft haben werden, da sich der aktuelle Bildungssektor in fast allen Bereichen noch stark an den Anforderungen der Industriegesellschaft orientiert. Wenn es beispielsweise um Schulen geht, hat sich seit mehr als 100 Jahren nicht viel geändert. Siehe dazu Stundenplan von 1906/1907: Geändert hat sich bis heute (fast) nichts. Dazu passt folgendes Zitat:

“Every time I pass a jailhouse or a school, I feel sorry for the people inside.”
— Jimmy Breslin, Columnist, New York Post (Quelle)

Wohin sollen sich die Bildungsstrukturen – hier speziell Schulen – entwickeln?

(1) Wir können die Technologischen Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in den Mittelpunkt stellen, und Menschen als nützliches Anhängsel von KI-Agenten verstehen. Dabei werden Menschen auf die KI-Technologie trainiert,, weiter)gebildet, geschult.

(2) Wir können alternativ Menschen und ihr soziales Zusammenleben in den Mittelpunkt stellen, bei dem Künstliche Intelligenz einen wertvollen Beitrag liefern kann. Ganz im Sinne einer Society 5.0.

Aktuell dominiert fast ausschließlich die Nummer (1) der genannten Möglichkeiten, was dazu führen kann, dass der Bildungsbereich Menschen so trainiert, dass sie zu den von Tech-Giganten entwickelten Technologien passen.

Möglicherweise hilft es in der Diskussion, wenn man den Ursprung des Wortes “Schule” betrachtet. Der Begriff geht auf das griechische Wort “Skholè” zurück, was ursprünglich „Müßiggang“, „Muße“, bedeutet und später zu „Studium“ und „Vorlesung“ wurde (Quelle: Wikipedia).

Bei Forschungen zur Künstlichen Intelligenz sind Autoren genau darauf eingegangen, weil sie vermuten, dass gerade diese ursprüngliche Perspektive besser zu den aktuellen Entwicklung passen kann:

“We find this etymology deeply revealing because it undercovers a profound truth about education´s original purpose: it wasn´t about preparing workers for jobs, but about providing space for thoughtful reflection and exploration of life´s fundamental questions. What inspires us about the ancient´s Greek approach is how they saw education as a means to help people find their purpose and develop their full potential as human beings” (Bornet et al. 2025).

AM³: Agile Management Maturity Map

Quelle: https://info.dolphinuniverse.org/am3_en

Organisationen fragen sich immer mehr, wie sie sich auf dem Weg zu einer Agilen Organisation entwickeln sollten. In dem Beitrag Organisationelle Agilität mit der Agile Management Maturity Map (AM³), veröffentlicht am 13.10.2025 auf der Website der GPM (Gesellschaft für Projektmanagement e.V.), wird erläutert, dass Agilität in Organisationen systemisch verstanden werden sollte, wobei Agilität aus den verschiedenen Wechselwirkungen (emergent) entsteht. Das ist zunächst der theoretische Unterbau, der auf der genannten Seite noch weiter erläutert wird.

Konkreter können Organisationen analysieren und bewerten, inwiefern sie schon auf diesem Weg sind. Dazu bietet sich eine Art Reifegradmodell (Maturity Model) an, das auch der vorgeschlagenen AM³: Agile Management Maturity Map zugrunde liegt. Wie der Abbildung zu entnehmen ist, können Sie in 10-15 Minuten anhand verschiedener Fragen klären, wo möglicherweise Handlungsbedarf besteht.

Menschen und AI Agenten im Zusammenspiel

Conceptual technology illustration of artificial intelligence. Abstract futuristic background

Immer mehr Organisationen fragen sich, inwiefern Workflows und besonders AI Agenten die bisher von Menschen durchgeführten Arbeiten ersetzen werden. In dem Blogbeitrag The Agent Company: KI-Agenten können bis zu 30% der realen Aufgaben eines Unternehmens autonom übernehmen wird deutlich, was heute schon in einzelnen Branchen möglich ist.

Auch der Jobs Reports 2025 des WEF zeigt auf, dass bis 2030 wohl 172 Millionen neue Jobs entstehen, und 92 Millionen wegfallen werden. Es geht dabei nicht immer um komplette Jobs, sondern auch um Teilbereiche oder Tätigkeitsportfolios, die immer mehr von AI Agenten übernommen werden (können).

Alles was mit Logik und Speicherung zu tun hat, ist eher die Stärke von Künstlicher Intelligenz, den Workflows, bzw. den AI Agenten. Doch in welchen Bereichen versagen AI Agenten noch? Dazu habe ich den folgenden Text gefunden:

“AI agents don’t fail because they’re weak at logic or memory. They fail because they’re missing the “L3” regions — the emotional, contextual, and motivational layers that guide human decisions every second” (Bornet 2025 via LinkedIn).

Dabei bezieht sich Bornet auf eine Veröffentlichung von Bang Liu et al. (2025:19-20), in dem die Autoren drei Hirnregionen in Bezug auf AI (Artificial Intelligence) untersuchten. L1: Well developed; L2: Partially developed; L3: Underexplored.

Das Ergebnis ist also, dass AI Agenten in den Ebenen Emotionen, Kontext und Motivation unterentwickelt sind (L3), wenn es um menschliche Entscheidungen geht.

Erkenntnis (Cognition) entsteht dabei nicht nur in einem Bereich im Gehirn, sondern durch das Zusammenspiel vieler unterschiedlich vernetzter Areale. Bei komplexen Problemlösungsprozesse (CPS: Complex Problem Solving) geht es verstärkt um Emotionen, Kontext und Motivation.

Im Idealfall könnten Menschen an diesen Stellen einen Mehrwert für eine qualitativ gute Problemlösung (Erkenntnis) einbringen. Es stellt sich dabei allerdings auch die Frage, wie stark sich Menschen an die Möglichkeiten einer Künstlichen Intelligenz (AI Agenten) anpassen sollen.

Zusätzlich können die in dem sehr ausführlichen wissenschaftlichen Paper von Bang Liu et al. (2025) erwähnten Zusammenhänge Hinweise geben, wie die Zusammenarbeit – das Zusammenspiel – zwischen Menschen und AI Agenten organisiert, ja ermöglicht werden kann.