Wie hängen Komplexität und Selbstorganisation zusammen?

In der aktuellen Kompetenzdebatte fallen immer wieder die Begriffe “Komplexität” und “Selbstorganisation”. Natürlich gibt es viele Fachbücher und wissenschaftliche Paper zu dem Thema, dennoch ist es schwierig einen Beitrag zu finden, der fachlich fundiert und dennoch gut zu verstehen ist. Sylvia Bendel ist das (aus meiner Sicht) gelungen: Bendel, S. (2006): Grenzen der Steuerung: Umgang mit Komplexität und Selbstorganisation (Konferenz der Fachhochschulen: Kommunikation von Fachhochschulen).

Am Beispiel einer Fachhochschule beschreibt Sylvia Bendel ganz konkret die Zusammenhänge und gibt Hinweise darauf, was sich in einer Organisation ändern sollte. Aus dem Schlusswort auf Seite 8: “Fachhochschulen sind komplexe soziale Systeme, die von niemandem zu 100% überblickt und gesteuert werden können. Das Phänomen der Selbstorganisation sorgt dafür, dass das System stabil und anpassungsfähig zugleich bleibt. Selbstorganisation lebt von dezentral getroffenen Entscheidungen autonom handelnder Akteure. Im Falle von Fachhochschulen sind die Akteure alles überdurchschnittlich qualifizierte Mitarbeitende, denen man das Vertrauen zukommen lassen darf, dass sie dazu fähig und motiviert sind, anspruchsvolle Aufgaben in einem komplexen Umfeld selbständig wahrzunehmen.” Ich möchte hinzufügen: Das ist nicht nur bei Fachhochschulen so ……

Was versteht man unter Individualisierung?

Jeansstore201.jpgDer Trend zur Individualisierung ist Voraussetzung für Mass Customization and Personalization. Doch was versteht man unter “Individualisierung”? In Kirchhöfer (2004:25) findet man folgende Beschreibung: “Individualisierung bezeichnet die Freisetzung des Individuums aus traditionellen Bindungen und Zwängen und die Erweiterung der individuellen Handlungsoptionen und Entscheidungsmöglichkeiten zur autonomen Gestaltung von Lebensführungen und Lebensverläufen.” Neben der gesellschaftlichen Dimension der Individualisierung kommt der wirtschaflichen Dimension eine große Bedeutung zu. Der Kunde möchte individuelle Produkte und Dienstleistungen zu annehmbaren Preisen. Mit Hilfe von Mass Customization ist das heute möglich, dabei sollten die vier Ebenen (und nicht nur zwei) der Strategie beachtet werden. Gerade die Erweiterung der individuellen Handlungsoptionen macht es vielen Kunden aber auch schwer, sich zu entscheiden (Siehe dazu auch den Blogbeitrag The Paradox of Choice). Darüber hinaus führt der Trend zur Individualisierung auch zu weniger Fremdorganisation und somit zu mehr Selbstorganisation. Auch das macht vielen Menschen Schwierigkeiten, denn sie waren gewohnt, dass andere (Staat, Unternehmen, Vorgesetzte usw.) für sie viele Lebensbereiche organisierten. Die Fähigkeit zur Selbstorganisation ist in diesen Zeiten für Individuen und Organisationen existenziell geworden (Siehe dazu auch Kompetenz als Selbstorganisationsdisposition).

Mitarbeiter und Firmenwert

Frau2017.jpgIn der heutigen Ausgabe der Welt am Sonntag berichtet Carsten Dierig unter der Überschrift “Mitarbeiter sind der größte Firmenwert” über das Thema Humankapital. Anlaß für den Artikel ist eine Studie von PricewaterhousCoopers (PwC) mit der Häfte der Dax-Unternehmen. Herausgekommen ist, “dass Mitarbeiter einen großen Teil des Wertes eines Unternehmens ausmachen. Bei Banken und Versicherungen beträgt der Wert ein Drittel, bei anderen Dienstleistern sei der Anteil häufig noch höher.” Darüber hinaus weist man darauf hin, dass in den traditionellen (industriellen) Bilanzierungsmethoden Mitarbeiter eher als Kostenfaktor gesehen werden. Daraus leitet man dann die Forderung nach neuen Bilanzierungsmethoden ab. Aus meiner Sicht sind das alles keine neuen Erkenntnisse. Dax-Unternehmen haben im Gegensatz zu KMU schon lange die Möglichkeit, immaterielles Vermögen über das Verhältnis zwischen Marktwert und Buchwert darzustellen (oder auch über die International Accounting Standards). Seit einigen Jahren ist es nun auch kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) möglich, ihr immaterielles Vermögen darzustellen, und zwar mit Hilfe der Wissensbilanz – Made in Germany. Hier werden Humankapital, Strukturkapital und Beziehungskapital  abgebildet, und die Wirkungszusammenhänge der Einflussfaktoren dargestellt. Letzteres ist aus meiner Sicht wichtig, um das Wissens-System in Organisationen zu managen.

Buzinkay, M. (2007): Web 2.0 für KMUs – ein Ratgeber

web-2-0-fuer-kmus.jpgDer Ratgeber Web 2.0 für KMUs von Mark Buzinkay stellt das Thema übersichtlich dar. Dabei wird bei jedem Thema gleich aufgezeigt, wie man die Vorteile des Web 2.0 praktisch in kleinen und mittelständischen Unternehmen nutzen kann. Der Ratgeber unterscheidet sich somit positiv von vielen Unterlagen zum Thema Web 2.0, in denen auf die technischen Möglichkeiten aber weniger auf die praktische Umsetzung eingegangen wird. Überlegen Sie sich doch einfach einmal, wie Sie die hier dargestellten Möglichkeiten für Ihre Organisation nutzen können – es lohnt sich (Siehe dazu auch Web 2.0 zum Mitmachen).

Wissensmanagement: Lernkontext beachten

In dem Artikel Roth, G. (2003): Warum sind Lehren und Lernen so schwierig? In: REPORT H. 3, S. 20–28 finden sich wichtige Hinweise darauf, welches Verständnis man heute im Umgang mit Wissen mitbringen sollte (S.20): “Ich will demgegenüber zwei Behauptungen aufstellen, die überraschend klingen, aber neuro- und kognitionswissenschaftlich gut belegt werden können:

“Wissen kann nicht übertragen werden; es muss im Gehirn eines jeden Lernenden neu geschaffen werden.

Wissensaneignung beruht auf Rahmenbedingungen und wird durch Faktoren gesteuert, die unbewusst ablaufen und deshalb nur schwer beeinflussbar sind.”

Roth nennt auch Faktoren, die beim Lehren und Lernen eine wichtige Rolle spielen (S. 23):

Die Motiviertheit und Glaubhaftigkeit des Lehrenden.

Die individuellen kognitiven und emotionalen Lernvoraussetzungen der Schüler.

Die allgemeine Motiviertheit und Lernbereitschaft der Schüler.

Die spezielle Motiviertheit der Schüler für einen bestimmten Stoff, Vorwissen und der aktuelle emotionale Zustand.

Der spezifische Lehr- und Lernkontext.

Ganz besonders möchte ich auf den letzten Punkt hinweisen, der den Kontext hervorhebt (Siehe dazu auch meine Blogbeiträge Kompetenz ist kontextabhängig – Intelligenz aber auch, Content is King, but Context Rules). Auf der Seite 27 bemerkt G. Roth dazu:

“Lernen hängt nicht nur vom Grad des Vorwissens, der Aufmerksamkeit und des Interesses ab, sondern auch vom Kontext, in dem Lernen stattfindet. Die moderne Gedächtnisforschung zeigt, dass bei jedem Inhalt, der als solcher gelernt wird, auch mitgelernt wird, wer diesen Inhalt vermittelt (Quellengedächtnis) und wann und wo das Lernen (Orts- und Zeitgedächtnis) stattfindet. Dieser Kontext ist mitentscheidend für den Lernerfolg und wird zusammen mit dem Wissensinhalt abgespeichert. Entsprechend kann schon der Lernkontext (Person, Zeit, Ort) förderlich oder hinderlich für das Abrufen eines Wissensinhaltes sein. Lerninhalte, die in schäbigen Klassenzimmern, in einer konfliktträchtigen und Furcht einflößenden Umgebung von lustlosen Lehrern vermittelt werden, haben deshalb eine geringe Chance, dauerhaft im Gedächtnis verankert zu werden.”

Diese Zusammenhänge sollten nicht nur Verantwortliche in Bildungseinrichtungen berücksichtigen, sondern auch Führungskräfte, die Wissensmanagement im Unternehmen einführen wollen (Siehe dazu auch Lernen im Prozess der Arbeit).

Informationen zu den von uns entwickelten Blended Learning Lehrgängen, und zu weiteren Terminen und Standorten, finden Sie auf unserer Lernplattform.

Maß-Geschneidert ist nicht gleich Mass Customization

robert_freund.gifIn der letzten Zeit fühlt sich scheinbar jeder bemüßigt und in der Lage, etwas zu Mass Customization zu schreiben. Der Tenor: Bei Mass Customization handelt es sich um “maß-geschneiderte” Produkte. Das ist ein Trugschluss, denn individuelle (“maß-geschneiderte”) Produkte und Dienstleistungen gibt es schon sehr lange. Diese Produkte und Dienstleistungen waren (und sind) häufig sehr teuer. Mass Customization verlangt aber, dass diese individualisierten (customized, personalized) Angebote zu Preisen angeboten werden, die denen einem massenhaft prodizierten Angebot in etwa gleich kommen. Darüber hinaus, sollte eine Mass Customization Strategie noch eine lernende Beziehung zum Kunden aufbauen und einen Solution Space anbieten, der hohe Produktvariation bei relativ stabilen Prozessen gewährleistet. Bitte schauen Sie sich die vier Ebenen von Mass Customization genau an, denn es gibt sehr viele Mißverständnisse. Das ist auch wohl der Grund, warum viele Unternehmen meinen, schon Mass Customization umgesetzt zu haben. Dem ist allerdings oft nicht so.

Wissensbilanz – Made in Germany: Klarheit in drei Tagen?

unternehmermagazin-04-2007.jpgIm Unternehmermagazin 04-2007 weist Kai Alwert unter der Überschrift “Klarheit in drei Tagen” auf die Notwendigkeit neuer Instrumente zur Darstellung und Bewertung des Intellektuellen Kapitals hin. Darüber hinaus macht Herr Alwert aber auch kein Hehl daraus, dass der Weg in die Wissensökonomie für viele Unternehmen noch weit ist. Dennoch glaube ich, dass es viele Ankerpunkte in den Unternehmen (Leitfaden) gibt, um einen sytematischeren Umgang mit der Ressource Wissen zu betreiben. Die Überschrift “Klarheit in drei Tagen” ist aus meiner Erfahrung irreführend und eher als Marketinggag zu verstehen, denn es dauert insgesamt länger als drei Tage, um eine Wissensbilanz – Made in Germany zu erstellen. Kai Alwert meint dabei möglicherweise die drei Workshops. Wenn dem so ist, sollte man das auch deutlich machen. In der gleichen Ausgabe des Unternehmermagazins findet man auf den Seiten 20-23 ein Interview mit Gunnar Lohmann-Hütte (Überschrift: Wichtige “weiche” Faktoren), der die Wissensbilanz – Made in Germany für ein Unternehmen in der Stahlbranche umgesetzt hat: “Die Wissensbilanz war inklusive der Vorarbeit in den Workshops in drei Monaten gemacht”. Weiterhin hebt Herr Lohmann-Hütte hervor, dass die Qualität der Wissensbilanz – Made in Germany von dem Projektteam und dem Moderationsprozess abhängt. Das deckt sich genau mit meinen praktischen Erfahrungen.

MCPC2007: Latest Conference Information

800x400cover.gifÜber 400 Autoren haben zur MCPC2007 (MIT, Boston) Beiträge eingereicht. 150 Paper/Proposals wurden zur Präsentation auf der Konferenz vom Programm-Komittee ausgewählt (Blogbeitrag zu meinem Paper). Insgesamt rechnen die Organisatoren mit über 500 Konferenzteilnehmer. Als Keynote werden Eric von Hippel (Sloan School of Management), Marvin Minsky (“inventor” of artificial intelligence), William Mitchell (Professor of Architecture and Media Arts and Sciences at MIT Media Lab) und Joseph B. Pine II (Mass Customization – The New Frontier in Business Competition) zu sehen sein. Es wird also eine tolle Veranstaltung.

Tochtermann/Köck/Willfort (2007): Creativity (at) Work in der Wissensarbeit

neurovation.jpgDer Artikel Creativity (at) Work in der Wissensarbeit (wissensmanagement 1/2007) beschreibt die wichtige Rolle der Kreativität für Innovationen und somit für wissensbasierte Arbeit. Dabei erläutern die Autoren den Unterschied zwischen Blue Collar Work, White Collar Work und  Creative Knowledge Work. Weiterhin weist man auf das Tool Neurovation hin, das gerade für wissensbasierte Arbeit eingesetzt werden sollte. Sollten Sie ergänzend zu dem Artikel noch weitere Informationen dazu benötigen, so gibt es auch ein Video und ein Buch zu dem Thema: Willfort, R., Tochtermann, K., Neubauer, A. (2007) Creativity@Work für Wissensarbeit. Kreative Höchstleistungen am Wissensarbeitsplatz auf Basis neuester Erkenntnisse der Gehirnforschung. Shaker Verlag: Aachen. 120 S., 25 Abb., 1 Tab., EUR 24,80, ISBN 978-3-8322-6028-6

Tochtermann, K. (2007): Open Innovation in Zeiten des Web 2.0

podcast.jpgKlaus Tochtermann beschreibt in seinem Vortrag Open Innovation in Zeiten des Web 2.0 (ISI 2007 am 12.06.2007 in Köln) sehr eindringlich, dass das Web 2.0 Treiber für Innovationsprozesse ist, sowie Innovationsprozesse eines Unternehmen grundlegend verändern und öffnen kann. Weiterhin wird Open Innovation die klassischen Innovationsprozesse nicht ersetzen, allerdings gut ergänzen. Insgesamt stellt Klaus Tochtermann die schwierige Thematik übersichtlich und gut verständlich dar.