In dem Artikel von Veronika Hackenbroch wird die Frage gestellt: “Warum kommt medizinisches Wissen oft nicht oder zu spät im klinischen Alltag an?” Beispielhaft wird darauf verwiesen, dass viele Mediziner nicht wissen, ab wann man von Bluthochdruck spricht. Darüber hinaus wird angemerkt, dass es wohl an den vielen Informationsbroschüren nicht liegen kann. Die unterschwellige Ratlosigkeit kommt meines Erachtens daher, dass man Information immer Kontext,noch zu stark mit Wissen gleich setzt – dem ist aber nicht so. Informationen werden in dem jeweiligen Kontext des Mediziners zu Wissen. Dabei wird dieses Wissen dann selbstorganisiert (Selbstorganisationsdisposition=Kompetenz) so angewendet, dass ein Problem des Patienten gelöst wird. Es ist also der Übergang von Information zu Wissen und Kompetenz, der näher zu beachten ist. Durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien liegen häufig nur Daten und Informationen vor. Es ist ein gutes Zeichen, dass in vielen Artikel auf diese Zusammenhänge hingewiesen wird.
PROFILPASS mit neuer Website
Seit dem 14.12.2006 hat der Profilpass eine neue Website. Der Profilpass “(…) dient der systematischen Ermittlung und Dokumentation eigener Fähigkeiten und Kompetenzen (…).” Es soll somit nicht nur formal, sondern auch informell bzw. non-formal Gelerntes dargestellt werden. Ich war 2003 selbst auf einer der vorbereitenden Konferenzen dabei und kann diese Initiative nur unterstützen. Allerdings hat die Sache aus meiner Sicht einen Haken. Die hier verwendeten Begriffe Fähigkeit und Kompetenz orientieren sich nicht konsequent an der Beschreibung von Erpenbeck, wonach Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition verstanden werden sollte (Siehe das deutsche Leitprojekt zur Kompetenzforschung: QUEM). Erpenbeck (2004) beschreibt den Zusammenhang folgendermaßen: “Kompetenzen werden von Wissen fundiert, durch Werte konstituiert, als Fähigkeiten disponiert, durch Erfahrungen konsolidiert, aufgrund von Willen realisiert”. Weiterhin suggeriert die Formulierung “(…) welche Kompetenzen Sie haben …” ein recht statisches Verständnis von Kompetenz. Kompetenz HAT man somit nicht, sondern sie zeigt sich. Sie zeigt sich in einem bestimmten Kontext. Auch der Kontextbezug feht hier. Warum nur?
ConWeaver: Eine Lösung zur Wissensvernetzung?
Die Ankündigung des Tools ConWeaver ist vielversprechend: “ConWeaver ist eine Lösung für die automatisierte Wissensvernetzung, semantische Integration und intelligente Suche in Portalen und Intranets.” Um es gleich vorweg zu sagen: Ich bin sehr für die Nutzung der neuen technologischen Möglichkeiten, möchte aber dennoch auf die Besonderheiten von Wissen eingehen. Schauen wir uns zunächst den ersten Teil des Satzes an, in dem von “automatisierter Wissensvernetzung” die Rede ist. Betrachtet man Wissen durch die Brille des Konstruktivismus´, so ist diese Aussage zu relativieren. Wenn Wissen situativ ist und in dem jeweiligen Kontext konstruiert wird, so leuchtet mir eine automatische Wissensvernetzung z. B. von impliziten Wissen mit Hilfe des Tools nicht ein. Weiterhin wird von einer “intelligenten Suche” gesprochen. Scheinbar ist heute alles intelligent: Software, Häuser, Autos, Straßenschilder usw. Intelligenz ist ein Konstrukt, das über 100 Jahre von dem IQ bestimmt war. In der Zwischenzeit gibt es Alternativen, die zwar auch heftig kritisiert werden, aber doch immer stärker auf dem Vormarsch sind (Siehe den Hinweis von Rauner 2004, der auf die Konvergenz der Kompetenz- und Intelligenzdebatte verweist). Von welcher Art “Intelligenz” wird hier in Verbindung mit dem Tool ConWeaver gesprochen? Ist es die künstliche Intelligenz (dann sollte man es auch so formulieren) oder meint man nur ein adaptives System? Und was ist mit den intelligenten Personen, die Wissen aus Daten und Informationen konstruieren, und es selbstorganisiert in Unternehmen (Domänen) so einsetzen, dass Probleme (Complex Problem Solving) des Kunden gelöst werden (Kompetenz: Selbstorganisationsdisposition)? Wie werden diese intelligenten Menschen von dem Tool unterstützt? Am Ende noch einmal der Hinweis: Ich bin für die Nutzung des Semantic Web, dennoch halte ich den Sprachgebrauch zur Zeit für etwas unglücklich.
